Noch immer kein Ausgang in Sicht! (The Adventurer)
Hatte ich mich beim letzten Mal noch gefragt, was uns auf dem Weg nach draußen noch alles erwarten könnte, sollte ich tatsächlich nicht enttäuscht werden. Wir gingen durch die Wand und die Treppe hinunter, die angeblich den Ausgang markierte oder zumindest in irgendeiner Form den Weg zum Ausgang markierte und vernahmen bereits ab der Hälfte starke Hitzewallungen, die uns intervallartig entgegenkamen. Es offenbarte sich uns ein riesiger, runder Raum mit vier Gängen, die in jede Richtung führten – der, durch den wir kamen mitgezählt. Für einen kurzen Moment wirkte es wie ein normaler Raum, bis plötzlich aus der Mitte riesige Feuerbälle geflogen kamen und alles bis kurz vor unseren Nasenspitzen mit Feuer fluteten.
Mein Beiname mag zwar „Flammenrufer“ sein, doch das war selbst für mich ein bisschen zu viel des Guten. Es war unheimlich heiß und schien sämtliche Sauerstoff binnen weniger Herzschläge verzehrt zu haben. Seltsamer Weise zog das Feuer sich dann jedoch genauso schnell wieder zurück, wie es gekommen war, nur um einige Sekunden später erneut auszubrechen. Wir beobachteten das eine ganze Weile, bis wir eine ungefähre Zeitspanne heraushatten, um uns dann zu überlegen, auf welchem Weg wir am besten die einzelnen, angrenzenden Räume auskundschaften könnten. Während wir schon überlegten, Malcer erst einmal alles genau untersuchen zu lassen und ihn mit hoher Geschwindigkeit zu segnen, rannte Bennor plötzlich los und erreichte haarscharf die andere Seite.
Ein gewisses Entsetzen breitete sich in mir aus … und Zweifel daran, ob Bennor nicht vielleicht doch mehr gegen den Kopf bekommen hatte, als zuvor gedacht. Er wirkte nahezu lebensmüde, so wie er sich einfach so in den Raum gestürzt hatte. Wir zögerten natürlich nicht lang, passten das nächste Intervall ab und folgten ihm so zügig wie möglich. Glücklicherweise kamen wir alle unbeschadet auf der anderen Seite an, nur um bereits aufeinanderschlagendes Metall zu hören, das direkt aus dem Raum gegenüber kam. Ein Kampf!
Auch wir zogen unsere Waffen und als wir den Raum betraten, sahen wir uns Auge in Auge mit über einem Dutzend Skelette. Manche bewaffnet mit Bögen, manche mit Schwertern wandelten sie über sechs Plattformen, die über einer schwarzen, zähen Masse hingen. Benno war bereits dabei, einige von ihnen abzuwehren und wir warfen uns natürlich sofort mit in die Schlacht. Ganz hinten, auf der letzten Plattform, stand ein in Roben gekleidetes Skelett, das offensichtlich ein Magier war und somit natürlich irgendwo meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Doch als ich Malcer dabei zusah, wie er einige der Skelette einfach von den Plattformen, beziehungsweise den die Plattformen miteinander verbindenden Brettern schubste, wollte ich natürlich unbedingt mitmischen. Also begab ich mich in Form eines riesigen Adlers auf eine der weiter weg liegenden Plattformen und positionierte mich zwischen einigen Skeletten, um sie so bald wie möglich mit einer mächtigen Donnerwelle nach unten zu schubsen.
Dabei hatte ich einen sehr guten Blick auf den Rest meiner Gefährten und während Farhea sich einer Walküre gleich durch die Skelettmassen schnitt, zerstörte meine Schwester mit roher Gewalt ebenfalls einen Untoten nach dem anderen. Malcer schickte einige weitere in die schwarze Pampe am Boden und Rudger ließ eine Menge faszinierender Zauberspielereien los und ich konnte tatsächlich zwei dieser Kreaturen von der Plattform auf der ich stand schubsen!
Bei dem eine Robe tragenden Skelett handelte es sich tatsächlich um einen Magier, aber auch der hatte gegen die rohe Kraft auf Gewalt und Magie keine Chance und so hatten wir in kürzester Zeit den Raum geräumt! Hihi … Wortwitz. Bennor hatte nicht wirklich etwas zu seiner Verteidigung zu sagen, als ich ihn darum bat, so eine Aktion nie wieder abzuziehen, aber er versprach, sich das nächste Mal unter Kontrolle zu halten.
Eigentlich wollten wir nun eine Rast einlegen und uns von dem Kampf ein wenig ausruhen, doch gab es angrenzend an diesen Raum ein weiteres Tor hinter dem wir irgendwann Geräusche vernahmen, die gefährlich nach Kratzen klangen. Bei genauerem Hinhören erkannte Rudger, dass es sich dabei eventuell um Ghoule handeln musste, also sahen wir zu, dass wir uns einen anderen Ort zum rasten suchten. Also verzogen wir uns einmal wieder nach oben zu dem alten Zimmer von Durlag, um uns dort tatsächlich auszuruhen.
Frisch gestärkt kehrten wir zu dem Raum zurück und fanden riesige Risse in der Tür, doch hindurchgekrochen war anscheinend niemand, beziehungsweise nichts. Beim Hindurchschauen erblickte ich hin und wieder vorbei huschende Kreaturen und vermutete ganz stark, dass es sich dabei um die besagten Ghoule handelte und noch während meine Gruppe überlegte, wie wir uns um diese Viecher kümmern sollten, kam sie plötzlich auf uns zugeschossen, wurden aber ähnlich schnell entsorgt, wie die Skelette zuvor. Manchmal frage ich mich, ob wir immer alles mit Gewalt lösen müssten oder irgendwann auch wieder in sozialere Bereiche kommen würden. Und ob wir dann überhaupt noch dazu in der Lage wären, normal mit anderen Sterblichen zu kommunizieren – nach all den Biestern, die wir bisher so gesehen haben. Wovon die meisten, die aussahen wie andere Humanoide, immer irgendwelche Doppelgänger waren.
Egal. Darum konnten wir uns immer noch Gedanken machen, sobald wir aus dem Turm raus wären. Erst einmal mussten wir den Ausgang überhaupt finden. Langsam beschlich uns auch das Gefühl, dass die einzelnen Ebenen eventuelle gewisse Themen innehatten. Zuvor waren wir den ganzen Doppelgängern und wesentlich mehr Fallen begegnet, als hier. Davor hatte es lebende Statuen und Rüstungen gegeben und hier wimmelte es nur so von Untoten … Vor allem kamen wir darauf, als Farhea ein bisschen der schwarzen Masse abfüllte und etwas genauer unter die Lupe nahm. Offensichtlich handelte es sich dabei um zerflossene, verwesende Rückstände eines Drachen. Drachen! Meine Augen wurden größer. Ich hatte schon eine Menge fantastischer Kreaturen gesehen und wusste, dass sie durchaus existieren konnten und auch an der Existenz von Drachen zweifelte ich keinesfalls, aber … wenn es hier Rückstände eines lange toten Drachens gab, was wenn wir dann einem untoten Drachen begegneten?
