Anhang 354 – Aufzeichnungen einer Reise (Shield of Light)
Tag 8
Der achte Tag. Ich sitze hier mit Arabella und beobachte das alte Wein-Anwesen der Wizards of Wine. Noch ist es nicht lange her, dass wir früh am Morgen auf dem letzten Stück des Weges von einigen der erwachten Reben angegriffen wurden. Noch immer bin ich über und über mit ihren Säften bedeckt. Und auch der übernatürliche Hunger, der mich am Anfang des Tages beschlich, ist nicht mehr von mir abgefallen. Doch was wir seitdem erlebten und erfuhren, vertieft nur das Bild, welches ich von diesem Land habe. Es ist kalt, unfreundlich und dient nur zum sadistischen Vergnügen einiger weniger. Wer immer hier tatsächlich herrscht, ist nicht besser als die gehasste Lil’xsa’us selbst. Und doch:
Deine überraschenden letzten Worte an mich gestern in der Nacht erwärmen nicht nur mein Herz, nein, sie verleihen mir eine ungeahnte innere Stärke. Ich werde diesen Kampf führen, stellvertretend für den, den ich bald mit dir in der Heimat führen werde, wo jeder von deiner Wiederauferstehung erfahren soll.
Doch zwangsgebunden fängt es hier an, denn der Mann, der so eilig auf uns zu rannte, um uns um Hilfe für seine Familie zu bitten, stellte sich als… Hexe heraus. Nur eine Illusion. Eine mir sehr bekannte, denn die Stimme, die sie begleitete, ist den Maelthra und mir bereits vor zwei Tagen in Verbindung mit einer vorgetäuschten großen Bestie auf der Jagd begegnet. Den wahren Besitzer des Weingutes fand ich beim Vorauseilen durch Ranken an ein Kreuz gebunden. Kaum noch am Leben doch dank einem Wort der Hoffnung erweckten sich seine Lebensgeister von Neuem. Durch das von dir erlernte Jagdgeflüsters, geliebte Jabbress, eingewoben in der leisen Melodie meines Gesanges, ließen die Reben ihn frei und gar unsanft fallen. Mitten in meinen Armen hinein. Es stellte sich heraus, dass der Mann tatsächlich eine Familie hatte und diese wahrscheinlich entkommen konnte. Verständlicherweise wollte er erstmal zu ihnen. Wollte zum Wald. Ich stützte ihn. Sprach ihm noch ein wenig mehr Hoffnung zu, um ihn seine Wunden zu versorgen und stellte zu meiner Überraschung fest, dass diese sich schneller schlossen, als sie es eigentlich hätten tun sollen nach dem was ich durch meine Kräfte gewohnt bin.
Ich sprach ihn darauf an, kassierte aber nur eine subtile Bedrohung. Ich denke er hat etwas zu verbergen, doch bin ich mir nicht sicher, ob das was er verbirgt zu unserem Schaden oder zu dem Schaden dessen ist, was dieses Land bedroht.
Nichtsdestotrotz werde ich ihn ausgiebig beobachten. Die Situation erinnerte mich auch daran die alte versteckte Unterarmbrust meines Vaters wieder neu zu laden. Das Misstrauen vertiefte sich, als wir zum Waldrand kamen und ich überraschenderweise zwei leichte und zwei schwere Fußabdrücke viel zu tief für zwei Kinder und einer Frau dort auf dem Boden entdeckte. Ich konfrontierte ihn damit und es stellt sich heraus, dass seine Nachkommen bereits etwas älter waren und auch er auch seinen Schwiegersohn dazu gezählt hatte. Wir fanden sie und die Lage entspannte sich. Fast töricht in meinem überspitzten Misstrauen kam ich mir vor. Und doch – etwas war hier ganz und gar nicht richtig. Es erinnert mich an etwas, etwas in Verbindung mit dir, Jabbress, doch muss ich dieses Gefühl erstmal beiseitelegen. Zu wichtig war, was folgte.
Nachdem wir uns alle zusammengesetzt hatten, wollten wir die Vorgänge hier im Tal besprechen. Die Erwähnung unseres Auftrages nach der Weinlieferung zu schauen, wurde durch ein kurzes Schnauben des jungen Alten quittiert. Er wusste sein Wein war Kestal, war Hoffnung für das Land, was meine Vermutungen darüber nur bestätigte. Doch störte ihn, dass sich wieder einmal nur alles um ihn drehte. Theo indes beschwor für die Familie einen sicheren Raum mit seiner Kuppel und stieß dann zu uns. Es fiel der Familie sofort auf, dass wir nicht aus diesen Landen stammten, und zu meiner Überraschung verwunderte dieser Fakt sie nicht einmal. Umso mehr erfuhren wir allerdings über die Situation in der die meisten von uns so überraschend geworfen wurden, als wir uns plötzlich hinter diesem Schleier befanden.
