Kann ich mit dem Wahnsinn spielen? (Cult of the Damned)12. Elaint

Nach dem das Abendessen im Hause des Gouverneurs, mit Ihm und seiner Familie, dem Hauptmann und ein paar ausgewählten Händlern zu Ende gegangen ist, zogen sich alle  zurück.
Jurax trainierte noch ein klein wenig im innenliegenden Garten, Mianissa betete an dem
kleinen See, der am anderen Ende des Gartens lag, Bran gesellte sich zu Nym und dem Tigon der Druidin, Amara kümmerte sich um Therax. Nach dem jeder seine persönlichen Dinge erledigt hatte, kehrte auch die Stille der Nacht ins Haus des Gouverneurs ein und es waren nur noch die Geräusche der Stadt zu hören. Hier eine Eule im Sternenschein, dort ein entferntes Rufen, weiter entfernt der Gesang von trunkenen Arbeitern und an anderer Stelle, wie ein Hund einer Katze nachjagte. Aber alles verlor sich in der Nacht, nachdem der Schleier der Erschöpfung sich über den Kult gelegt hatte.

Am Morgen des 13. Elaint herrschte wieder reges Treiben im Hause des Gouverneurs. Die Druidin begab sich zum kleinen See um sich frisch zu machen, danach ging sie wieder auf ihr Zimmer um sich anzuziehen. Jurax und Amara gingen, direkt nachdem sie aufgewacht sind, in den Speisesaal und sahen auf dem Weg dorthin, wie Bran im Hof die magische Speisedecke für die Tiere ausbreitete und sich dann auf in den Garten machte. Noch bevor die Katzenfrau erschien, setzte sich ein klatschnasser Bran an den Tisch und fing an,  genüsslich das Essen auf seinem Teller zu sortieren. Nachdem die Bediensteten die ersten paar leeren Teller abgeräumt hatten, gesellte sich auch die Druidin mit an den Tisch. Sie setzte sich neben Bran, entzündete per Magie Ihre rechte Hand und lies diese für einige Augenblicke neben Bran verweilen. Die ausstrahlende Wärme trocknete Bran zwar nicht
vollends, aber zu einem guten Stück.
Irgendwann beim Frühstück fragte Mianissa eine der Bediensteten: Sagt, habt ihr den tiefdunklen Wein, den es nicht in den hiesigen Ländereien gibt. Die Ländereien, die diesen Wein beherbergen, können nur auf Wunsch der Ländereien betreten und verlassen werden. Wobei, nur weil der Wein dort existiert, existieren zu gleich die Ländereien? Der Rest des Kults schaute sich kurz fragend an, wobei Bran zu verstehen gab, das er kein einziges Wort wirklich verstanden hatte und die Bedienstete selbst, sah hilflos aus und hatte ein Gesichtsausdruck, der besagte Ich verstehe kein Wort von dem, was du sprichst. Nach einem Augenschlag der Stille, füllte Jurax ein leeren Humpen mit einem Wein, der seine dunkle Farbe in ganz Fâerun nicht fürchten musste. Der Geruch, der süßlich und stark würzig zu gleich ist und demjenigen, der eine feine Nase besaß, eine Explosion an Aromen zu erkennen gab, die ihres Gleichen sucht, suchte sich seinen Weg über den Tisch, während Jurax den Humpen langsam zu Mianissa schob. Dieser Wein ist nicht von dieser Welt. Wo kommt dieser nur her? Wie schmeckt er? Kann ich ihn kaufen? mussten die Gedanken sein, die die Händler gerade hatten, dachte sich die Druidin. Nun, da werdet Ihr sicherlich nicht mehr von Jurax Seite weichen oder? überlegte Amara laut.

Die Frühstücksrunde löste sich nach und nach auf. Jurax fragte für Mianissa, ob sie hier in der Stadt den Gegenstand „Mönchsgürtel“ kaufen konnte. Keiner konnte mit diesem Begriff etwas anfangen, aber nach einer kurzen Erklärung über die Wirkung, wurde nur gesagt Sucht nach Shu-Yang Fet, im Hafen, im Betrunkenen Drachen.
Nach dem alle ihre Sachen zusammen gepackt hatten, die von Nöten waren, machten sich auf in den Hafen.

Ein recht starker Regen herrschte an diesem Tag über die Stadt. Der Regen wurde dabei von Windböen unterstützt, die gute 40 km/h Windgeschwindigkeiten aufwiesen. Einige der älteren Bäume ächzten bereits und manche dünnere Äste bogen sich gespenstisch, aber da die Stadt bereits schon so früh auf ihren Beinen stand, sorgte sich niemand aus dem Kult. Das Wetter sollte der Gruppe auch weiterhin das kleinste Übel darstellen, zumindest an diesem Tag.