Wir wollten es darauf ankommen lassen und kehrten zum Feuerballraum zurück, um uns einen der nächsten Gänge vorzuknöpfen. Nach links sollte unser Weg uns führen und so betraten wir eine … riesige, fast deckenlose Halle und vor unseren Augen lag ein Skelett. Ein wahnsinnig großes Skelett. Das Skelett eines Drachen! Eines.riesigen.Drachens! Ich merkte, wie mir unweigerlich das Herz in die Hose rutschte und die Statuen, die davor standen und an mächtige Abenteuer erinnerten, machten es nicht unbedingt besser. Als Farhea dann auch noch anfing, mit der Luft zu reden, war es für mich vorbei … Drehten um mich herum alle durch oder war vielleicht ich diejenige, die den Verstand verlor? Irgendetwas, das offensichtlich nur Farhea hören konnte, bot uns seine Hilfe gegen drei „geflügelte Bestien“ an, die sich in diesem Raum befinden sollten und offensichtlich das Ziel verfolgten, diesen riesigen Drachen wiederzubeleben. Auch die Hilfe einer Statue würden wir erhalten und wirklich viel Zeit eine Entscheidung zu treffen hatten wir auch nicht. Also entschieden wir, nach all den bisherigen Kämpfen, auch diesen zu führen und so sahen wir bereits aus der Ferne drei Wyvern auf uns zufliegen.
Ich nehme diese Information jetzt einfach mal vorweg, weil ich vermute, dass jedem klar ist, wie der Kampf ausging: Wir haben gewonnen. Mit Leichtigkeit. Einen riesigen Drachen würden diese Biester auf jeden Fall nicht mehr erwecken! Wir fanden ein Amulett, das magisch erschien, aber scheinbar nichts Böses an sich hatte … die Stimme erwähnte, dass es ein Fluch sei, der auf ihr läge und wenn wir das Amulett einem Skelett umlegten, würden wir es befreien. Da an sich nichts Böses daran zu entdecken war, legten wir es dem Skelett tatsächlich um, ein Licht stieg empor und danach war die Stimme verschwunden. Die Magie im Amulett blieb jedoch zurück, bisher kann aber keiner von uns sagen, worum genau es sich dabei handelt. Wenn wir hier raus kämen, wäre das wohl mit eines der ersten Dinge, die wir untersuchen lassen würden.
Doch vorerst konnten wir uns nun auch damit rühmen, verdammte Wyvern getötet zu haben! Yeah!
Wir … fanden keine Antwort auf das Thronrätsel. Auch die Frage danach, weshalb die Spitze des Speers zu qualmen begonnen hatte soll leider unbeantwortet bleiben – vorerst. Dafür probierten wir auf wiederholtes Drängeln meinerseits aus, Runen an der Wand gegenüber zu aktivieren. Ihr erinnert euch? Wir standen in diesem roten Raum mit der riesigen Zwergenrune auf dem Boden, die sagte „Eingang zu den Höllen“. Und am Ende des Raumes waren halbhohe Wände gewesen, auf denen Schalen standen in denen sich eine rote Flüssigkeit befand. Skaakas hatte an diesen Wänden vier weitere Runen entdeckt und begonnen, sie nach und nach zu aktivieren, ohne uns sagen zu wollen oder zu können, weshalb. Also war es für mich nur logisch, es einfach auszuprobieren. Was sollte schon schief gehen?
Also machten wir uns innerlich darauf gefasst, irgendwo im Fegefeuer zu landen, sobald Rudger die letzte Runde aktiviert hatte, doch stattdessen war es nicht die Hölle, in der wir uns befanden, sondern wir standen nun lediglich in einem Raum angrenzend an den von zuvor. Die Rune war also eine Art Tür gewesen? Ich war mäßig verwirrt und auch meine Mitstreiter wussten nicht ganz, wie sie mit dieser Situation umgehen sollten, schließlich hatten wir uns eigentlich darauf eingestellt, endlich unter einem Haufen Dämonen zu sein um endlich das Buch ablegen zu können. Doch sollte unsere Reise wohl noch lange nicht vorbei sein.
Angrenzend an den Raum war wieder ein Gitter, jedoch stand dieses offen und wir konnten hindurch spazieren in einen Raum voller Truhen. Durlag schien es lustig zu finden, überall in seinem Turm Truhen mit magischen Objekten zu verstecken. Ein wenig keimte in mir die Frage auf, aus welchem Grund er das wohl gemacht haben mochte. Für mich war es vollkommen unlogisch all mein Hab und Gut überall zu verteilen – was, wenn man es mal brauchte? Er hätte den ganzen Turm ablaufen müssen, um seine Bolzen, Pfeile und Potions einzusammeln. Aber natürlich beschwerten wir uns nicht darüber, sondern durchforsteten den Inhalt der Truhen und packten alles ein, was wir fanden. Unter anderem war auch Gold dabei, das natürlich mitsamt allem anderen im Bag of Holding verschwand. Ich schwöre euch, sollte ich irgendwann die Liste mit allem Inhalt dieses Beutels verlieren, sind wir wirklich aufgeschmissen!
