Tradition. Lasst mich euch etwas über Tradition erzählen.
Der Name meiner Sippe lautet Gimmstein. Weißt du was ein Gimmstein ist? Smaragde, Saphire, Rubine, Diamanten. Weißt du was es braucht, einen solchen Schatz ans Tageslicht zu fördern? Zwanzig Stunden am Stück unter Tage, jeden Tag, über Wochen, manchmal Monate hinweg, die Gefahr von einstürzenden Tunneln, Überflutungen, giftigen Gasen und schlimmeren ständig in deinem Nacken, es ist so eng und dunkel dass du die Leute, denen du dein Leben anvertraust nicht einmal sehen kannst, schweißtreibende Arbeit, und dann wenn du Glück hast und tatsächlich eine Ader findest, musst du dich selbst Quecksilberdämpfen aussetzen, um sie auch schürfen zu können. Auf dieser Tradition hat meine Familie ihren Namen und ihren Reichtum aufgebaut, und sie nennen es eine Ehre. Ich spucke auf Traditionen. Ich wusste von Anfang an, dass mein Leben nicht im Dunkeln einer Mine enden würde. Auch wenn ich jeden Schritt meines Weges gegen meine Sippe und ihre Traditionen zu kämpfen hatte, heute ich bin reicher als sie alle zusammen. Es gibt andere vergrabene Schätze an den dunklen und gefährlichen Orten der Welt und ich bin hier um sie zu finden. Sie mögen nicht so hübsch glitzern und lassen sich nicht so schön in goldene Kronen einfassen, aber mit meinen Schätzen kann ich die Welt verändern. Ich werde törichte, sture Traditionen einreißen und neue an ihren Platz setzen.
Mein Name ist Aeckert Gimmstein und ich bin ein Schatzsucher. Meine Schätze sind in Leder gebunden, in Stein gemeißelt und in meinen Verstand gebrandt.
Nachforschungen über die Gimmstein-Sippe (Geschichte-Wurf SG 17) zeigen dass diese Sippe von Goldzwergen dutzende Generationen lang als Betreiber von Edelsteinminen in Adbar tätig waren, bis der Großteil der Sippe vor genau 27 Jahren in einem schrecklichen mysteriösen Unglück in einer ihrer Smaragdminen ums Leben kam. Die Mine liegt seit der Explosion still und gilt als nicht mehr bebaubar.
In der Zeit zwischen der Ankunft in Silbrigmond und der Abreise haben unsere „Helden“ einiges erreicht. Nach einer Reise der Selbstfindung und der Visionen durch die Chaosebene, turbulenten Verhandlungen mit einer Dryade und einer ganzen Reihe anderer kleiner Abenteuer ist die erste Etappe zum Abwenden der Riesenkatastrophe geschafft: Sie sind im Besitz dreier Artefakte, genug um die Reise anzutreten.
Nun steht die Weiterreise gen Süden an, endlich lassen wir Eis und Schnee hinter uns. Aber bevor die Segel gehisst werden, schließt der wilde Haufen von Abenteurern noch einige Erledigungen ab. Kisa’ana fertigt die Rüstung aus den Schuppen der Remora an, Wildfire will das Schwert aus dem Besitz des kopflosen dämonischen Reiters loswerden, Totes Pferd will sein Arsenal aufstocken und Blm… Blm verfolgt seine eigenen düsteren Pläne und hat seit kurzem zwei Gehilfen in seinen Machenschaften: Mihilid und Ste.
Beide sind als Waisekinder aufgewachsen, beide sind Naturtalente in ihren jeweilen magischen Fähigkeiten und sie beide sind anfällig für die Romantik von Geschichten und Liedern. Ideale Opfer für die Reize des Gnoms.