Auch wenn es sich um ein anderen Kontinent handelte, der auf keiner der bekannten Karten von den fâerunischen Kartenschreibern befand, so ändert sich ein Hafen wohl nie. Die Luft war von rufen, brüllen, Rauch, Abfallgestank, dem Parfüm der leichten, aber nicht mehr ansehnlichen Mädchen, vom Fisch, sowie von Alkohol getränkt. Auch wenn der Regen viele Gerüche unterdrückte, so war der Hafen nicht zu verpassen.
Auf der linken Seite lagen mehre Schiffe. Zwei waren in einem Trockendock. Eines wurde gerade repariert und instandgesetzt, das andere schien ein Neubau zu sein. Zumindest konnte keiner etwas genaueres erkennen, da einfach das Wissen für den Bau von Schiffen fehlte. Ein paar Meter rechts vom Dock ankerten mehrere Handelsschiffe. Viere wurden entladen, zwei wurden beladen. Hier herrschte ein großes und reges Treiben. Elefanten, Esel und Pferde hievten, schleppten, zerrten und schoben gewaltige Fässer, Kisten die so groß und breit wie ein Schrank waren, Ladungen von Stoffen, die vor dem Regen geschützt waren, Lebensmittel und andere Waren über den Pier. Das sechste Schiff lag ein kleines bisschen Abseits von dem Rest. Es war mit einem Gitterzaun abgesperrt, ebenfalls sind die Segel und die Takelage mit schweren Ketten versehen worden. Auf und vor dem Schiff patrouillierten insgesamt 15 – 20 Männer der Stadtwache.
Würde der Kult schnurstracks gerade aus gehen, würden Sie zu den Pieren der Fischer kommen. Hier roch es besonders stark, aber nicht unangenehm nach Fisch. Manche Burschen der Kutter warfen Fischabfälle und Reste vom Essen in Fässer, die am Pier verteilt standen. In Luskan müsste man wahrscheinlich über den Pier schlittern, weil er vom Öl und den Innereien der Fische so rutschig war, dachte sich Jurax, aber nicht hier. Auch wenn er Fisch nicht mochte und lieber verhungern würde, bevor er einen Fisch freiwillig anrührt, so musste auch der Zwerg die Sauberkeit und das ordentliche, wie gewissenhafte Arbeiten der Fischer hochloben.
Der Großteil zur rechten Hand bestand aus Läden, billigen und abgeranzten Bordellen und klassischen Hafenbars. Es war zwar noch früh, doch auch hier waren vereinzelte torkelnde Menschen zu sehen oder welche, die auf Bänken lagen oder gegen die Häuserwände gelehnt waren.

Nach dem sich jeder ein Überblick über den Hafen gemacht hatte, sah sich Mianissa nach der Bar Betrunkener Drache um. Die Bar war auch nicht zu verkennen, denn das Schild über der Tür wies einen großen und fetten Drache aus, der im rechten Arm ein Fass umklammert hielt, mit der Linken gerade einen großen Humpen zum trinken ansetzte und der Blick verriet, er musste betrunken sein.
Die Katzenfrau öffnete die Tür und trat hinein. Bran erklärte Nym, er solle sich einen Unterstand suchen und stellte sich, im Inneren der Bar, neben die Tür. Der Rest blieb vorerst draußen und begutachtete das rege Treiben des Hafens, lauschte vielleicht dem Regen und dem Wellenklang, der im Hafenbecken gegen die Mauern brandete.
Die Bar war schummrig erleuchtet, aber es war nicht zu dunkel. Es waren nicht all zu viele Personen hier, die den Laden hätten füllen können. Vielleicht waren zehn bis zwanzig Personen. Allerdings, alle saßen in der rechten Hälfte der Bar. Die gesamte linke Hälfte war frei. Wobei, vollkommen leer war sie nicht. Im letzten Eck, schon fast auf der Höhe des Tresen, zwischen zwei Tischen gab es eine kleine Rangelei. Ansonsten waren zwei Barmädchen, die Wirtin und ein Koch zu sehen.
Mianissa ging direkt zur Wirtin und wollte sie etwas fragen, als die Wirtin etwas, in einem genervten Ton sprach, was Jurax und Amara von draußen mit Mai, verdammich. Bring das Bier zu den Leuten. übersetzten konnten. Die Wirtin blickte zu Mianissa und begutachtete sie sehr kritisch und danach ihren Tigon. Der Blick der Wirtin wanderte erst zwischen den beiden Edelsteinen, die im Dekolleté und in der Stirn der Katzenfrau eingelassen waren, hin und her. Danach wurde das Gesicht näher betrachtet, dann die lila-schwarz farbene Rüstung und zu guter Letzt der grüne Leopard. Nach dem der erste kurze Eindruck verdaut war, fragte Mianissa direkt Shu-Yang Fet?
Könnt ihr auch ordentlich sprechen? Euer Shou ist grausam, antwortete die Wirtin mit guter, aber leicht angestaubter fâerunischen Handelssprache. Verdutzt betrachtete die Katze die Wirtin, fing sich dann wieder und endlich konnte sie jemanden verstehen, außer den Kult oder die neue Königin der hiesigen Ländereien. Ich suche Shu-Yan Fet. Aber sie wurde direkt unterbrochen, Schon verstanden. Ich mag nicht die hellste sein, aber dumm bin ich keineswegs. Also, wes wegen sucht ihr ihn?

