Meine liebste Bonni,
ich weiß, dass du es nicht magst, wenn ich dich so nenne, aber wer weiß ob du das hier überhaupt zu lesen bekommst.
Vor einer ganzen Weile, tatsächlich weiß ich gerade nicht genau welchen Tag wir haben und wie lange ich nun schon unterwegs bin, habe ich unser Heim verlassen. Auch wenn ihr alle schon mehr oder weniger ausgezogen seid um mit euren Familien zu leben und es nicht neu ist, ohne euch zu sein hätte ich nie gedacht, dass ich euch alle so sehr vermissen würde. Aber vor allem vermisse ich dich und mit dir reden zu können. Über alles was mir passiert ist. Wen ich getroffen habe und verloren.
Und ja, du hattest recht. Natürlich musste es ein Mensch sein, der mir mein Herz raubte. Leider war ich für ihn … zumindest anfangs nicht mehr als eine weiter Frau, die er um den Finger gewickelt hatte… doch er änderte sich. Ich wollte nicht sehen, wie manipulativ er war. Wollte nicht sehen, dass er mich von den anderen Mitreisenden, meiner zweiten Familie, wegtrieb. Er sagte und tat Dinge, die ich ursprünglich von ihm wirklich hören wollte, doch weiß ich nicht, ob er es ehrlich meinte oder mich einfach nur für sich wollte.
Doch in der Zwischenzeit war jemand anderes zu der Gruppe gestoßen. Jemand der mich offenbar interessant fand, jedenfalls fragte er mich Dinge. Nicht nur so banale wie „wie geht es dir“ oder ähnliches. Nein er hatte tatsächliches Interesse an mir, meiner Familie, mich.
Und ja, auch er ist ein Mensch. Und ich weiß wie unser Vater, beziehungsweise unsere ganze Familie zu anderen Rassen steht, aber ich will mit diesem Mann wirklich zusammen sein. So lange wie wir können.
Ich schweife ab. Eigentlich wollte ich dir auch von den Anderen erzählen. Und du glaubst nicht, wer mit mir reißt. Eine Drachengeborene.
Hara!
Sie ist eine wirklich gute Freundin geworden. Und ich wüsste nicht wo wir wären, wenn sie nicht so wortgewandt wäre. Aber sie kann auch, wenn sie muss und möchte, still sein und dich oder wen anders hinterrücks… sagen wir erschrecken? (Du weißt, wie Connak)
Dann haben wir einen Dunkelelfen dabei. Tebaun (ja, ein Titel, ich weiß)
Er wirkt oft distanziert, verschlossen und zurückgezogen. Er hat sicher viel von damals zu erzählen (ach hätte ich doch im Unterricht mehr aufgepasst). Filyerel könnte einige seiner Geschichten sicher gut weitertragen und in seine Musik einbauen. Außerdem ist er ein guter Kämpfer und kein schlechter Heiler.
Glaub mir, zurzeit sehne ich mich nach deinen Kräften. Die wären hier wirklich, wirklich nützlich.
Und dann ist da noch Theo. Der Mensch. So interessiert in alles und neugierig. Auch wenn er sich manchmal in seinen Gedanken verliert oder ausschweifend erzählt, er ist einfach … Theo. Iandan und er sind sich, jedenfalls was das Interesse an Büchern, deren Inhalt und Zauber angeht, irgendwie ähnlich.
So, jetzt sollte ich vielleicht anfangen, dir zu erzählen, was wir schon erlebt haben, aber das steht in den Briefen an Meemaw und so mache ich es nur kurz.
Alles was du jetzt nicht verstehst, werde ich dir (hoffentlich persönlich) erklären.
Also:
Wir wollten die Kinder aus den Händen der Werwölfe befreien.
Dazu brauchten wir aber mehr Informationen und diese gab uns Zuleika (auch ein Werwolf, aber da wir ihr geholfen hatten und ihr Hilfe bei ihrem Problem anboten, war sie relativ freundlich). Wir wussten, dass wir ein Ablenkungsmanöver brauchten und das am besten außerhalb der Höhle, damit die Anderen dann die Kinder ungesehen aus dem Bau befreien konnten.