Und sie sind nicht die einzigen, die über die Erzählungen, die sich um die Gruppe ranken auf sie aufmerksam werden. Als Wildfire und Totes Pferd ihren Geschäften bei einem örtlichen Waffenhändler nachgehen, erregen sie mit ihrer Erscheinung und ihrer Ausrüstung schnell Aufmerksamkeit unter den versammelten Kriegern der Stadt. Verteidiger des Eiswindtals, Bezwinger von Dämonen, auserwählte Champions eines Orakels, die Liste der Titel, die der Mannschaft der Furienwind angehängt wird wird mit jedem Wort das sie sprechen länger. Und sie trägt Konsequenzen mit sich: Niemand will Wildfire das Henkerschwert abkaufen, aus Angst sich den Zorn des ursprünglichen Besitzers zuzuziehen. Unsere Helden werden gewarnt, dass sie sich unvorstellbar mächtige Feinde zugezogen haben.
Doch noch bevor sie sich darüber den Kopf zerbrechen können, müssen sie erst einmal entscheiden wohin ihre Reise als nächstes führt. Mit den Reliquien in ihrem Besitz haben sie die Möglichkeit den König der Sturmriesen aufzusuchen. Totes Pferd besteht darauf nach Süden weiter zu segeln, nach Cormanthor, wo sein verloren geglaubter Waffenbruder auf ihn wartet. Zweifel und Unbehagen legen sich über die Gruppe wie eine Wolke, bis Kisa’ana dem Kapitän vorschlägt, mit ihr die Smaragdgrüne Enklave zu besuchen. Abergläubisch wie er ist, ist Totes Pferd sofort bereit, sich spirituelle Hilfe bei seinen Entscheidungen zu holen und er folgt ihr zusammen mit Wildfire zu den Druiden im Schatten von Großvater Baum.
Bei ihrer Rückkehr ist der Kurs klar: Es geht nach Cormanthor, an die Westgrenze des alten Waldreiches, nach Shadowdale. Dort, so wurde ihm gesagt, würde er finden was er suche. Unsere Helden nehmen Abschied von der Stadt der Wunder, hissen die Segel und fliegen auf ihrem Luftschiff los nach Süden. Unterwegs bringen Blms neue Lehrlinge auch ihre magischen Fähigkeiten zu Tage. Mihilid stellt sich als eine Abart der Natur heraus, in ihren Adern fließt sowohl drakonisches Blut als auch wilde Magie. Stes Magie ist nicht so einzigartig, aber nicht weniger beeindruckend: Schon mit seinen jungen Jahren zeigt er eine Beherrschung von Druidenmagie, wie sie manch voll ausgebildeter Akolyth noch nicht besitzt. Darüber hinaus haben scheinbar sowohl Kisa’ana als auch Totes Pferd gefallen an dem Burschen gefunden, während der Fahrt weisen ihn die beiden ins Bogenschießen und in den waffenlosen Nahkampf ein.
Die Reise nach Shadowdale ist prekär. Eine Gewitterfront, ein halbes Dutzend Mantikore und die berüchtigte todbringende Anauroch-Wüste liegt zwischen Silbrigmond und dem Ziel unserer Helden. Aber Kapitän Totes Pferd führt die Mannschaft mit Zuversicht durch alle Gefahren auf dem Weg. Denn der Kapitän ist ein frommer Mann, und gottesfürchtig wie er ist hat er vor der Abreise seiner Göttin Umberlee eine Opfergabe dargebracht. Nicht lange nach ihrer Abreise wird unweit der Mondbrücke ein Kadaver ans Ufer des Rauvin gespült, halb von Fischen zerfressen und mit Abdrücken um den Hals, die Zeigen dass der Mann mit Gewalt unter Wasser gezwungen und ertränkt wurde. Die Fischersleute auf dem Rauvin identifizieren die Leiche als einen der ihren, ein Fischer der seit der Abreise der Outbreaks als vermisst galt. Umberlee liebt Fischersleute und Totes Pferd, fromm wie er ist weiß das, also hat er ihr einen Fischer geschenkt.
Seit dem die Gruppe das Orakel befragt und damit Allvaters Auge hinter sich gelassen haben ist gerade erst ein Tag vergangen und schon finden sie die nächste Etappe ihrer Reise, den Wyrmruhtempel, einst bloß eine religiöse Pilgerstätte, nun die Heimat von Wyrmbluts Stamm von utgarder Wilden.