Bran konnte von seiner Position aus erkennen, dass die Katze und die Wirtin miteinander redeten. Wirklich verstehen konnte er es nicht, aber er konzentrierte sich auch nicht darauf. Da aber seine Glaubensschwester hier ein Gespräch am laufen halten konnte, ging er langsam zum Tresen. Der menschliche Druide konnte zwar selbst nur vage fetzen auf Shou sprechen, aber Mianissa konnte kein einziges Wort fehlerfrei. Er war also um so verwunderter, das sie hier etwas verstand. Nun, dann wollen wir mal sehen, über was da vorn so geredet wird.
Mianissa hatte erfahren, das Shu-Yang Fet ein alter Händler sei, der nur an harter Münze und das in guten Mengen, interessiert war. Man könne zwar auch noch mit gewissen Argumenten handeln, aber dazu müsste man halt auch imstande sein. Wobei der Blick, bei dem Thema gewisse Argumente kein Lüsterner war. Als Mianissa aber erwähnte, sie habe das nötige Kleingeld, bekam sie eine Wegbeschreibung zum alten Shu-Yang Fet gezeichnet.

Kurz bevor die Druidin gehen wollte, drehte sie sich noch mal zur Wirtin, sagt, ist das normal bei euch, das eine Person von Fünf in die Mangel genommen wird?
 Bran ging auf den Tresen zu und konnte, nachdem er die hälfte der Bar durchquert hatte, das gleiche sehen, wie es auch die Druidin anfangs und nun noch immer, sah. Alle Kunden saßen im rechten Teil der Bar. Der linke Teil war fast vollends leer, nur zwei schlafende und wahrscheinlich volltrunkene Kunden hingen noch auf dem Stuhl. Was jedoch deutlich mehr Aufmerksamkeit erregte, war die Tatsache, das ein Mann, von drei großen Männern und zwei kleineren vermöbelt wird.

Jurax schaute von draußen in die Taverne und sagte nur zu Amara, komm, lass uns rein gehen. Warum stehen wir eigentlich im Regen und nicht drinnen, bei einem guten Bier?
Amara rollte nur kurz mit den Augen, konnte es aber nicht verneinen, das es drinnen sicherlich angenehmer war, als hier draußen. Der Zwerg öffnete die Tür, betrachtete noch kurz den besoffenen, der neben ihnen auf der Bank in seinem Erbrochenem lag und trat dann in den Schankraum. Bran und Mianissa standen am Tresen und schienen mit der Wirtin zu reden. Amara ging, ohne groß den Raum in Augenschein zu nehmen, zum Tresen. Der zwergische Mönch tat es ihr gleich, wobei ihm, beim zweiten Blick, genau das gleiche Schauspiel in der linken hälfte des Raumes auffiel.

Nachdem Bran zu Mianissa gestoßen war und die Drei am Tresen nun ein paar Worte fällten, wandte sich die Druidin dem unfairen Schauspiel zu. Sag Bran, wollen wir uns die Warterei bis heute Abend noch ein wenig versüßen? und schaute direkt zu den fünf Personen, die den einzelnen Mann vermöbelten. Ich mein, einem unfairen Kampf muss man doch beistehen?! Bran verstand sofort was Mianissa wollte und ging langsam und vorsichtig auf die kleine Schaar zu. Direkt in dem Moment trafen auch Amara und Jurax bei ihnen ein. Jurax konnte nicht anders und hatte die gleichen Gedanken, die er aber nicht aussprach, wie Mianissa und Bran. Die Späherin hingegen wendete nur ein, Kennt ihr die Typen überhaupt? Habt ihr mit denen etwas zu schaffen? Ihr wisst doch gar nicht, was da vor sich geht oder ob es nicht doch fair ist.
Es ist nicht Fair, wenn fünf Personen gegen Eine vorangehen,
 erwiderte Mianissa nur und spürte, wie sich eine Hand auf ihre Schulter von hinten legte. Das würde dem braunen Wanderer nun gefallen. Amara wieder, ein wenig verdächtig, aber irgendwie auch nicht. Genau wie beim elendigen Grafen in Barovia. Einfach das Dorf im stich lassen wollen. Tz … dachte sich Jurax und was er sonst noch für Gedanken hatte, wussten nur die Götter.