Wir hatten nun die Wahl zwischen zwei Ausgängen. Der eine führte in einen weiteren Raum, der andere in einen Gang. Natürlich entschieden wir uns vorerst für den nächsten Raum. Darin fanden wir eine riesige Statue, die in ihrer Hand einen Stein hielt – ähnlich dieser Wächtersteine, von denen wir bereits ein paar haben … zwei, glaube ich. Vorsichtig versuchte Felicia, ihn ihm mithilfe einer Hellebarde aus der Hand zu stochern, aus Angst die Statue zu erwecken, sobald wir den Stein tatsächlich anfassen würden. Das geschah jedoch nicht und als wir den Stein nun aus der Nähe genauer musterten, war auch auf ihm eine blau leuchtende Rune zu lesen, die „Ausgang“ bedeutete. Schnell fanden wir heraus, dass sie stärker zu leuchten begann, wenn wir uns in eine bestimmte Richtung drehten und wie der Zufall es so wollte, leuchtete sie stärker auf, sobald wir uns in Richtung des Ganges bewegten, den ich zuvor erwähnt hatte. Aber eigentlich wollten wir doch noch gar nicht nach draußen …? Wir brauchten erst noch einen Ort, an dem wir das Buch lassen konnten! Außerdem hatte Farhea uns in einem Nebensatz mitgeteilt, weshalb sie eigentlich hier gewesen war. Sie hatten einen Vampir gejagt! Ich kannte Geschichten über Vampire und wusste, zu was diese Kreaturen unter anderem in der Lage waren und dass sie in so ziemlich jeder Geschichte als böse abgestempelt wurden. Auf mein eigenes Nachfragen hin bestätigte Farhea mir, dass auch dieser Vampir böse sein musste. Wenn wir nun aber zum Ausgang gingen, würden wir ja weder ihren Auftrag, noch unseren abschließen …
Noch während wir überlegten, ob wir nicht lieber zurückgehen sollten, hörten wir Stimmen aus dem Gang und beobachteten, wie zwei Zwerge in unsere Richtung gelaufen kamen und der eine dem anderen einen furchtbar schlechten Zwergenwitz erzählte. „Warum sind Zwergenwitze meist so kurz? – Damit Elfen sie auch verstehen.“ Also eigentlich war es eher ein Elfenwitz, aber der andere Zwerg lachte sich darüber halb tot. Weniger lustig sollten sie dann allerdings finden, dass wir sie, nachdem wir erkannt hatten, wer sie waren, sofort angriffen um sie kampfunfähig zu machen. Sowohl Farhea, als auch Felicia nahmen jeweils einen der beiden Zwerge, die aussahen wir Durlags Söhne, in den Schwitzkasten. Für einen Moment wollte ich schon daran glauben, dass es dieses Mal tatsächlich seine Söhne waren, allerdings verwandelten auch sie sich in Doppelgänger und wurden von uns kurzerhand unschädlich gemacht. Wir überlegten, ob sie nicht vielleicht etwas zu bewachen gehabt hatten und folgten daher doch vorerst dem Gang, schließlich wussten wir noch immer nicht, wie wir nun weiter verfahren wollten. Am Ende des Gangs kamen wir in einen weiteren Raum in dessen Mitte eine Treppe weiter nach unten führte, der Runenstein leuchtete jedoch an einer der Wände ganz besonders stark auf. Diese Wand entpuppte sich als Illusion, durch die wir zu einer weiteren Treppe kamen, die ebenfalls nach unten führte. Nun hatten wir also die Wahl zwischen zwei Treppen und einem weiteren Gang, den wir jedoch vorerst gekonnt ignorierten. Wir entschieden zuerst die erste Treppe zu nehmen, da die zweite ja offensichtlich in Richtung des Ausgangs führte und wir da ja noch gar nicht hin wollten.
Allerdings sollte diese Treppe sich als ein purer Reinfall herausstellen, denn als wir unten angekommen waren stellten wir fest, dass wir wieder in genau dem Raum standen, in welchem wir zuvor auf Farhea getroffen waren. Also hatte auch diese Treppe eine Art Illusion sein müssen, doch als wir versuchten, sie wieder nach oben zu gehen, kamen wir oben bei dem Zwergengrab an. Uns blieb also nichts anderes übrig, als den ganzen Weg noch einmal zu laufen, bis wir wieder bei dem Treppenraum waren. Allerdings war nun etwas anders als zuvor, denn jetzt sahen wir ein Leuchten aus dem angrenzenden Raum kommen. Dem mussten wir natürlich nachgehen!
Das Leuchten kam von Fackeln, die im Inneren eines Raumes brannten, der einen Sarkophag, vier Wächterzwerge und zwei verschlossene Truhen beheimatete. Egal was wir ihnen an den Kopf warfen, die Zwerge regten sich nicht, waren jedoch eindeutig lebendig – meines fachmännischen Auges zufolge jedenfalls. Als wir den Sarkophag untersuchten – zumindest Farhea, Felicia und Rudger – fanden wir heraus, dass in dessen Inneren die Leiche von Kiel dem Legionentöter, einem der Söhne Durlags lag. Malcer und mir war das alles andere als geheuer und das Ausrauben eines Toten fanden wir dann plötzlich auch gar nicht mehr so witzig. Dennoch überzeugte ich drei der vier Zwergenwächter mithilfe von etwas Magie dazu, den Raum vorerst zu verlassen, damit wir uns halbwegs unbeobachtet um die Truhen kümmern konnten. Ich ließ mich zumindest dadurch überzeugen, dass er als Toter das ganze Zeug nun nicht mehr benötigte und wir damit im Inneren dieses gefährlichen Turms wohl doch besser dran waren. Den Zwerg, den ich nicht hatte überzeugen können, hielt Rudger in einer Paralyse fest und wir räumten die Truhen kurzerhand leer. Dann entschieden wir, das Buch vielleicht einfach hier zu lassen. Es würde durch vier Zwerge bewacht werden und im Grunde waren wir bereits sehr weit in Durlags Turm vorgestoßen. Niemand würde wirklich so weit gehen wollen, ohne sicher zu wissen, dass das Buch hier war. Und eigentlich sollte außer uns niemand davon wissen.
Wir packten noch ein wenig anderen, unbedeutenden Ramsch dazu, um von dem eigentlich „Schatz“ in dieser Truhe abzulenken und sahen dann zu, dass wir aus dem Raum wieder herauskamen, bevor die Zwerge zurückkehrten und Rudgers Paralyse verflog.
Ein bisschen fiel mir ein Stein vom Herzen, jetzt da das Buch nicht mehr in meiner Tasche war und damit unsere Aufgabe im Grunde abgeschlossen war. Somit konnten wir doch getrost den Ausgang des Turms suchen, auch wenn wir nun Farheas Vampir noch nicht gefunden hatten … Aber wer weiß schon, was uns auf dem Weg nach draußen noch alles erwartet? Wir machten uns auf jeden Fall daran, die richtige Treppe nach unten zu laufen.
Die kleine Pause, die wir uns gönnten, tat uns allen wirklich gut. Wir hatten Zeit, uns ein wenig zu unterhalten und neue Kraft zu sammeln, um innerhalb der nächsten Eben weiter vordringen zu können. Diese Zeit nutzten wir, indem Farhea ein paar der Gegenstände untersuchte, die sich in unserem Bag of Holding angesammelt hatten. Wie gut, dass ich irgendwann im Laufe der Zeit angefangen hatte, Liste über alles zu führen, was wir so fanden. Anderenfalls hätte ich mich mit Sicherheit nicht an all das erinnert, was ich letztlich herausgezogen hatte. Farhea schien ziemlich genau zu wissen, was man mit all diesen Gegenstände anfangen konnte und es war faszinierend, sie dabei zu beobachten, wie sie den meisten dieser Dinge – einige waren auch einfach ganz normale, unmagische aber trotzdem fantastische (!) Gegenstände – eine Bedeutung zuwies.
