Naerian

Naerian wuchs, nachdem seine Mutter bei seiner Geburt starb, in einem Weisenhaus von Neverwinter auf. Ein Platz, so trist und elend, dass er kaum die Bezeichnung Heimat verdiente, mit einer Leiterin, die den Kindern zwar immer wieder Disziplin und Fürsorge predigte, ihnen aber in Wirklichkeit nur Verwahrlosung entgegenkommen ließ.

So hätte es kaum jemanden überrascht zu erfahren, dass viele der Kinder bereits früh mit Banden und Untergrundorganisationen der Stadt in Kontakt kamen und kleinere Aufträge, wie Botengänge, erledigten. Bis zu seinem dreizehnten Lebensjahr führte Naerian immer wieder Aufträge für diese oder jene Gruppierung aus und lernte dabei Heimlichkeit, Charme und Geschicklichkeit zu seinem Vorteil zu nutzen. Als Jugendlicher schließlich begann er, auch an größeren Coups Interesse zu zeigen und löste sich nach und nach von den Banden, für die er bislang gearbeitet hatte. Denn von diesen fühlte er sich zunehmend eingeengt und ausgenutzt.

Innerhalb der nächsten Jahre, gelangen Naerian mit Hilfe einiger anderer ehemaliger Waisen mehrere aufsehenerregende Diebstähle innerhalb der Stadtmauern von Neverwinter. Basierend auf dem durch diese Erfolge gewonnenen Vertrauen, gründete er zusammen mit dem Geschwisterpaar Ariel und Alandar seine eigene kleine Diebesbande. Aus dem Zusammenhalt und der ständigen Zusammenarbeit entwickelte sich sogar echte Zuneigung und schließlich Naerians erste große Liebe.

Doch viele andere wichtige Perönlichkeiten der Unterwelt von Neverwinter missgönnten der Gruppe ihren Erfolg und vor allem missfiel ihnen Naerians Angewohnheit den Verdacht für seine Taten auf andere abzulenken. Und so beschlossen sie, den drei Freunden eine Falle zu stellen. Als sie, umzingelt von Gaunern und Schlägern, inmitten des Ballsaals einer großen Adelsvilla standen, statt des erhofften Kästchens mit Juwelen nur eine Notiz des Hausherren in der Hand, wurde Naerian klar, was er mit seinen Taten verursacht hatte. Als er sich zu Ariel umwandte und ihr befahl sich selbst und ihren Bruder zu retten und nicht zuzulassen, dass Alandar zurück kam, um ihn zu retten, sah er grimmiges Einverständnis in ihren Augen, bevor sie sich in einen riesigen Raubvogel verwandelte, ihren Bruder packte, sich durch eins der decken-hohen Saalfenster schwang und im Dunkeln der Nacht verschwand.

Naerian wurde daraufhin im Keller der Villa eingeschlossen, wo er mehrere Tage, vielleicht sogar Wochen, immer wieder zusammengeschlagen, verhöhnt oder einfach zum Spaß gefoltert wurde. Er war schon beinahe Tod, als er eines Nachts eine Präsenz in seiner Zelle wahrnahm. Es kam ihm vor, als wären die Schatten selbst lebendig geworden. Und die Schatten sprachen zu ihm.

„Welch schreckliches Schicksal. Welche Qualen an denen ich mich ergötzen kann. Ich brauche mehr wie dich. Finde sie und dir wird kein Leid mehr erfahren.“

Gebrochen wie er war, hätte Naerian dem Wesen alles versprochen, nur um den Schmerz zu lindern und so willigte er in dessen Forderung ein. Kaum hatte er zugestimmt, da flossen die Schatten zu einem Dolch aus Finsternis zusammen, der mühelos das Schloss an Naerians Ketten aufbrach. Als Naerian sich aufrichtete lag vor ihm der Dolch in einer mattschwarzen Scheide. Er hob ihn auf, schlich sich aus der Villa und verließ die Stadt noch in der selben Nacht.

Seitdem zieht er die Westküste entlang, auf der Suche nach verlorenen Seelen für die mysteriöse Wesenheit. Aber auch auf der Suche nach seinen Freunden und seiner einzigen Liebe.

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