Als Bran nun relativ nah an dem Geschehen war, merkte er, wie sich die Magie, die er bei sich trug, auflöste. Schnell trat er einen Schritt zurück, und die Magie der Gegenstände funktionierte wieder. Er zauderte, war sich nicht ganz klar, was das war. Aber wenn die Magie, die er nutzen wollte, nicht ging, ja dann könne er nichts ausrichten. Bevor er etwas anstellt, was er vielleicht bereuen würde, ging er zurück zu Mianissa und erklärte ihr, was er bemerkt hatte. Die Druidin schien absolut nicht erfreut darüber zu sein und als Bran auch noch sagte, das er sehen könne, das von einem kleinen Anhänger, den einer der Großen am Gürtel hängen hatte, diese komische Antimagische Aura ausging, verschwand jegliche gute Miene von ihrem Gesicht. Bran erklärte noch, das er sehen könne, dass die 2,50 – 3,00 Meter großen Hünen eigentlich männliche Orogs seien. Die beiden kleineren waren Dunkelelfen, wobei eine davon weiblich ist.  Alle trugen eine Schwarze Hand und einen Drachenflügel, der gebrochen und mit einem Pfeil durchbohrt war, auf der Brust. Die Druidin sah nun so aus, als ob sie kurz bevor stünde, durch zu drehen und hier ein wildes Chaos verbreiten würde.
Mai, Chai, mein Gott, bringt die Kunden raus. Bringt sie in Sicherheit, rief die Wirtin und nun wurde es ein klein wenig lauter im Schankraum. Dem Stimmlaut der Wirtin nach zu urteilen, hatte sie Angst, das gleich etwas schlimmes passieren würde.

Genau in dem Moment drehte sich die weibliche Drow um und sah in die bunte Runde des Kultes. Mit einem fiesen Grinsen sah sie Mianissa an und wandte sich dann wieder dem Menschen zu. Was wollt ihr von Ihm, fragte Amara und Jurax konnte im Augenwinkel sehen, wobei er sich nicht vollends sicher war, ob das auch stimme, dass die Späherin die Drow anlächelte. Spätestens nun würde sich der Wanderer im Grabe umdrehen! dachte sich der Zwerg.
Ein oder zwei Minuten vergingen, in welcher der Kult, jeder für sich überlegte, was er nun machen würde. Die weibliche Drow rief auf einmal mehrere schimmernde und fast durchsichtige Tentakel herbei, die ihrem Opfer in die Nase, die Ohren, den Mund und die Augen stießen und dort drinnen zitterten. Das Opfer gab keinen Ton von sich, konnte es auch nicht. Denn jeder konnte erkennen, dass der Rachen eine starke Wölbung erfahren hatte, während der Tentakel in seinem Mund steckte. Nun schwebte das Opfer in der Luft und der gesamte Körper bebte und zitterte, es war aber deutlich zuerkennen, das er sich vor schmerzen am liebsten gekrümmt hätte, nur ging dies leider nicht. Dieser Luxus wurde dem Opfer offensichtlich verwehrt.
Es vergingen nochmals ein paar Augenblicke und dann sackte der Mann zusammen und regte sich nicht mehr. Die Drow löst die Tentakel auf und die fünf Personen drehten sich um und gingen langsam in Richtung des Kultes. Bran und Mianissa konnten erkennen, dass die andere Gruppe an Ihnen vorbei gehen würde, aber wirklich sicher waren sie sich nicht. Mianissa wild vor Wut und Hass, aber zu gleich vor Angst erfüllt, blickte sich im Raum um. Sie suchte nach zwei steinernen Punkten, wo sie eine Steinmauer zum Schutze erschaffen könne, fand aber nur einen Punkt. Der Zweite blieb ihrem Blick verborgen. Nun gingen die Drows und Orks am Kult vorbei, nur die weibliche Drow lächelte Mianissa und dann Amara an. War das ein lustvolles Lächeln, dachte sich Jurax. Aber sofort verwarf er den Gedanken, nach dem er Mianissa anblickte.