Den Rest der Pause verbrachten wir damit zu überlegen, wie wir nun weiter vorgehen wollten. Noch ein paar Mal kam der Gedanke auf, zurück nach oben zu gehen und vorerst die Spione auszuschalten, doch am Ende fiel die Entscheidung darauf, unten weiterzugehen. Da ich aus meinen vorherigen Fehlern gelernt hatte, bot ich an jemand anderen vorgehen zu lassen, bevor ich am Ende wieder einen falschen Hebel betätigte und meine Freunde in Gefahr brachte. Da kein anderer sich meldete, übernahm Farhea die Führung nach unten und bewaffnet mit Ikes Runde führte sie uns die lange Treppe nach unten. Wieder standen wir in diesem runden Raum, in dem wir zuvor gegen Farhea und die anderen Doppelgänger gekämpft hatten. Diesmal war jedoch eine Tür offen, die zuvor verschlossen gewesen war.
Mit einem kleinen Feuerball in der Hand beobachtete ich – beobachteten wir alle – wie durch die Tür eine Gestalt trat, ziemlich groß und breit mit beiger, ledriger Haut, einem leichten Unterbiss und kleinen Reißzähnen, die von ihrem Unterkiefer nach oben vortraten. Oder sollte ich lieber sagen: von einem Unterkiefer. Wir standen Auge in Auge zu einem Halbork, bewaffnet mit nicht viel mehr als einer einfachen Rüstung, einem Helm, sowie einem Schwert und vollgehängt mit zehn kleinen Fläschchen. Panik stieg in mir auf. Was, wenn das wieder nur ein Doppelgänger war, was wenn er uns angriff, mit diesen Fläschchen bewarf oder ganz und gar Verstärkung rief?! Ein wenig begann ich zu zittern und ich stand kurz davor, den Feuerball auf ihn zu werfen, da gab Farhea Entwarnung. Zwar schien auch sie noch etwas unsicher, doch zumindest erklärte sie uns, diesen Halbork zu kennen und stellte ihn uns als Bennor vor. Die beiden waren gemeinsam mit dem Rest ihres Trupps nach hier unten gekommen, hatten einander aber aus den Augen verloren, als der Rest des Trupps gestorben war. Der Rest der Gruppe wirkte überzeugt davon, Bennor vertrauen zu können und somit ließ ich den Feuerball wieder sinken. Dennoch behielt ich mir im Hinterkopf den Gedanken daran, ein Auge auf ihn zu haben.
Wie es schien hatte Bennor keinerlei Erinnerung daran, was geschehen war, nachdem er den Trupp aus den Augen verloren hatte und als ich ihn mir ein wenig genauer ansah, fand ich auch heraus, warum. Er hatte eine große Beule am Kopf und musste sich irgendwo so arg gestoßen haben, dass er nun unter den Folgen einer heftigen Gehirnerschütterung litt. Etwas Zeit und gute Pflege sollten das jedoch wieder gerade biegen können.
Wir untersuchten den Rest des Raumes und mir wurde derweil mitgeteilt, dass die Fläschchen, die sich um Bennors Hals befunden hatte, hochexplosives Alchemisten-Feuer gewesen war. Mir wurde schlecht. Was wäre wohl passiert, hätte ich den Feuerball nach ihm geworfen? Sicher hätte die daraus entstandene Explosion nicht nur ihn in tausend Teile zerfetzt. Das wäre ein sehr schnelles und unschönes Ende gewesen … so war ich doch recht froh, mich eines Besseren erinnert und nicht direkt agiert zu haben, als ich ihn gesehen hatte. Langsam aber sicher lernte ich eben doch aus meinen vergangenen Fehlern.
Der Rest des Raums war bis auf einen weiteren Mechanismus und einen Hebel nicht wirklich interessant und die meiste Zeit, die der Rest innerhalb des Raumes herumstand und diesen untersuchte, verbrachte ich sowieso damit, das Zeug, was sie fanden, in den Bag of Holding zu stopfen und mir zu notieren, was alles hinzukam. Aber es schien so, als hätte ein Mechanismus in einem Fass dazu geführt, dass ein weiterer Hebel-Mechanismus aktiviert worden war, der nicht nur eine Tür im hinteren Teil dieses Raumes, sondern noch ein weitere Tür angrenzend an den runden Hauptraum öffnete. Ein weiterer Mechanismus, ein weiterer Raum und … ein weiteres Rätsel! Ich konnte nicht wirklich behaupten, diesen Turm am Anfang gemocht zu haben, doch mittlerweile hasste ich ihn. So viele Fallen, Hebel und Rätsel – langsam begann mein Gehirn weh zu tun. Hinzu kam, dass auch von diesem Raum wieder weitere Türen, bzw. Gatter weg führten zu anderen Räumlichkeiten. Aber befassen wir uns erst einmal mit dem Inneren dieses Raumes. Ein rechteckiger Raum in dessen Inneren das erste, was einem auffiel, ein Thron war. Oder zumindest ein ziemlich prunkvoller Sessel, der stark an einen Thron erinnerte. Dieser Thron stand auf einer Plattform, die sich farblich vom restlichen Boden abhob. Den Weg zu diesem Thron pflasterte ein riesiger Teppich, der bestickt war mit frühlingsgleichen Mustern, fast wie ein wunderschöner, grüner Laubwald im Frühjahr. Rechts und links befanden sich jeweils drei Säulen. Vor jeder Säule stand eine Feuerschale. Beim Untersuchen der Feuerschalen stellten wir fest, dass am Boden jeder dieser Schalen ein Tier zu finden war. Insgesamt waren es drei Vögel und drei Landsäugetiere, die in diesen Schüsseln abgebildet waren. Was hatte das zu bedeuten? Gefüllt waren sie mit Öl, so als warteten sie nur darauf, angebrannt zu werden. Im Grunde wäre das ja mein Stichwort, aber mit Sicherheit war es falsch, all diese Schalen anzuzünden. Hinzu kam, dass jedes dieser Tiere auch noch einmal als Bild an der Wand hing. Naja … fast jedes Tier. Einer der Vögel – der Schwan – fehlte.