Als selbsternannter Kapitän des Luftschiffes, das ihnen von den Anhängern des Klauth gebracht wurde ruft Totes Pferd seine „Mannschaft“ zur Strategiebesprechung zusammen.
Das Erreichen des Tempels
Im Angesicht des riesigen Tempelkomplexes, der da vor ihnen den tückischen eisigen Abhang überschaut ist selbst der kampfwütige Elfenkrieger ist zur Abwechslung dazu geneigt, die Sache subtil anzugehen. So sehr es ihn auch danach drängt die Tempelfestung zu stürmen, den barbarischen Abschaum abzuschlachten und all ihre Schätze davon zu tragen, alle sind sich einig dass sie so nie das Artefakt finden, geschweigedenn es lebend erreichen können.
Es wird schnell entschieden: Kisa’ana wird mit den Drachenakolythen an Bord zurückbleiben und von der Luft aus Ausschau nach fliegenden Feinden halten: Wolkenriesen, ihren Greifen, Mantikoren, und nicht zu vergessen geringere Drachen, die mit dem Dracolich Klauth verfeindet sind und sein Gefolge aus reinem Prinzip angreifen würden.
Das Luftschiff soll außer Sichtweite des Tempels selbst vor Anker gehen und eine Landungsmannschaft – bestehend aus Blm, Ryan, Totes Pferd und Wild Fire – werden sich dem Tempel zu Fuß nähern und auf friedliche Weise Eintritt ersuchen.
Und entgegen aller Erwartungen gelingt der Plan sogar!
Der Eingang des Tempels
Nachdem der schwierige Aufstieg mit Hilfe von cleveren improvisierten Kletterwerkzeugen und etwas Magie bewältigt ist, treffen sie den scheinbaren Wächter des Tempels, eine Art Priester, oder was immer bei den Barbaren als Priester hinhalten muss mit dem Namen Silberschlange. Nach einer etwas holprigen Vorstellung gelingt es der Gruppe, allen voran Wild Fire, den man einfach sympathisch finden *muss* die Barbaren davon zu überzeugen, dass es sich bei ihnen nur um harmlose Händler handelt, die den Großteil ihrer Waren in der Eiswüste verloren haben.
Und um ihren guten Willen zu beweisen, bietet der gute Wild Fire ihnen sogar seinen persönlichen Bestand von Rauschkraut als Handelsware an. Wenn sie schon das freundlich-naive Auftreten nicht überzeugt hat, dann hat dieses Geschenk für Silberschlange und seinen Stamm den letzten Anstoß gegeben, die Gruppe wird herzlich im Wyrmruhtempel willkommen geheißen und sogar sofort ins Heiligtum geführt.
Andere Völker, andere Rituale
Vor ihnen präsentiert sich eine gewaltige Kammer, die tief in das Eis gehauen wurde, die Wände um sie herum und sogar der Boden unter ihren Füßen geziert von Darstellungen ihrer Stammesgötter- eine Rasse gefiederter Schlangen, die ihr Volk in diesem Tempel vor allem Unheil schützen – solange sie durch Blutopfer beschwichtigt werden.
Unsere Helden, die inzwischen sehr mit Totes Pferds Menschenopfer an Umberlee und Blms Angewohnheit, die gefallenen Toten zu seinen Dienern zu machen vertraut sind sind durch diese Offenbarung nicht so verstört, wie es die meisten Menschen vielleicht wären.
Das gesuchte Relikt
Ihre Aufmerksamkeit liegt stattdessen auf zwei anderen Dingen. Zum einen die Tatsache, dass die Bevölkerung des Tempels scheinbar ausschließlich aus Frauen, Kindern und Greisen zu bestehen scheint. Silberschlange macht keinen Hehl daraus, wenn er danach gefragt wird. Unter der Führung von Wyrmblut als Häuptling musste der Stamm in seinen zahlreichen Fehden mit den anderen Utgardern – allem voran dem Elchstamm – schreckliche Verluste hinnehmen, was die Blutopfer an ihren Wyrmgott um so kostspieliger macht.