Leider wurde schnell klar, dass als Ablenkung nur eine Art Herausforderung, ein Kampf in Frage kam. Natürlich war es Tebaun, in seiner guten Art (oder dämlichen?), der sich freiwillig für diese Aufgabe meldete. Was wir erst später erfuhren war, dass er sich dafür beißen lassen müsste. Er musste also auch zum Werwolf werden um ein Kontrahent sein zu können.
Selbstverständlich war ich total dagegen und hatte auch wirklich gute Argumente warum und weshalb, aber leider konnte ich ihn nicht umstimmen und auch Theo, als wir uns später darüber unterhielten, war eigentlich dagegen, doch Tebaun war nicht umzustimmen. Einen so sturen Elfen hab ich selten gesehen, neben Vater natürlich.
Leider kann ich dir weder von der Herausforderung noch von der Rettungsaktion wirklich viel berichten, da ich bei beiden nicht anwesend war.
Die Kinder haben Hara und Theo befreien können. Sie haben mir nur wenig drüber erzählt, aber es war auch besser so. Mir hat es schon gereicht wie zerschunden und abgekämpft sie aussahen. Ich glaube einige haben Tagelang nichts zu Essen bekommen. Sie wirkten verängstigt und wir hatten wirklich gut damit zu tun, dass sie mit uns kamen. Auch wenn ich beruhigend auf sie wirken konnte. Es war einfach nur ein grausiger Anblick.
Wir brachten sie in der Nähe in Sicherheit.
Hara und ihre beiden Begleiter blieben bei ihnen, versorgten sie mit Essen und Theo und ich gingen dann zurück zu der Höhle.
Wir mussten zurück zu Tebaun. Zwischenzeitlich konnte ich immer wieder Wolfsgeheul hören und es jagte mir doch einen Schrecken ein, da wir nicht wussten, ob er noch leben sein würde oder ob er eine Niederlage einstecken musste.
Wir beeilten uns und kamen auch recht zügig wieder bei dem Bau an wo und sofort der große Wolf am Eingang auffiel. Glücklicherweise musste ich mich ihm nicht ganz nähern um zu erkennen, dass er noch lebte.
Tebaun fanden wir im Inneren, und es wirkte so, als ob er sich feiern lassen würde. Er hatte die Herausforderung also für sich entschieden. Er sah abgekämpft, angestrengt und konzentriert aus. Theo wollte ihm sogleich von diesem „Fluch“ auf magische Weise befreien, doch er lehnte es ab. Schlimmer sogar. Als Theo seine Hand nach ihm ausstreckte, griff er ihn an. Ohne Vorwarnung.
Auch wenn wir beide wussten, dass er nicht er selber war, machte es uns Sorgen. Tebaun wollte, dass wir ihn zunächst zurücklassen. Jedenfalls solange bis die Nachfolge geklärt ist. Zähneknirschend mussten wir dem leider zustimmen. So wie er jetzt war, war er eine zu große Gefahr.
Also machten wir uns ohne ihn auf den Weg. Zunächst zurück zu den Kindern und gemeinsam mit ihnen auf, Richtung Kresk.
Auch wenn wir wussten, dass nicht alle Kinder von hier kamen, hofften wir, dort für sie ein zu Hause zu finden, bis wir sie in ihre eigene Heimat, zu ihren Eltern und Familien, schicken können.
Momentan liegen die Kinder hier in der Hütte von Theo und schlafen. Es hat gedauert sie zu beruhigen, aber nun ist Ruhe eingekehrt. Nur das eine kleine Mädchen hat sich im Halbschlaf auf meinen Schoß gesetzt und schläft dort nun. Darum verzeih mir auch meine Handschrift.
So, nun hoffe ich, dass wir morgen den restlichen Weg ins Dorf ohne weitere Probleme schaffen werden und uns die Einwohner und der Bürgermeister und ganz vielleicht auch der Abt weiterhelfen können.
Nun ist die Geschichte doch etwas länger geworden, aber ich werde dir wieder berichten.
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