Noch während Farhea und ich über dieses Rätsel nachdachten, machte der Rest der Gruppe sich an einem der Gatter zu schaffen. Dieses schien den Weg zu einer Art Folterkammer zu versperren. Das war sowieso ein Ort, den ich nicht unbedingt untersuchen musste. Sollten die also von mir aus machen, worauf sie Lust hatten. Als sie dann aber begannen, das Gatter aufzustemmen, wollte ich dann doch sehen, wieso genau sie es so eilig hatten, dort hinein zu stürmen. Tatsächlich hatten sie im Inneren der Kammer nämlich zwei Gestalten entdeckt, die genau so aussahen, wie unser lieber Bennor. Der Halbork versicherte uns aber, nichts mit ihnen zu tun zu haben. Weitere Doppelgänger!
Wie hätte es auch anders sein sollen, wir griffen die Doppelgänger an und machten ziemlich schnell kurzen Prozess mit ihnen. Zu den beiden, die wir anfangs erblickt hatten, gesellten sich vier weitere hinzu, doch hatten diese scheinbar noch keine neue Gestalt angenommen. Sie waren noch so nackt und hässlich, wie all die Doppelgänger zuvor es gewesen waren, nachdem sie sich zurückverwandelt hatten. Ich hoffte inständig, dass wir bald in die nächste Ebene kamen. Vielleicht hausten dort endlich keine Doppelgänger mehr. Andererseits würden wir dort vielleicht auf Dämonen treffen … beim zweiten Gedanken erschienen die Doppelgänger doch das kleinere Problem zu sein. Zudem hatten wir eventuell gerade einen anderen Weg zu Dämonen gefunden.
Während des Kampfes war uns nämlich eine fast schon erstickende Wärme entgegen geschlagen und einer der Doppelgänger hatte während unseres Kampfes eine Eiswand errichtet, um uns davon abzuhalten, in den an die Folterkammer angrenzenden Raum zu treten. Glücklicherweise gab es nichts, das gegen Eis effektiver war, als Feuer. Und über Feuer verfügte ich zur Genüge. Während ich damit beschäftigt war, die Eiswand zu schmelzen, untersuchte Farhea die Überbleibsel der toten Doppelgänger und fand einen weiteren Runenstein. Dieser war jedoch lesbar beschriftet mit den Worten „Eingang zu den Höllen“. Nicht nur farblich, sondern auch inhaltlich schien sie zu dem zu gehören, was hinter der Eiswand lag. Nachdem ich diese nämlich heldenhaft geschmolzen hatte, öffnete sich vor uns ein weiterer Raum, in dessen Mitte eine Art Altar stand, dahinter hohe Wände, die jedoch nicht bis zur Decke reichten. Auf diesen Wänden standen Schalen und am Boden direkt vor uns glühte eine rote Rune. Ganz eindeutig war es die gleiche Rune wie die, die Farhea nun bei sich trug. Mit Sicherheit war das kein Zufall. Was auch immer dieser Raum hier zu bedeuten hatte, er war unweigerlich mit dieser Rune verknüpft. Ein weiteres Rätsel! Mein Herz machte einen sarkastischen Freudensprung. Während ich noch innerlich diesen Turm verfluchte, verlangte Farhea nach etwas, das sie auf eine der Schüsseln werfen wollte. Sie bekam einen von Felicias Wurfspeere, tauchte dessen Spitze in eine kleine Flasche heiligen Wassers und warf ihn zielsicher auf eine der Schalen. Mit einem lauten Klirren zersprang diese und das rote, dickflüssige Innere floss heraus, über die Wand bis auf den Boden. Auch der Speer fiel zu Boden, die Spitze rot gefärbt und seltsam qualmend, so als hätte man eine Kerze ausgepustet. Hatte die in heiliges Wasser getauchte Spitze vielleicht auf das Innere der Schale reagiert? Behaltet diese Frage auf jeden Fall im Hinterkopf, denn die Antwort darauf habe ich selbst noch nicht. Ich bin mir aber sicher, dass wir sie schon bald finden werden! Ebenso, wie wir sicher auch die Antwort auf das Rätsel in dem Raum mit dem Thron schon bald finden werden.
So müde und ausgelaugt ich auch war, wir entschieden erst einmal weiter nach unten zu gehen. Das war mit Sicherheit nicht unsere beste Idee, aber damit glänzten wir in letzter Zeit sowieso eher weniger. Also was machte da eine weitere, nicht besonders durchdachte Entscheidung noch aus? Ich – wir alle – sollten ziemlich schnell darüber belehrt werden, dass wir eben doch erst nachdenken sollten, bevor wir etwas taten. Sehr gut nachdenken sogar! Ihr werdet schnell feststellen, dass das an diesem Tag nicht die einzige nicht durchdachte Entscheidung war, die einige von uns fast den Kopf kostete.
Die Treppen, die nach unten führten, waren aus dunklem Stein, genauso wie das restliche Gemäuer und machten das Innere des Turms noch kälter und finsterer, als es ohnehin schon war. Mit einem kleinen Feuerchen in meiner Hand leuchtete ich dem Rest meiner Gruppe den Weg nach unten und wir fanden uns in einem kreisrunden Raum wieder, geschlossene Türen überall in den Wänden. Auf dem Boden vor uns lagen Leichen, keine von ihnen schien durch äußere Einwirkungen gestorben zu sein, doch allesamt waren sie recht frisch. Was auch immer hier passiert war, es war erst kürzlich geschehen. Ein wenig ratlos sahen wir uns in dem Raum um, als plötzlich das Knirschen und Krachen einer der Türen erklang und sich direkt vor uns die schwere Holztür öffnete. Heraus trat eine Gestalt in schwerer Rüstung, langes schwarzes Haar umrahmte ein blasses, engelsgleiches Gesicht und spitze Ohren kamen zum Vorschein, als die Gestalt mit erhobenen Waffen aber in ruhiger Haltung um uns herum stolzierte. Da ich es für das beste hielt, unsere Anwesenheit so gut wie möglich zu verschleiern, nahm ich meinen Verbündeten das Licht, wodurch Malcer und Felicia im Dunkeln standen, ohne die Fähigkeit zu sehen, was da vor sich ging. Ich selbst hatte mich in eine Fledermaus verwandelt, denn Fledermäuse konnten bekanntlich ja im Dunkeln sehen! Doch auch für mich, die sie sehen konnte, war es schwer einzuschätzen, ob es sich bei dieser Frau um Freund oder Feind handelte. Witzige Tatsache: Wir sollten bald feststellen, dass beides der Fall war.