In dem Moment, in welchem die Dunkelelfen den Kult passierten, wog die Druidin den Gesichtsausdruck ihrer Weggefährten ab: Amara sah vollkommen unbehelligt aus, kein Stirnrunzeln, keine zusammengekniffenen Augen, nicht das kleinste Merkmal, das Amara in irgendeiner Art und weise verdutzt, geschockt oder sonst irgend eine Emotion ausstrahlte. Bran hingegen war direkt anzusehen, das er hin und her gerissen war. Solle er die Initiative
ergreifen oder es lieber sein lassen? Als Mianissa zum Zwerg blickte, sah er ihr direkt in die Augen. Sie konnte erkennen, dass der Zwerg ebenfalls auf Vergeltung aus war, aber nach einem kurzem Augenschlag sagte er, mit einer mürrischen, schon fast krächzenden Stimme und zu gleich so, als ob die Worte ihm schmerzen bereiteten, Wer unvorbereitet in die Schlacht zieht, ruft nur den wütenden Sturm herbei und wird vom Blitz getroffen. Das gab der Druidin den Rest. Jeglicher glaube an die einzelnen Rassen, an die Diplomatie, an ihr eigenes Können, ja an die pure und essentielle Liebe zur Natur, verließ sie. Sie kam sich belogen, betrogen und verraten vor. So, als ob ein Blutschwur ganz bewusst, aus reiner Gier gebrochen wurde. Sie fühlte sich wie ein kleines, naives Mädchen, dem der innigste Traum und Wunsch gerade aus der Hand geschlagen worden ist. Ihre Beine gaben nach und sie sankt äußerlich, wie auch innerlich zusammen. Das einzige, was sie gerade eben davor bewahrte, den letzten Funken ihrer Fassung zu verlieren, war der tiefe und starke Glaube an ihre Göttin Eldath. Sie hatte zwar gerade so gut wie alle ihre Prinzipien verraten und verloren, aber das einzige, was sie niemals zu Lebzeiten verraten oder beschmutzen würde, war der Glaube an ihre Göttin.

Kurzzeitig war es still, im Betrunkenen Drache. Die Tür der Taverne öffnete sich, drei große und zwei kleinere Menschen traten aus und bahnten sich ihren Weg durch den Hafen. Bran drehte sich zu seinen Gefährten um und sagte nur, wir treffen uns wieder hier und hechtete, aber in einem sicheren Abstand, der mordlustigen Gruppe hinterher.

Jurax begab sich zu dem Mann, der noch vor wenigen Augenblicken zitternd in der Luft schwebte und überprüfte, ob dieser noch lebte. Mit einem kleinen Seufzer stellte der Zwerg fest, das ein weiteres Lebewesen vor den Toren seines Gottes oder Göttin wartete.
Mianissa, lethargisch und unnatürlich ruhig und still, ging ebenfalls zum Toten herüber. Sie stellte auch den Tod fest und stellte eine Frage in den Raum, Wie werden bei euch die Toten ordentlich bestattet? Wieder herrschte ein Atemzug an Stille, als die Wirtin verwirrt und ängstlich erwiderte, Normalerweise vergraben oder verbrannt.
Holt jemanden, der diesen Körper verbrennt. Heute noch. Sagt mir, wie viel es kostet und ich möchte dabei sein.
Mianissas Stimme lies kein wenn und aber zu. Sie war vollends entschlossen, dies zu Ende zu bringen. Was für eine Fanatikerin, war vielleicht der Gedanke des ein oder anderen, aber wenn dem so war, sprach dies keiner der Anwesenden aus.
Amara ging ebenfalls zum Toten herüber und wechselte mit Jurax den Platz. Jurax setzte sich an den Tresen und orderte ein Bier. Über die kleine, aber doch wichtige Abwechslung war die Wirtin sehr froh. Die Späherin durchsuchte den Toten und fand nichts, was von irgendeiner wirklichen Bedeutung war. Sie schien ein wenig verärgert darüber zu sein, das gerade eben, einfach so aus heiterem Himmel, eine Verbrennung angeordnet worden ist. Zudem noch von jemanden, der hier noch mehr fehl am Platze war, als sie selbst. Er wird heute noch verbrannt, entgegnete Mianissa mit einer lethargischen Stimme. Das einzige was Amara fand, was von irgendeinem Interesse war, war, das einer der Stiefel des Toten komisch war. Sie untersuchte ihn, fand aber nichts. Gab die Schuhe der Druidin, aber diese gab die Schuhe ohne etwas zu sagen oder großartig zu tun, einfach wieder zurück. Auch Jurax fand nichts komisches heraus, außer, dass der linke Schuh halt, komisch war.
Nach nicht allzu langer Zeit kamen auch drei ältere Herren herein und Chai, eine der Bediensteten der Taverne, erklärte nur, dass die Herren sich um die Verbrennung kümmern. Der Prozess wird heute Abend, kurz vor Sonnenuntergang statt finden und kostet zwei Goldmünzen. Tut mir leid, das es so teuer ist. Aber so schnell …, sagte Chai gerade, als sie eine Hand voll Goldmünzen, insgesamt Zehn waren es, von Mianissa entgegen gestreckt bekam.
Die Druidin lies sich die Adresse der Verbrennung geben, lies die Adresse und die Karte zu dem komischen Händler von der Wirtin vervielfältigen und gab Amara und Jurax jeweils eine Kopie. Ich bin bis heute Abend im Haus des Gouverneurs, und damit verlies die Druidin, ihren Tigon im Schlepptau, die Taverne.