Das andere, das ihre Aufmerksamkeit auf sich zieht ist der zeremonielle Gong, den die Schamanen des Stammes in der großen Altarkammer für ihr Ritual benutzen. Eine mächtige Konstruktion von gut 5 Metern durchmesser, aus solidem Bronze gegossen und mit Drachenschuppen übersäht, an einer Seite sind noch die Überreste von Halterungen zu erkennen, an denen einst Lederriemen zum Tragen befestigt gewesen sein könnten.
Keine Frage, dieser Gong ist das Schild der Frostriesen, das sie suchen.
Die göttliche Begegenung
Als sich die Gruppe dem Altar weiter nähert, um das Schild näher zu begutachten – wobei bei manchen Gruppenmitgliedern mehr Augen für die beiden Schamaninnen haben, die da wild im Schatten des Altars tanzen – beginnen Blm und Totes Pferd eine fremde Stimme in ihrem Kopf zu hören.
Die Stimme verlangt nach einem Beweis für den Tod von Wyrmblut.
Ausgerechnet Totes Pferd, der sonst immer der erste ist, die Götter beschwichtigen zu wollen stellt sofort klar: Die Trophäen, die er von Wyrmblut genommen hat gehören ihm und er wird sie nicht abgeben. Erst als ihm -und vor allem Blm – dafür eine Belohnung in Aussicht gestellt wird lässt er sich sehr widerwillig dazu überreden. Er ist bereit einen kleinen Fetzen und nicht mehr von der Haut des weißen Wyrms, der Wyrmblut im Kampf zur Seite stand dem Coatl zu opfern.
Die Gunst eines Gottes
Die Stimme antwortet, sie sollten sich eine Belohnung aussuchen. Gesagt getan, die Gruppe zeigt geschlossen auf den Gong, der neben dem Altar steht.
Vor ihren Augen erscheint eine feurige Gestalt, nichts geringeres als ein lebendes Abbild der gefiederten Schlange, die beiden Schamaninnen in ihrem Tanz verfallen praktisch in Extase als die Kreatur erscheint und ihre Runde durch die Kammer zieht, für einen Moment sieht es so aus, als müssten sich unsere Helden dem Gott des Tempels höchstselbst stellen, wenn sie das Schild zurückbringen wollen.
Doch schon zum zweiten Mal werden sie an diesem Tag angenehm überrascht. Die Stimme in ihren Köpfen versichert ihnen ihr Wunsch ist gewährt, der Schild gehört ihnen.
Aus einem Impuls heraus, ob aus Dank an den Gott oder einfach aus reiner Erleichterung tritt Totes Pferd zum Altar vor und bringt ein weiteres Opfer – eine Auge von Gruumsch, eine Trophäe, die er damals in der Verteidigung von Bryn Shander einem toten Ork abgenommen hatte. Der Gott des Tempels scheint für Gruumsch und seine Anhänger genauso wenig übrig zu haben wie Totes Pferd, denn mit einer kurzen Stichflamme verschwindet das Amulett in der Opferschale und an seiner Stelle liegen ein beachtlicher Haufen Edelsteine, dazu eine geschlossene Glasphiole, die von der Stimme in seinem Kopf als Trank der Verkleinerung beschrieben wird.
Nachdem sie nun also die Gunst des Gottes gewonnen haben machen sich unsere Helden an das, was sie zunächst nur als Tarnung für ihre Anwesenheit im Tempel ersonnen hatten: Sie handeln mit den Bewohnern. Vorallem Blm macht einen Rieseneinkauf, am Ende bleibt der Gruppe nichts anderes übrig, als die Ladung an Kisten und Vorräten, die sich der Gnom gekauft hat auf das Riesenschild zu laden und das ganze wie eine Rodel zu transportieren.
Kampf am Rande des Geschehens
Nach dem heutigen Tage sind die Gruppe zum ersten Mal seit langem wieder frohen Mutes und voller Selbstsicherheit. Nicht einmal ein Überfall durch drei junge Remoren auf dem Weg zurück zum Schiff kann sie aufhalten, eine wird kurzerhand von Wild Fire durch einen Einsatz des Zauberwürfels wegteleportiert, eine andere wird unschädlich gemacht indem Totes Pferd ihr den Verkleinerungstrank in den Rachen schiebt und sie damit auf harmlose Größe schrumpfen lässt und die letzte fällt einfach der geschlossenen Kraft von Schwert, Speer und Magie zum Opfer.