Sie kam langsam näher, die Waffen zwar gezogen, aber in einer wie ich fand sehr passiven Haltung. Nach einem kurzen Gespräch darüber, warum sie hier war – ihr Trupp und sie hatte es in die tiefen Gänge von Durlags Turm verschlagen, doch nur sie hatte bis hier her überlebt – entschied ich, nicht länger Katz und Maus zu spielen und schenkte meinen Verbündeten wieder Licht. Gerade rechtzeitig, um einen kräftigen Schwertschlag gegen meinen Arm zu kassieren. Die gute Frau, die sich vor mir aufgebaut hatte und mit der ich gerade ein Gespräch anfangen wollte, holte aus und setzte mir mit zwei kräftigen Schlägen ordentlich zu. Für einen Moment war ich vor Schreck wie gelähmt … Da wollte man einen guten Glauben zeigen und einer völlig Fremden inmitten eines Turms voller böser Gestalten Vertrauen entgegen bringen und prompt wurde man verraten. Gut, wenn ich so darüber nachdenke, klingt das schon ziemlich lächerlich …
Es kam zum Kampf. Natürlich kam es das. Malcer war weniger schockiert als ich und sorgte dafür, dass unsere Gegnerin vorerst nicht dazu in der Lage sein sollte, sich gegen unsere Angriffe zu wehren. Das nutzten wir aus und letztlich schafften wir es irgendwie, sie zu besiegen, auch wenn Malcer dabei ziemlich übel mitgespielt wurde. Glücklicherweise waren meine Zauber nicht gänzlich ausgebrannt und ich konnte ihm einen Teil seiner Stärke zurück geben. Felicia schaute sich derweil den Haufen Fleisch an, zu dem die Frau geworden war, nachdem sie einfach in Flammen aufgegangen war – ich ging davon aus, dass Skaakas etwas damit zu tun hatte. Er ließ ständig etwas in Flammen aufgehen oder explodieren … Auf jeden Fall erkannte sie den Haufen Fleisch als einen Doppelgänger wieder. Ekelhafte Kreaturen, die die Gestalt anderer Personen oder Kreaturen annehmen und ihre Fähigkeiten eins zu eins nachmachen konnten.
Noch während ich damit beschäftigt war, Malcer zu verarzten, hörten wir erneut Schritte aus dem Gang hinter der gleichen Tür, aus der die Frau gekommen war. Natürlich waren wir alle bis aufs Äußerste gespannt und staunten nicht schlecht, als eben jene Frau erneut durch die Tür trat, die Waffen gezogen und uns neugierig, wenn auch etwas skeptisch musterte. Was sollten wir da nun tun? Sie kreiste zumindest nicht um uns herum, sondern sah uns nur an, fragte warum wir hier seien und bekam dafür fast einen Tritt von Malcer ins Gesicht. Der Arme war jedoch vom vorherigen Kampf noch zu geschwächt und so erreichte sein Fuß nicht die Frau, sondern sank vor ihr wieder zu Boden. Das kam davon, wenn man sich nicht von mir fertig verarzten ließ!
Dieses Mal bekamen wir einen Namen von der Frau. Sie hieß Farhea e’Irgendwas (Es klang auf jeden Fall ziemlich edel.) und erzählte uns, ebenso wie der Doppelgänger zuvor, dass sie mit einem Trupp hier unten gewesen war, dieser jedoch durch eine Giftwolke erstickt war. Das erklärte, warum die Leichen keine äußeren Verletzungen o.ä. aufwiesen. Es musste grausam sein, an Gift zu ersticken. Ein Weg, auf dem ich ganz sicher nicht sterben wollte. Übrigens schien Skaakas die Dame zu kennen, denn er begann, sie recht freundschaftlich zu begrüßen. Das war für mich Grund genug, ihr ebenfalls zu vertrauen. Freunde von Skaakas waren auch meine Freunde. Nachdem wir noch ein wenig ratlos in dem Raum herumstanden, entschieden wir, vorsichtig weiter zu gehen. Noch immer Ikes Rune in meiner Hand haltend, ging ich zuerst durch den Gang hinter der Tür in den daran angrenzenden Raum, aus welchem Farhea gekommen war. Sie schloss recht schnell zu mir auf. In dem Raum gab es unzählige Statuen. Mindestens ein Dutzend, wenn nicht mehr. Sie stellten die verschiedensten Gestalten und Kreaturen dar, von Zwergen bis hin zu Trollen. Der Rest der Gruppe blieb im Gang zurück, als ein weiteres mechanisches Knarren das weitere Auf- und Zugehen von Türen zeigte. Außerdem rasten hinter Farhea Gitterstäbe aus der Decke, die den Weg zurück für uns beide blockierten. Gleichzeitig hörten wir ein Geräusch wie Metall, das sich über Stein bewegte und bemerkten aus den Augenwinkeln eine bronzene Statue, die ihren Stehplatz verließ und sich auf uns zu bewegte. Während Farhea von unserer Seite und Felicia von Seiten des Ganges versuchten, die Gitterstäbe nach oben zu drücken, hielt ich uns die Statue vom Hals und spielte Ping Pong mit ihr durch den halben Raum, bis sie recht schnell ein jähes Ende fand. Auch sie verwandelte sich zurück und zeigte einen weiteren Doppelgänger.
