Schicksal auf Abwegen
Normalerweise würde ich damit warten, meine Aufzeichnungen zu ergänzen und meine Gedanken zu sortieren. Aber ich habe das Gefühl, dass heute noch einiges geschehen wird bevor ich dann wichtige Details vergesse, habe ich mir gedacht schon einmal mit der Niederschrift zu beginnen. Außerdem erhoffe ich mir etwas Klarheit durch die Rekapitulation, des bisher Geschehenen. Falls ihr, mein Meister, diese Zeilen jemals lesen solltet, möchte ich nur kurz festhalten, dass nicht einmal eure Lehren über die verschiedenen Existenzebenen so verwirrend war, wie die Erkenntnisse, die ich durch meine neuen Freunde gewinne. Aber ich schweife schon wieder ab und ihr habt mir beigebracht, dass es wichtig ist sich auf die wichtigen Punkte zu konzentrieren.
Der Tag fing heute schon sehr außergewöhnlich an. Ich hatte mir eigentlich versprochen, dass unsere kleine Zweckgemeinschaft durch meinen neuen Zauber zu einer Möglichkeit gelangt war, sich komplett von den Gefahren dieses Landes abzuschotten und in Ruhe zumindest die Nächte zur Erholung nutzen kann. Damit scheinen Kräfte in diesem Land oder gar das Land selbst nicht Einverstanden zu sein. Als wir erwachten, warteten nämlich schon ein gutes Dutzend Wölfe auf uns. Die Canis Lupus, die uns dank der arkanen Effekte meines neu erlernten Zaubers nicht hätten wittern können, nahmen uns und jede einzelne unserer Bewegungen dennoch wahr. Wir bereiteten uns schon auf eine Auseinandersetzung vor und als sich meine Magie auflöste, dachten wir, dass sie sich auch sofort auf uns stürzen würden. Allerdings blieb der Angriff aus und die Tiere zogen sich genauso unverhofft, wie sie auftauchten, wieder in den Wald zurück.
Sehr erstaunt, aber mindestens genauso erleichtert, traten wir nun unseren weiteren Weg auf der Suche nach dem Weingut an. Glücklicherweise, hörten wir nach einigen Minuten auch schon ein uns bekanntes Geräusch. Es war Maduin, der mit seinem außergewöhnlichen Gefährt hinter uns auf der Straße fuhr. Als wir dann aufeinander trafen, war die Freude mancher, allerdings auch die nicht so positiven Gefühle anderer, klar spürbar. Maduin selber schien aber nur Verwunderung hervorbringen zu können. Durch eine unglückliche aber auch höchst interessante Kombination von Ereignissen, wusste er nämlich noch nicht, dass Yggdra zurückgekehrt war. Seine Freude wurde durch seine Unwissenheit allerdings nicht gebremst und so rannte er zu Yggdra und umarmte ihn, wie einen Freund, den er jahrelang nicht sehen durfte.
Nach der kurzen Begrüßung und einer kleinen Uneinigkeit, mit was für Mitteln des Transportes wir unseren Weg nun gemeinsam fortsetzen wollten, berichtete uns Maduin nun auch von einer persönlichen Queste. Er hatte es sich selber auferlegt, der nächste Heilige dieses Landes zu werden und möchte daher eine Pilgereise unternehmen. Anscheinend hat er in Vallaki auch schon mit Vater Lucian darüber gesprochen, aber dieser konnte ihm nicht die gewünschte Richtung weisen. Allerdings wies er ihm die Richtung nach Krezk, in welcher ein Kollege des Vaters leben soll, welcher anscheinend in der Lage ist, ihn zu leiten. Er erhielt auch einen Brief von Vater Lucian, den er an genau diesen Kollegen überreichen soll. Natürlich bot der Großteil unserer Gruppe ihm unsere Hilfe an, aber diese schien er erst einmal kategorisch abzulehnen. Er will diese Aufgabe unbedingt eigenhändig erledigen und das machte er uns nach mehreren Minuten eines leicht gereizten Gespräches klar. Da unser Weg, den größten Teil der Reise, allerdings der Gleiche ist, stimmte er zu uns bis zu der entscheidenden Kreuzung weiterhin zu begleiten. Was sich später auch als gut durchdacht herausstellen sollte.