Nach guten zwei bis drei Stunden kehrte Bran zur Taverne zurück. Er erklärte, das er die Gruppe bis zu einem verfallenen alten Haus verfolgt habe. Die drei verblieben des Kultes beratschlagten sich kurz und machten sich dann auf den Weg zu dem besagten Haus. Es ging quer durch die Stadt. Mal über eine der zwei Hauptstraßen, dann wieder durch kleine Gassen und wieder über die Hauptstraße. Im Grunde hätten Sie einfach der Hauptstraße folgen und am Ende einmal links und dann wieder rechts abbiegen können, aber das fiel Bran so gar nicht auf. In seinem Zorn auf die Dunkelelfen, merkte er sich den Weg so, wie er auch gekommen war.
Angekommen am verlassenen Haus, lauschte Amara kurz an der Tür und ging dann hinein. Das Haus war in einer Gegen, die nicht nobel, aber auch nicht heruntergekommen war. Es schien die gute Mittelschicht zu sein. Aber das selbst war nur noch eine Ruine. Wetter, Tiere und sicherlich einige Diebe in der Vergangenheit, halfen der Ruine nicht gerade. Im Inneren war die Treppe zum Obergeschoss mit Schutt versperrt. Die drei Räume waren eingestürzt oder ansonsten von keinem Interesse. Was aber von Interesse war, vor allem, da dort auch die Spuren, die Amara fand, hinführten, war die Treppe in den Keller. Auch hier lauschte Amara, konnte aber nur das Atmen vom Menschen und Zwerg, sowie das leise Kratzen von Mäusen und Ratten aus dem Keller hören. Nichts verdächtiges.
Bran erleuchtete die Spitze seines Kampfstabes und kurz darauf, ging Amara vorsichtig die Treppe herunter. Jeder der drei nahm aus Reflex jede Stufe und benutzte nicht den  Handlauf. Das lag wohl daran, das Amara noch wenige Minuten vorher erklärt hatte, das hier irgendwas nicht stimmte. Die Nackenhaare, wenn ein Elf denn welche haben würde, würden sich bei ihr aufstellen. Auch wenn der Spruch zwar nur eine Metapher für einen Elfen war, so verstanden der Zwerg und Bran, was damit gemeint war.
Die Spuren führten durch die einzelnen Räume des Kellers. Der Keller war größtenteils leer, hier und dort Regale mit eingelegten Essen, hier ein paar alte und kaputte Kisten, dort stand sogar ein Bett, in welches sich aber niemand reinlegen oder auch nur anfassen wollte. Am Ende der Spuren war ein künstlicher Durchgang zu finden. Jurax erklärte, das, wer auch immer den Durchgang schuf, in den Keller eingedrungen war. Das war ganz klar und deutlich am Schutt, der in den Raum verteilt lag und den Bruchspuren des Durchganges, zu erkennen.
Sie gingen in den Durchgang hinein und nach wenigen Metern kamen sie zur Kanalisation. Hier, kurz vor dem brackigen Wasser, endeten auch die Spuren. Unrat, Dreck, Algen, Müll und ein kleinere Äste schwammen auf der Wasseroberfläche oder klebten und schleiften am Gestein entlang. Auch wenn der Geruch nicht gerade der blumigste war, so gewöhnten sich die Nasen doch sehr schnell daran. Amara ging gute zwanzig Meter nach links und dann nochmal nach rechts. Dann gab sie zu erkennen, das sie im rechten Tunnel spuren
gefunden habe. Sie deutete auf Abschürfungen des Steines an der Decke, sowie an winzige Wasserspuren, die über den Wasserlauf zu sehen waren. Wobei, Bran und der Zwerg konnten, mit glück, nur die Abschürfungen an der Decke erkennen. Aber es gab keine Zweifel, das Amara die bessere Fährtenleserin war.