Hinter Rudger und Malcer waren erneut Schritte zu hören, weshalb diese ihre Aufmerksamkeit wieder dem Raum zu wandten, aus dem wir gekommen waren. Drei Zwerge waren dort aufgetaucht und schienen uns ebenso wenig friedlich gesonnen zu sein. Noch immer suchten Farhea und ich nach einem Weg, diese verdammten Gitterstäbe los zu werden und mir fiel innerhalb des Raumes eine Statue auf, die anscheinend verschoben worden war oder zumindest verschoben werden konnte. Vielleicht war sie ja ein Mechanismus, der uns hier heraus brachte. Ihr erinnert euch, wie ich vorhin sagte, an einer Vergiftung zu sterben wäre nicht meine Wunsch-Todesursache? Tja. Ratet mal, was geschah, als ich die Statue bewegte. Richtig! Wir – sowohl ich, als auch Farhea, die zu mir geeilt war, als sie sah was ich versuchte – wurden in einen dichten, gelben Nebel gehüllt und unter starkem Husten verlor ich kurzerhand das Bewusstsein. Was danach geschah, bekam ich nicht ganz mit, doch als ich die Augen wieder aufschlug, hörte ich Kampfgeräusche und sah Farhea mit einer leeren Flasche in der Hand über mich gebeugt. Sie musste mir einen der Tränke gegeben haben, die mich vor Gift schützten. Schnell rappelte ich mich auf, um die Lage zu betrachten, in der wir uns befanden. Die drei Zwerge – ein Paladin, ein Waldläufer und eine Frau, die aussah wie eine Magierin – machten unseren vier Kampfgefährten ordentlich zu schaffen, während wir noch immer hinter diesen Gittern feststeckten. Vor allem Skaakas hatten die drei Zwerge ordentlich mitgespielt. Wieder schien er die drei Gestalten zu erkennen, denn er erklärte mir, dass es sich bei ihnen um Fuernebol, Islanne und Kiel handelte – Söhne und Frau von Durlag. Ein wenig irritiert zählte ich für mich selbst Eins und Eins zusammen und glaubte die richtige Entscheidung zu treffen, als ich wild mit den Armen wedelte und versuchte, meinen Verbündeten und die Zwerge davon abzuhalten, weiter zu kämpfen. Vielleicht glaubten die Zwerge nur, wir seien Eindringlinge? Doch schienen die Zwerge wenig Interesse daran zu haben, den Kampf niederzulegen und so kämpfte auch meine Gruppe weiter. Farhea hatte in der Zwischenzeit den Mechanismus gefunden, der das Tor öffnete und so konnten wir endlich ebenfalls dem Kampf beitreten. Oder hätten es zumindest gekonnt, hätte Malcer nicht in diesem Moment mit einem kräftigen Faustschlag dem letzten noch stehenden Zwerg den Gar ausgemacht. Auch diese Drei verwandelten sich in ihre ursprüngliche Form zurück … Sie waren ebenfalls verdammte Doppelgänger gewesen! Jetzt fühlte ich mich irgendwie dumm. Wie hatte ich auch glauben können, diesmal völlig Fremden Vertrauen schenken zu können? In Zukunft sollte ich damit einfach vorsichtiger sein … Oder es zumindest solange wir in diesem Turm waren gar nicht mehr tun. Einfach so jemandem vertrauen, meine ich. Und irgendwelche Statuen schob ich auch nicht mehr durch die Gegend, genauso wenig wie ich jemals wieder irgendwelche Hebel betätigen würde. Zumindest nahm ich mir das in diesem Moment fest vor!
Nachdem der Kampf geschafft und die Doppelgänger, sowie der Statuenraum noch einmal gründlich untersucht worden waren, entschieden wir, vorerst zurück nach oben zu gehen, um uns in einem der Räume weiter oben auszuruhen. Sowohl ich, als auch Rudger waren zaubertechnisch gänzlich ausgebrannt und keinem von uns würde etwas Ruhe schaden. Die meisten von uns waren von dem Kampf mit den Zwergen oder noch vom Kampf gegen Farheas Doppelgänger ziemlich mitgenommen – ich selbst hatte die eine oder andere Verletzung, die ich gern behandelt hätte – und so machten wir uns gemeinsam mit einer vorerst neuen Verbündeten zurück nach oben, um neue Kräfte zu sammeln und dann in alter Frische zu schauen, wie wir weiter verfahren wollten. Schließlich gab es immer noch ein finsteres Buch, das es abzulegen galt.
Ihr fragt euch sicher, warum ihr so lange nichts mehr von mir gehört habt, mh? Ich kann euch sagen, warum! Bis jetzt war ich ziemlich viel damit beschäftigt, nicht zu sterben aber jetzt, da wir uns einen kurzen Moment Ruhe gönnen können, habe ich Zeit zu erzählen, was in den vergangenen Stunden so passiert ist. Wir befanden uns inmitten einer der unteren – sicher noch nicht die tiefste, aber bereits gruselig genug – Ebenen von Durlags Turm. Was auch immer dieser Durlag sich dabei gedacht hat, all diese Fallen in seinem Turm zu verteilen, normal ist das auf jeden Fall nicht. Erfolgreich hatten wir uns an einer weiteren Feuerfalle vorbei gearbeitet und standen nun in einem riesigen Raum voller Urnen, Fässer und einem riesigen Grab in der Mitte. Gefahren schienen hier erst einmal nicht auf uns zu lauern, solange wir uns keinem der von diesem Raum ausgehenden Gänge näherten.
Mich trieb es natürlich zu allererst zu den Fässern, die überall im Raum verteilt standen und tatsächlich beinhaltete jedes von ihnen irgendeine Kostbarkeit. In den meisten Fällen waren es jedoch irgendwelche Tränke oder Schriftrollen, von denen ich keine Ahnung hatte, was sie konnten … Aber einen Ring und eine Perücke fanden wir, wobei sich in beiden Fällen jedoch herausstellte, dass sie weder ein hübscher Kopfschmuck, noch ein friedlicher, wunderschöner Ring waren. Der Ring versuchte mir den Finger abzuschneiden und die Perücke fraß den Schädel auf, den wir bei uns hatten. Ihr erinnert euch? Sein Name war Guntbart und ich hatte ihn als sehr freundlichen, gesprächigen Schädel empfunden. Warum hatte ich mich von meinen Begleitern nur dazu überreden lassen, die Perücke an ihm auszuprobieren? Andererseits wäre es sicher sehr viel schlimmer gewesen, hätte einer von ihnen sie sich aufgesetzt … Wir – bzw. die anderen, ich war zu schockiert von Guntbarts jähem Ende – entschieden, dass die Perücke in Rudgers Händen vielleicht recht nützlich sein könnte, wenn er sich unsichtbar an Gegner anschlich und sie ihnen aufsetzte. Am liebsten hätte ich sie gar nicht mitgenommen, sondern einfach hiergelassen.
Unter anderem fanden wir auch eine Puppe, eigentlich recht hübsch anzusehen. Nur leider erfüllte sie jedes Klischee einer gruseligen Mörderpuppe. Zumindest vermute ich, dass sie uns alle getötet hätte, hätte Rudger sie nicht entzaubert. Jedes Mal, wenn man sich von ihr weggedreht hatte, hatte sie begonnen gruselig zu kichern. Normal war das auf jeden Fall nicht! Aber was auch immer sie zum Kichern gebracht hatte, wir werden es wohl nie erfahren. Wir ließen sie entzaubert in dem Fass liegen und widmeten uns dann, nachdem wir soweit alles andere durchsucht hatten, den seltsam blauen Urnen, die überall um das Grab herum standen. Vier Stück waren es und jede von ihnen geöffnet verbarg ein Rätsel. Sobald wir eine von ihnen öffneten, erschien die Illusion eines Riesen, die uns ein Rätsel stellte. Die genauen Wortlaute kann ich zwar nicht widergeben, aber die ungefähren Inhalte kriege ich sicherlich noch hin. Der erste Riese, bewaffnet mit einem enorm großen, sicherlich scharfen – wäre er keine Illusion gewesen – Schwert. Er sprach von einem Krieger und seinem Fluch, davon dass diese Furcht, diese Dunkelheit die in seiner Seele steckt schlafen würde. Relativ schnell war uns klar, dass wir darauf eine Antwort finden mussten, doch ehe wir das taten, erweckten wir auch die anderen Riesen von ihrem Schlummer. Der zweite schien ebenfalls ein Krieger zu sein, bewaffnet mit einem Hammer, doppelt so groß wie ich – wenn nicht größer. Er sprach von Ehre, von Legenden und davon, wie ein Held unsterblich werden konnte. Die Lösung dafür war für mich schnell klar. Ich legte eines der Bücher, die ich von Ike gekauft hatte vor ihm ab: Die Geschichte des Königs der Schwertküste. Als ich das tat, verschwand die Illusion und an ihrer Stelle erschien eine steinerne Statue eben dieser Illusion. Das erste Rätsel schien gelöst. Der dritte Riese war ein Magier, er hatte einen Stab bei sich und sprach von einem purpurroten Trunk von Lachen und Leidenschaft. Zuerst dachten wir, es handelte sich um Blut, doch es war Wein, den er verlangte. Also stellten wir eine Weinkaraffe vor ihm ab und auch er verwandelte sich in eine steinerne Statue. Der vierte und letzte Riese hatte Dolche in seinen Händen, scheinbar ein Schurke oder Gauner, denn er sprach vom Diebstahl, von glitzernden Dingen und seinem Hunger nach einer Kostbarkeit. Zum Glück hatte ich noch diesen hübschen Schmuckdolch in meinem nimmervollen Beutel, den ich vor ihm ablegte. Auch er wurde zu Stein.