Eines der sechs Riesenrelikte ist erstanden, der Segen eines Gottes ruht auf ihnen und mit dem Luftschiff des Drachenkultes in ihrem Besitz gibt es nichts, was sie auf ihrer Reise aufhalten kann.
Das nächste Ziel: Silbrigmond, und das Horn der Steinriesen.
Aus dem Portal ausgespuckt fanden sich die Helden in einer Einöde unter freiem Himmel wieder, Eis und Fels in alle Richtungen bis zum Horizont. Nur ein einziges Merkmal erhebte sich vor ihnen aus der trostlosen Landschaft: Ein Turm aus blankem Eis.
Weder Harshnag noch Beldora konnten sich ausmalen, wie sie in diese Situation geraten waren, aber in den argwöhnischen Köpfen der Helden formten sich bereits mehrere Vermutungen. Und alle davon waren sich darin einig dass jemand ihre Reise sabotiert hatte. Was immer hier von Statten ging, ihr einziger Anhaltspunkt war der Turm. Und die bedrohliche, riesige Doppelflügeltür am Ende der eisigen Treppe.
Blm und Totes Pferd machten den Vortritt und wurden an der Tür sofort von einem Paar außergewöhnlicher Hausdiener begrüßt:
Acht Meter groß, bewaffnet mit einer Axt aus dem selben blanken, messerscharfen Packeis aus dem der Turm bestehen zu schien, mit einem Gesicht wie eine Remora und in massiven Platten aus geschwärztem Stahl gehüllt. An seiner Seite, oder besser gesagt in seinem Schatten ein blauhäutiger bärtiger Mann, zwar von menschlicher Statur, mit mehreren menschlichen Schädeln behangen.
Der Anblick allein genügte um die Gruppe geschlossen in Kampfbereitschaft zu versetzen. Einzig Totes Pferd suchte Schutz in den Regeln der Gastfreundschaft, stellte sich vor und fragte, ob er es denn mit den Herren des Turms zu tun hatte. Als er gesagt bekam, dass die beiden Gestalten an der Tür nur im Dienste der Dame des Hauses waren, verfiel er augenblicklich wieder zurück in seine alten Muster und verlangte sie sollten sie gefälligst holen, es war unter seiner Würde mit Dienern zu sprechen. Die nächsten paar Minuten des Gesprächs lässt sich kurz fassen, Totes Pferd und der blauhäutige Kleriker warfen sich gegenseitig kaum bis überhaupt nicht verhüllte Drohungen an den Kopf und Blm und Totes Pferd, die am nähesten an der Tür standen wurden von magischem Eis an Ort und Stelle festgehalten, es sah so aus als würde tatsächlich ein Kampf ausbrechen, bis man es schaffte sich draußen vor dem Turm zurückzuziehen und sich zu beraten.
Die Gruppe kam zu zwei Möglichen Schlüssen, wie sie in diesem Schlamassel gelandet waren und keiner von beiden verhieß Gutes. Jemand hatte das Portal zu Allvaters Auge manipuliert um sie vor die Tür der Eishexe zu schicken. Entweder, weil derjenige hoffte, dass die Eishexe sie töten würde, oder dass sie die Eishexe töteten. Oder beides.
Wie schon so oft war die Gruppe gespalten, was nun am Besten getan werden sollte. Blm, immer die Stimme der Vernunft, war dafür den Turm zu stürmen, die Hexe und ihre Diener zu töten und sich mit welchen Schätzen sie auch immer bei sich hat davon zu machen. Totes Pferd war der Meinung, man könne mit der Herrin des Turms verhandeln, immerhin sollte sie ja eine Elfe sein und mit Elfen lässt sich immer vernünftig reden und Wild Fire, der mehr und mehr Bewunderung an dem alten Elfenkrieger zu kultivieren schien, schloss sich seiner Meinung an. T’irassshalae hingegen, wie es ihrer Art entspricht war dafür möglichem Ärger aus dem Weg zu gehen und den Turm so weit wie möglich zu umgehen.