Es ging gut eine bis anderthalb Stunden durch die Kanalisation. Gerade aus, linke Biegung, rechte Biegung, gerade aus, zurück, wieder vorwärts, doch zurück, hier und dort entlang. Es war nicht gerade leicht den Spuren zu folgen, aber Amara verlor sie nur wenige Male. Bran hatte bei jeder Abbiegung ein kleines Zeichen mit Kreide an die Wand gemalt, damit sie sich nicht verlaufen. Manchmal dachte einer drei, das sie ein kichern oder lachen, ein rufen oder schritte in der Finsternis hörten, manchmal roch es nach Gebäck, manchmal nach frisch gebratenem Fleisch, manchmal dachten sie, vor ihnen an der einen Biegung sei ein bunt bemaltes Gesicht. Auch wenn sie schon viel erlebt hatten, so war die Suche in der Kanalisation doch ein wenig komisch, schon fast angst einflößend. Hier und da erschreckte sich vielleicht jemand kurz, aber keiner der anderen reagierte darauf. Jeder war angespannt und bereit, dem nahenden Feind die Waffe in den Wanst zu rammen. Am Ende stellte sich aber heraus, das doch kein irrer Kindermörder in einem Clownskonstüm in der Kanalisation lauerte, sondern die Finsternis, gepaart mit der klaustrophobieschen Enge, nur streiche mit dem Kopf spielte. Amara führte die kleine Gruppe zu einem Gitter, hinter welchem die blendende und gleißende Außenwelt zu erkennen war. Es war meeresrauschen zu hören, sowie ganz leise Rufe von Menschen. Das Gitter schien aufgebrochen worden zu sein und sie schoben es zur Seite. Das Abflussrohr mündete im Hafenbecken, direkt unter einem der Piers, wie sie feststellten. Links war das Dock, rechts waren die Fischer. Sie Atmeten alle einmal tief durch und ließen die gruselige Finsternis hinter sich.
Ein kleiner, gute dreißig Zentimeter breite Absatz führte unter dem Abflussrohr, links und rechts im Hafenbecken entlang. Links, wie auch rechts vom Abfluss, waren auch Eisenstufen, die in die Hafenmauereingearbeitet waren, zu erkennen. Die Truppe erklomm die Stufen und befand sich wieder mitten im Hafen.

Sie fragten einen der Hafenarbeiter, ob sie die komischen großen Typen, die sie verfolgten, gesehen haben. Der Arbeiter sagte, sie seien in eine er Gassen gegangen. Amara folgte der Beschreibung in die Gasse und auch wenn es weiterhin regnete, was aber langsam den Geruch der Kanalisation aus den Kleider wusch, fand sie hier weitere Spuren. Die Spuren führten über zwei kleine Kreuzungen und auf der Dritten verloren sie sich. Nach guten zwei bis zweieinhalb Stunden suchen, verlor sich die Spur, einfach so im Nichts. Niedergeschlagen, aber nicht den Mut verlierend kehrten sie zum Haus des Gouverneurs zurück.

Die Zeit im Haus des Gouverneurs wurde genutzt, um sich zu stärken, sich frisch zu machen und noch für ein oder zwei Stunden sich auszuruhen. Zum Abend hin, kam auch Mianissa, die die ganze Zeit eingeschlossen in ihrem Zimmer war, heraus und fragte, wie sie zu der Adresse der Verbrennung kam. Nach dem es ihr erklärt wurde, machten sich nun alle vier auf den dorthin. Jurax, Bran und Amara fiel allerdings auf, das sich Mianissa nicht zum guten gewandelt hatte. Die Lethargie, diese unnatürliche Stille, die grausame Sanftheit in jeder
ihrer Bewegungen, war bei jedem ihrer Schritte zu erkennen. Es wirkte so, als ob sie geistig einen der härtesten Kämpfe, die man sich vorstellen kann, ausfocht und der Körper von ganz allein auf die Umgebung reagierte.
Angekommen am Ziel, erwartete auch schon einer der drei älteren Herren, die am Vormittag den Toten aus der Taverne abgeholt hatten, den Kult. Mianissa lies sich erklären, wo sie sich umziehen konnte und kam kurz danach auch in feinen Gewändern wieder. Bran erkannte sofort, es war ein klerikales Zeremoniengewand. Ein Kenner könnte erklären, dass das Gewand aus der feinsten und teuersten Seide, die es in ganz Kalimhafen und somit ganz Fâerun zu kaufen gab, gefertigt war. Das Hellblau, was den Grundton hergab, wurde von bronzenen Stickereien umschlossen. Die Stickereien sahen aus, als ob sich kleine Wurzeln zur Brust des Trägers hin ragten und dort ein Gefäß, für einen reißenden Wasserfall bildeten. Der Wasserfall selbst, bestand aus hunderten, in sich verwobenen silbernen Fäden. Das gesamte Gewand war wohl mehrere tausend Goldstücke wert und es war schon fast eine Schande, das es von einem einfachen hölzernen Symbol, welches auch ein Wasserfall darstellte, besudelt wurde. Aber nur Bran wusste, jeder Druide war anders. Für alle Druiden waren Wertsachen zwar zweitranging. Sofern es aber um die Religion ging, so hatte jeder für sich seine eigene Vorstellung, was Wert bedeutete und was nicht und da Mianissa so ein kostbares Zeremoniengewand trug, lag ihr die Sache wirklich am Herzen.