Wir erfuhren, dass die Bevölkerung Fürst Stradh niemals beim Namen nennen würde, denn angeblich bliebe dann kein Wort ungehört – Ist er ist vielleicht der unsere abendliche Unterhaltung stets belauscht? Wenn ja, muss ich schnellstens einen Weg finden, es zu unterbinden. Weiterhin erfuhren wir, dass er selbst zum Herrscher ernannt wurde. Dass die Druiden, die früher drei Naturgöttinnen, namens die Sucherin, die Weberin und die Jägerin folgten und im Kampf mit dem Fürsten lagen, jetzt für genau diesen, ihrer Vergangenheit beraubt, arbeiteten. Sie führten Krieg mit dem Weingut, dass sich wie schon gestern bei der Ankunft feststellbar, als ein kleiner Hort des Lebens in den sonst so kärglichen Landen entpuppte. Wir hörten so auch, dass die Hexe und die Druiden das Weingut schon seit einem Mondzyklus belagerten, aber erst vor 3 Tagen einen großen Angriff starteten. Kleinere Angriffe waren alle 1 – 2 Jahre zur Normalität geworden, doch dieser Angriff war anders. Und das Ziel waren die letzten bekannten Artefakte der Naturgötter. Im Tal vergrabene Steine, die das Land wieder fruchtbarer machten. Ein letzter Keim des Widerstandes und ein Symbol für alle Hoffnungslosen. Und einer dieser Steine verweilte noch hier, versteckt im Tal, frisch, aufgrund der Belagerung, aus dem Boden geholt, während ein anderer bereits vor langer Zeit gestohlen worden war. Er erzählte uns von vielen Quellen dieser Kraft zur Zeit der Göttinnen, doch davon waren nur diese beiden und 3 heilige Stätten übrig, in denen immer noch Kraft innewohne könnte, doch ihr Aufenthalt ist unbekannt.
Vielleicht können wir mehr über sie im Bernsteintempel erfahren. Theos alter Heimat. Und da ich von dem Los seines Meisters weiß und dieses in seiner Abwendung mir wegen und wie das Wohl aller der Gruppe am Herzen liegt und ich das Gefühl habe einigen der Gefährten sehen es genauso, wird er wohl eher früher als später ein Ziel unserer Reise werden.
Doch vorerst ist klar, wir müssen alles in unserer Macht stehende tun den Letzten der verbliebenen Steine vor dem Zugriff der Druiden und ihrer Meister zu beschützen. Ein Meister, der so wie man uns erklärte, das Land nicht verstand und es immer nur zugrunde richten würde. Auch wenn er selbst das Land sein solle – Ein Gedanke, der vieles erklären würde. Doch wie?
Nach der Erfahrung mit den Illusionen der Hexe ist uns allen klar, dass wir uns vor dieser Art der Magie schützen müssen, was zu einer regen Diskussion führte, einer sehr langen Ausführung von Theo über böse Zauber und Gegenzauber und schließlich zu einem regen Austausch unserer Kräfte. Schnell war klar, dass Arabella ihre Macht aus Angst jemanden erneut zu verletzen, zurückhält. Wir alle redeten ihr mal mehr, mal weniger einfühlsam zu. Versprachen ihr, dass wir sie in vollem Maße unterstützen würden, wenn sie die Kontrolle über ihre eigenen Kräfte verlieren würde. Sagten ihr, dass sie die Kräfte ja für ein höheres Wohl einsetzt. Ich versprach ihr sogar – und meine es aus vollem Herzen – dass ich jede Narbe, die ich in Bezug auf derlei aufopferungsvollem Verhalten davontrage mit Stolz zur Schau stellen würde. Doch schließlich brachen wir diese Diskussion ohne fruchtbares Ergebnis ab. Die Zeit rannte davon.
Als kurze Einweisung malte uns der junge alte Rivvil eine Karte seines eigenen Anwesens und verriet uns, wo er den Stein versteckt hielt. Hara machte uns den Vorschlag zu zweit in das Haus hineinzuschleichen, um ihn möglichst unbemerkt aus dem Schubfach des Schreibtisches im ersten Geschoss zu holen. Sie wählte Theo dafür aus, der anscheinend aus welchen Hintergründen auch immer, sich eine Expertise in Heimlichkeit zu eigen machte, indem er sich früher in seinem Tempel stets vor seinem Meister zu verstecken versuchte.
Mit diesem unreifen aber schnell gefassten Plan gingen wir los und ließen die Familie hier in der Sicherheit von Theos Kuppel zurück. Im Herzen mit der Hoffnung schnell genug zu sein und noch einen positiven Einfluss in diesem Überfall geltend zu machen. Arabella und ich blieben wie abgesprochen in Sichtweise des Hauses zurück als Theo und Hara direkt vor unseren Augen verschwanden – vermutlich einer dieser magischen Wirkungen Theos Praxis von denen er sprach.
Und so warten wir, mit einem Blick auf Bekea und lauschend nach dem Signal meiner Pfeife, die Hara bei sich trägt. Doch bisher tut sich nichts, dabei ist schon eine sehr lange Zeit vergangen. Und während meine Gedanken immer wieder zu dir abschweifen und ich die letzten Einträge in der Fall and Rise verfasse, fange ich mir an Sorgen zu machen.
Flohlu ku’nal usstan – udosstan – ehmtu linath.
Übersetzungen:
Lil’xsa’us – die Verbannte (Lolth)
Jabbress – Mistress (Geliebte/ Lehrerin)
Maelthra – Drache
Kestal – Hoffnung
rivvil – Mensch
„Flohlu ku’nal usstan – udosstan – ehmtu linath“ – „Ich folge treu meinem – unserem – eigenen Lied“
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