So langsam beschlich uns allerding das Gefühl, dass das Rätsel vielleicht noch etwas anderes beinhaltete. Wir hatten den ersten Riesen, den Träger des Schwertes noch nicht zurückgeholt, aber wenn wir uns die Statue und die Art und Weise, wie sie da standen, so ansahen, erinnerten sie an Wächter, die bereit waren, jeden Eindringling anzugreifen und ihm den Gar aus zu machen. Keiner von uns war sich sicher, ob wir als Eindringlinge galten, wenn wir sie doch wiederbelebten aber vielleicht war dieses Rätsel auch eine Art Schutzmechanismus gegen gierige Grabräuber? So oder so kamen wir ohnehin nicht dazu, den letzten zu beleben, da in diesem Moment Skaakas, der Tiefling, in unserem Raum auftauchte und uns in Eile erklärte, dass ein paar Leute im oberen Stockwerk des Turms aufgetaucht waren – er nannte sie Zhentarim – dort Ike getötet hätten und nun dort patrouillierten. Ich hatte absolut keine Ahnung, was für eine Gruppe das war und wieso sie hier waren, aber Skaakas erklärte, dass wo auch immer sie waren, nichts Gutes geschah. Also standen wir nun vor der Frage: Gingen wir zurück nach oben und klärten das Zhentarim-Problem oder beendeten wir zuerst, was wir hier unten begonnen hatten? Skaakas bestätigte übrigens unsere Vermutung, dass diese Riesen vielleicht lebendig wurden, sobald alle Rätsel gelöst waren. Eigentlich hielt ich es für eine bessere Idee, zuerst nach diesen Typen zu schauen, um sicherzugehen, dass sie uns nicht mitten in unseren Untersuchungen überraschten. Wir entschieden uns jedoch – naja, die anderen entschieden, denn in letzter Zeit sprach die Mehrheit sich gern eher so gegen meine Vorschläge aus – für das Rätsel. Der letzte Riese besagte ihn zu wecken, also tat Rudger das, indem er ordentlich Lärm machte. Daraufhin wurde auch diese Illusion zu Stein und der Stein … begann sich zu bewegen. Ich hatte noch vorgeschlagen, dass wir uns vielleicht anders positionieren sollten, für den Fall dass es tatsächlich zu einem Kampf kam aber … naja. Die Riesen waren keine leichten Gegner, doch glücklicherweise nahmen wir den Magier recht schnell heraus, denn er hätte vermutlich mir und Rudger ordentlich Probleme machen können. Malcer und Felicia kümmerten sich mithilfe eines von mir beschworenen, unglaublich flauschigen (!) Bärchens um die Nahkämpfer und Rudger und ein weiteres Bärchen, sowie Skaakas sorgten dafür, dass der Schurke in Schach gehalten wurde. Ich wiederum hielt die Gruppe erfolgreich am Leben und so schafften wir es tatsächlich, gegen vier verdammte Riesen zu bestehen!
Der Sieg war eine Erleichterung für mich, denn wäre der Kampf noch länger gewesen, so hätten wir vermutlich Probleme bekommen. Tatsächlich hatten diese Riesen etwas bewacht, denn nachdem sie besiegt waren, zerfielen sie zu Staub und mit einem lauten Knirschen und Krachen gab das Grab in der Mitte des Raumes den Blick auf einen Weg nach unten frei. Außerdem erschien vor uns ein Schwert auf dem Boden – ein Großschwert, recht hübsch anzusehen. Rudger erkannte es als „das Schwert des Einzelgängers“ und erzählte uns, dass es eine Waffe war, in der eine Seele schlummerte. Bei mir klingelten sämtliche Alarmglocken, denn auch wenn ich kein umfangreiches arkanes Wissen besaß, so wusste ich aus Büchern und Erzählungen, dass beseelte Waffen nie etwas Gutes bedeuteten. Das teilte ich meiner Schwester mit, bevor sie das Schwert aufheben konnte, aber dreimal dürft ihr raten, wer nicht auf mich gehört hat! So langsam beschlich mich das Gefühl, dass ich durchsetzungsfähiger werden musste, wenn ich meine Leute das nächste Mal von einer blöden Idee abhalten wollte. Sie nahm das Schwert also an sich und natürlich band die Seele darin sich an meine Schwester und wollte sie nicht mehr los lassen. Sie war zwar noch sie selbst, dennoch hatte und habe ich noch immer ein sehr schlechtes Gefühl dabei!
Wir entschieden, nach diesem Kampf erst einmal eine kleine Rast einzulegen, unsere Wunden zu lecken und ich fand dabei einen kleinen Schlüssel in meiner Tasche, der davor nicht dort gewesen war. Fast wie durch Eingebung wusste ich, dass dieser Gegenstand es mir erlauben würde, in den Geist einer Eule in meiner Nähe zu fahren und durch ihre Augen zu sehen. Ob dieser Gegenstand mir in Zukunft viel nutzen würde, wenn ich doch selbst dazu in der Lage war, mich in eine Eule zu verwandeln, wusste ich nicht aber er glänzte wunderschön!
Nun sitzen wir also in diesem riesigen Raum, Rudger spielt ein entspannendes Lied und mir ist einfach nur zu schlafen zumute. Aber wir müssen entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollen …
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