Aber als erstes führte uns unser Weg an eine andere Kreuzung. Schnell bemerkte Hara, dass der Wegweiser, welcher Reisende leiten sollte, in Mitleidenschaft gezogen wurde. Unser erster Gedanke war natürlich, dass er durch einen Sturm umgerissen wurde, aber das Fehlen einer Bruchstelle, brachte auf einmal andere Gedanken an’s Tageslicht. Da allerdings nichts zu finden war, dass uns gefährlich hätte werden können, entschieden wir uns den Wegweiser wieder aufzustellen und uns den neu gefundenen Spuren, die nach dem Wegweiser aus der Richtung eines Ortes namens Berez kamen, widmen konnten. Hara und ihre Begleiter kamen uns auch hierbei sehr zur Hilfe, da sie schnell erkennen konnten, dass die Spuren des Humanoiden und der… drei Gehstöcke. Wir wissen auch noch nicht genau, was es damit auf sich hat. Aber das ist auch nicht wichtig. Vor allem, da wir die Spur nach einem Marsch durch das Dickicht nach gut einer Stunde am Fluss verloren haben, den wir am Vormittag erst überquert haben. Wir fühlten unsere Wasservorräte noch einmal auf, ruhten ein paar Minuten und kehrten dann erschöpfter aber nicht weiser zum Ursprung unseres kleines Umweges zurück.
Leider sollte sich herausstellen, dass es mit unseren Anstrengungen an diesem schönen, barovianischen Tag noch nicht vorbei sein sollte. Allerdings habe ich schon eines über meine Begleiter gelernt: Sie können genauso stur sein, wie ich. Zumindest was ihr Durchsetzungsvermögen betrifft, die Schlechtigkeiten und Herausforderungen, die uns Barovia entgegenwirft, nicht nur hinzunehmen, sondern sich ihnen auch zu stellen und sie zu überwinden. Vielleicht ist es auch genau diese Eigenschaft, warum ich mich ihnen so ungewohnt verbunden fühle. Nicht jedem gleich und ich bin offen darüber, dass es auch mehr Fragen in mir aufwirft, als die es beantwortet. Aber ich bin mir sicher, dass wenn ich länger mit meinen neuen Freunden unterwegs bin, Tebaun mir mehr von seinen Traditionen zeigt, Hara mich weiterhin dabei unterstützt zu verstehen, wie mein Handeln die Leute beeinflusst, Maduin mich mit seiner Hingabe weiter insprieren sollte und Arabella mir das Verständnis schenkt, dieses Buch und die Hausarbeit, die mein Meister mir mit diesem auferlegt hat, endlich zu verstehen, dann werden meine Studien davon nur bereichert werden.
Und mit Ihnen zu Reisen, hilft mir eindeutig auch am Leben zu bleiben. Auch das stellte sich wieder schnell heraus, als wir in den nächsten Hinterhalt gerieten. Diesmal waren es drei der Schreckenswölfe, die angeführt von einer vermeintlichen spirituellen Führerin von wahrscheinlich natürlich basierter Magie, uns auf der Straße zum Weingut überfielen. Schnell wurde uns klar, das die Druidin, wie sie auf anderen Ebenen genannt werden würde, die größte Gefahr darstellte. Besonders, da sie die Hälfte unserer Gruppe mit einem Zauber der uns mit Ranken am Boden festsetzte, traf und unsere Kampfkraft damit drastisch verminderte. Zum Glück scheinen uns die Gegner, auf die wir treffen, immer wieder zu unterschätzen. Wegen dieses Fehlers und dem inzwischen doch langsam heranreifenden Geschick unserer Gruppe sich im Kampf zu unterstützen, konnten wir auch dieses Hindernis überwinden. Die Druidin floh und die Wölfe wurden alle besiegt. Weiterhin konnte ich meine praktischen Übungen ausbauen und habe Bekeas Nützlichkeit auch im Kampf beweisen können. Die Verbindung mit ihr ist stabil und unsere Verständigung funktioniert besser, als ich es bei meinem ersten Vertrauten erwartet hätte. Aber ich weiche vom Thema ab…
„So, das sollte erst einmal reichen. Die anderen wollen auch weiter und ich will sie ungern warten lassen. Ach, was erzähle ich da. Ich will nicht warten. Wen wir so weiter machen, kann ich mir noch nicht mal vorstellen, wie schnell meine Forschungen nur noch weitere Fortschritte machen sollen. Wer weiß, vielleicht hat Arabella ja heute Abend Zeit mir das Buch und seine tieferen Bedeutungen zu erklären…
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