Der Tote lag aufgebart auf einem Scheiter von Holz. Das Holz wurde entzündet und sogleich vollzog Mianissa ihre Zeremonie. Sie ging gegen den Uhrzeigersinn, dann mit dem Uhrzeigersinn und nochmals gegen den Uhrzeigersinn um den Toten herum. Bei dem ersten durchlauf sprach sie Gebete in der Sprache der Sylvan, beim zweiten mal in der Sprache der Wasserelementare und am Ende in der Sprache der Katzen, in Feline. Jede Runde dauerte gute 20 Minuten und so zog sich die ganze Zeremonie hin. Der Zwerg, Bran und die Späherin konnten erkennen, wie den drei Herren das geredet von der Druidin auf den Senkel ging. Sie wollten weg, es handelte sich doch immerhin nur um eine einfache Verbrennung. Aber auch nun war nur Bran nur derjenige, sofern kein anderer religiöse Kenntnisse hatte, wie wichtig dieses Vorhaben für Mianissa war. Es stellte eine der innigsten Verbindungen und Huldigungen dar, die man seinem Gott oder Göttin nur darbieten kann.
Nach dem der Körper des Toten nur noch Asche war, zog sich Mianissa wieder um. Sie fragte, ob sie nun noch mal nach dem komischen Händler schauen sollten oder direkt wieder zum Haus des Gouverneurs gehen. Alle stimmten aber ein, das sie dem Händler einen Besuch abstatteten.

Es schien, das mit jedem Schritt, den die Katzenfrau seit Beendigung der Zeremonie getan hat, nach und nach die Lethargie verschwand und das Lebenslicht heller brannte.
Angekommen bei der Adresse des Händlers, wartete die Gruppe in einer großen Scheune. Mianissa war wieder soweit auf dem Damm, das sie und Bran ein kleinen, zwar ungewollten, aber dennoch kleinen Scherz spielten. Aber es war ja auch nichts anderes zu tun, während sie wartete. Nach guten zwei Stunden kam auch der Händler namens Shu-Yang Fet. Die Druidin fragte, ob er den Gegenstand, den sie als Mönchsgürtel kannte, hatte und ihr
verkaufen würde. Nach ein wenig suchen, fand auch der Händler den besagten Gürtel und verlangte zwanzigtausend Goldstücke. Zwanzigtausend! Niemals ist der Zwanzigtausend wert, sagte Mianissa.
Das feilschen ging hin und her. Auch wenn Amara der Druidin noch zuflüsterte, das sie den Menschen kenne, von dem der Gürtel stammt und die zwanzigtausend Goldstücke ein Schnäppchen wären, so schlug Mianissa den kauf aus. Jurax überlegte nicht zweimal und griff direkt zu.

Zum Ende hin wurde Shu-Yang Fet noch verhört. Da Mianissa herausbekam, das Er Informationen über Henk, den Halunken, der die Zollbrücke im Nordosten der Stadt immer wieder besetzte, hatte, verwandelte Bran den Händler in einen Frosch. Bran wirkte noch den Zauber, das er mit Tieren sprechen konnte und sogleich wurde der Händler befragt. Es kam heraus:

  • Henk soll zwei Frauen aus dem Hause des Gouverneurs Geschenke gemacht haben
  • mit den Geschenken kann Henk herausfinden, wann die königlichen Truppen zur Zollbrücke marschierten
  • im Südwesten der Stadt, westlich des Hafens, lebten die Reichen
  • die Reichen forderten immer wieder exklusive und bizarre Wünsche, die nur
    Shu-Yang Fet bereit stellen konnte
  • an das exklusivste, was Shu-Yang Fet bisher liefern sollte, kann er sich nicht mehr dran erinnern
  • er weis nur noch, dass die Auftraggeberin, des exklusivsten Gegenstandes, eine überaus schöne Frau mit faszinierenden Augen war

Nach Shu-Yang Fet verhört war, wurde er wieder entzaubert und die Gruppe verließ die Scheune. Die Nacht war bereits angebrochen und es hörte so langsam auf zu Regnen. Der kräftige Wind war in eine leichte und angenehme Briese umgeschlagen, der angenehme, schon fast Herbstluft mit sich brachte. Die Sterne waren am Himmel zu erkennen und mit viel glück, konnte vielleicht eine der seltenen Sternenschnuppen gesehen werden.

Wieder waren Rufe, das Geschrei von Katzen und der Gesang von volltrunkenen Arbeitern zu hören, aber nichts davon störte. Es schien, als ob der Schrecken und das Grauen, was die Gruppe in der Taverne und der Kanalisation erfahren hatte, nun endgültig von ihren Schultern herabrollte. Wobei allen? Nein, nicht allen. Amara war, so wie Jurax noch sehr gut in Erinnerung hatte, in der Taverne absolut unbehelligt gewesen. Genau so, wie sie es in der Vergangenheit in Barovia, in der Trollfeste oder auch davor schon war. Ja Wanderer, du
würdest dich wirklich im Grabe umdrehen. Selbst dieser Wahnsinn wäre wohl zu viel dich gewesen,
dachte sich der Zwerg auf dem Weg zurück zum Hause des Gouverneurs.

 

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