Es wurde diskutiert, gedroht, becirct und bestochen, aber bevor die Gruppe zu einem Schluss kam, ergriff die Herrin des Hauses das Wort: Ein übernatürlicher Nebel legte sich über die versammelten Helden und aus der Kälte und der Düsternis erschien das Gesicht der Eishexe, schrecklich und zugleich wunderschön.
Wie sich herausstellte waren die schrecklichen Gerüchte, die Harshnag und sein Volk über die Eishexe gehört hatten und ganz und gar nicht gerechtfertigt. Nach einem Austausch von höflichen Grüßen mit Totes Pferd war die Herrin des Turms mehr als gewillt, unseren Helden den richtigen Weg zu weisen. Sie war sogar so sehr von der Präsenz und dem tiefgreifenden, wenn auch etwas altmodischem Kavaliersverhalten von Totes Pferd so angetan, dass sie ihm eine Prophezeiung machte: Er würde den lang totgeglaubten Waffenbruder, den er schon über so viele Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg suchte schon sehr bald wiedersehen. Doch sie warnte auch, dass zuvor noch viele Gefahren bestanden werden müssten.
Nachdem sich der Nebel gelichtet hatte folgten unsere Helden den Weisungen der Hexe und zogen weiter durch die Eiswüste. Im Schatten einer zerklüfteten Felsformation schlugen sie ihr Nachtlager auf. Trotz der Kälte und der Einsamkeit wieder etwas munterer und optimistischer Gestimmt wurden nun Geschichten erzählt, Fleisch gebraten, Met getrunken und Lieder gespielt. Die Helden waren sich dank der Kundschafterfähigkeiten von Tiras’shalae über die umliegenden Gefahren bewusst – oder glaubten dies zu mindest – gedachten ihnen aber nicht weiter. Sie waren eine große Gruppe und hatten ein loderndes Feuer, wilde Tiere würden sich nicht in ihre Nähe wagen.
Womit keiner rechnete war, dass es jemand aus dem Herzen der Hölle aus auf die abgesehen hatte.
Ein kopfloser dämonischer Ritter, beritten auf einem höllischen Ross mit Hufen aus glühendem Eisen und Feuer das aus den Nüstern stob fiel über ihr Nachtlager herein und zog eine Schneise aus Asche und Angstschreie hindurch. Beldora, bisher ihre Führerin in der nördlichen Wildnis wurde auf einem Schlag zur bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. Harshnag der Riese wurde vom finsteren Gelächter der Kopflosen Erscheinung in Panik versetzt und blieb wimmernd und angsterfüllt im Schnee sitzen. Totes Pferd wollte den Bann des Geistes brechen, in dem er ihn vor den Augen seiner Begleiter demütigte, indem er ihn von der Nachtmahre herunter stieß und selber im Sattel aufsaß, doch das Höllenross ging mit ihm durch und hätte dem Krieger beinahe das Genick gebrochen, als es ihn abwarf.
Es war ein furioser Kampf, eine Kakophonie von Stahl, Feuer und Magie schallte durch die eisige Nacht wieder, bis der Reiter schließlich in die Knie gezwungen war. Wieder hätten unsere Helden um ein Haar ein klägliches Ende gefunden und wieder hatten sie triumphiert. Reiter und Nachtmahr lösten sich in Luft auf und zurück blieben nur seltsame Schätze, Münzen die so heiß glüten, dass sie Löcher in den Schnee brannten, ein Ring, der Blm einen Finger kostete als ihn ansteckte… und das Schwert des Angreifer, mit der Spitze voran im Eis eingebettet zu den Füßen von Totes Pferd.
Der Sieg über den Nekromanten war hart erkämpft, aber der Preis war es wert, das Portal zurück an die Oberwelt stand offen, nun galt es nur noch es richtig auszurichten und zu aktivieren. Zu diesem Zweck teilte sich die Gruppe in zwei Lager, zum einen die Herren (und Dame) Gelehrten, bestehenden aus Nashazar, Thoringal und Nanay setzten sich gemeinsam daran, das Rätsel zu lösen, was den restlichen dreien, Grumpf, Blm und Totes Pferd Zeit gab sich noch einmal alle Räume des Gewölbes genauer anzusehen und nach Schätzen zu suchen – sie würden nach all den Qualen und Prüfungen bestimmt nicht ohne Beute fortgehen!
Kurzerhand die Überreste des Nekromanten und seines Wachschleims geplündert machten sich das Trio also auf, angeführt von Blm und seiner Fähigkeit zum Entdecken von magischen Gegenständen.
Der erste Abstecher führte sie in die Kleiderkammer des Gewölbes, auf der Suche nach Ersatz für ihre von Feuer und Säure zersetzten alten Lumpen, in denen sie ohnehin schon viel zu lange unterwegs waren. Hier schlug Blms Fähigkeit auch das erste Mal an, eine Robe aus dem Wäschestapel, an sich ein schlichtes graues Ding aus Wolle glühte förmlich in den Augen des gierigen kleinen Gnoms. Aber Blm war natürlich intelligent genug, nicht einfach ein fremdes magisches Kleidungsstück einfach so überzuziehen, vor allem eins mit einem aufgestickten lachenden Totenschädel.
An dieser Stelle möchte ich die Erzählung kurz unterbrechen, um uneingeweihte Leser eine kleine spielmechanische Eigenheit von Dungeons and Dragons zu erklären. DnD-Charaktere haben zwei getrennte, aber gleichwichtige Attributwerte um zu beschreiben wie schlau sie sich verhalten sollten: Intelligenz und Weisheit. Intelligenz beschreibt die Fähigkeit abstrakt zu denken, Probleme zu analysieren und eine Lösung zu finden. Weisheit beschreibt die Fähigkeit, die umgangsprachlich als „gesunder Menschenverstand“ bezeichnet wird, das frühzeitige Erkennen und Vermeiden von Problemen bevor sie zu Problemen werden können.
Einer dieser beiden Attributwerte ist auf Blms Charakterbogen sehr viel höher eingetragen als der andere. Wenn ihr richtig ratet, bekommt ihr einen virtuellen Keks.
Als nächstes fand folgendes Gespräch statt, das euer bescheidener Erzähler in gekürzter Fassung festgehalten hat:
„Heast Grumpf gib dir das, da is ein Totenschädel oben.“
„Waa saugeil, gib her oida.“
Kaum wurde der verzauberte Stoff über den massiven Körper des orkischen Faustkämpfers gespannt, setzte auch schon die tückische Magie die darauf lag ihre Wirkung ein. Grumpfs Sinne wurden getrügt, seine Kameraden nahmen vor seinen Augen die Gestalt seiner verhassten Widersacher an und Grumpf tat sofort, was er am besten kann.
Einen kurzen, aber brutalen Kampf später, bei dem nicht nur Fäuste, Kniee und Klingen, sondern auch Tische, Bänke und nicht zu vergessen ein Gnombarde als Waffe eingesetzt wurden, lagen Totes Pferd und Blm außer Gefecht gesetzt da und der immer noch verzauberte Grumpf marschierte davon, auf der suche nach seinen „Freunden“.
Durch ein Wunder schafften sie es den Ork lange genug in Schach zu halten, bis Blm und Totes Pferd sich von der Prügelei erholt hatten und die Szene erreichten.
Es brauchte einen kurzen, verwirrenden Diskurs, aber letztendlich wurde die Situation geklärt und Grumpf von der verzauberten Robe befreit. Aber der Verantwortung tragende Barde schaffte es irgendwie schon zum zweiten Mal in viel zu kurzer Zeit seine Kameraden zu überzeugen dass ihn keine Schuld traf.
Nach diesem kurzen, wenn auch brutalen Intermezzo machte sich die Gruppe also endlich auf, das Unterreich zu verlassen. Ihr nächstes Ziel: Irgendwo in den nördlichen Königreichen, so viel war klar. Denn in den Taschen des Nekromanten hatten sie eine interesannte Karte gefunden…
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