In den Höhlen der Löwen (The Legion of the Trusted)
Ein Hechtsprung in letzter Sekunde rettete Damil davor, Wühlerfutter zu werden.
Milo reagierte geistesgegenwärtig und warf ein Netz, klebriger, magischer Energie Richtung Höhleneingang, den er somit für eventuelle Nachzügler versiegelte. Sein Wurf war tatsächlich so gut, dass er den Wühler streifte und dieser sich trotz seines Blutrausches nur zäh fortbewegen konnte. Als die Truppe genauer hinsah, wurde klar, dass sie es nicht mit einer wilden, gefährlichen Bestie, als vielmehr mit einem armen Tier zu tun hatten, denn es war abgemagert genug, als dass die Rippen hervorstachen – an manchen Stellen sogar durch die Haut – und es hatte seine Klauen abgegraben, bis nur noch ein blutiger Stumpf vorhanden war. Schnauze und Stumpfe waren dabei von dem bereits bekannten, grünen Adernetz durchzogen und hatten es wahrscheinlich wahnsinnig werden lassen. Als Lyari seine zwergische Warnvorrichtung hochfrequent durch das Tal schallen ließ, wand sich das Geschöpf vor schmerz und versuchte nur noch weg zu kriechen, wobei es sich immer weiter in dem Netz verstrickte. Damil gab ihm schließlich den Gnadenschuss. Asconion und Milo wandten sich dem Adergeflecht zu, welches sie bisher noch nie an lebenden Wesen hatten untersuchen können und sahen förmlich zu, wie der Körper unter ihrer Beobachtung in kürzester Zeit von dem Geflecht seiner letzten Lebenskraft beraubt wurde und erst als er das Stadium einer zwei Wochen alten Leiche erreicht hatte, verblassten auch die Adern.
Die Zwerge, für die das alles in ihrem Heldenrausch zu schnell gegangen war feierten sodann den Sieg der Sicherheitsvorkehrungen der Höhle – die ja schließlich von ihren Vorfahren dazu erbaut worden war, Böses gefangen zu halten – und ergötzten sich an dem toten Riesenmonster, dem sie dann auch gleich mit ihren schweren Hämmern wieder und wieder den Rest gaben. Alles zu Ehren der Väter.
Xhorguls Frage, ob sie die Höhle denn nun betreten dürften wurde nur lachend abgetan, da ja wohl offensichtlich sei, dass das keine gute Idee war, wo die Höhle doch gerade dieses Gigantum getötet habe. Zwergenfallen die einen Schuss zwischen die Augen abgeben – ha! – das war die Baukunst ihres Volkes, eindeutig!
Verwunderte Ernüchterung zog für einen kurzen Moment in den Trupp ein, als die Höhle sich lediglich als kleine, eher natürlich anmutende Formation entpuppte, bei der die Rückseiten der schweren und unbeweglichen Steintore, welche sich jedoch in ihrer geöffneten Position nicht untersuchen ließen, das ungewöhnlichste war. Erst als Milo die Höhle unter magischem Blicke betrachtete eröffnete sich ihm der eingewebte Zauber, der mittels starker, offensichtlich klerikaler Magie etwas Böses versuchte in der Höhe zu halten. Auch sah er die Adern sich pulsierend über den Boden bis zum Buchständer ausbreiten und an einer Stelle nicht weit von ihm in der unscheinbaren Wand verschwinden. Eine nähere Untersuchung Xhorguls brachte die Umrisse der verborgenen Tür zutage, half jedoch beim Öffnen nur bedingt weiter. Asconions Vergangenheit sei dank, war es ihm ein Leichtes, den Mechanismus zu finden und der Stein schlug vor ihnen zu Boden. Statt des erwarteten Durchganges jedoch erblickten sie lediglich eine meisterlich- glatt gearbeitete Granitmauer mit einer Einlassung in Form eines besonders ausschauenden Hammers. Xhorgul hatte sich die Hämmer der Zwerge schon häufiger bewundernd angeschaut und erkannte sogleich die Form von Grobschmars Waffe. Es wurde kurz über Gewalt diskutiert und ob die Tore sich verschließen würden, sollten die Zwerge in die Höhle kommen, doch einige findige Worte später schon marschierten sie in die Höhle und die Berührung des Hammers reichte, um den Weg frei zu geben. Die Steinplatte donnerte in den Boden und gab den Blick auf drei Zwergenrücken preis. Denn vormals hatten dort vier steinerne Wächter den Gang bewacht, doch einer von ihnen war von einem Stalagtiten und dem beständigen tropfen von Wasser sehr weit zerstört worden. Es musste schon ein enormer Zufall nötig gewesen sein, sollte dies natürlich passiert sein, denn es war der einzige Stalagtit weit und breit und bei genauerem Hinsehen sahen sie geronnenes Blut, welches mit dem Lauf des Wassers ging. Milo zauberte geistesgegenwärtig eine vielleicht poetisch nicht ausgereifte, aber doch genügende Prophezeiung auf den Boden, die erleuchtete, als die Zwerge gerade von Xhorgul dazu beredet wurden, den Trupp doch die Arbeit machen zu lassen. Diese fügten sich sodann episch ihrer Aufgabe, den Höhleneingang mit ihrem Leben zu schützen, ganz wie es die Prophezeiung verlangte. Lyari und Xhorgul stiegen als erste durch den Spalt, nachdem Fenner den Stalagtiten erledigt hatte. Ob das jetzt eine gute, oder schlechte Idee gewesen war, wurde deutlich, als die beiden die Inschrift auf den Zwergenschilden lesen konnten, die von keinem Weg an ihnen, keinem Weg zurück sprachen. Der selbst für Zwergenmaßstäbe tiefe Gang weitete sich stetig und das bedrückende Gefühl des über ihnen einstürzenden Gemäuers wurde weniger, nur um eine in Stein gemeißelte Szenerie des Armageddons der Zwergenstätte preis zu geben. An der Decke war künstlerisch ein Loch gehauen, um in einer darüberliegenden Höhle die versammelten Zwergengottheiten zu zeigen, die Asche und Verderben auf das Volk niederregnen ließen. Die rechte Wandseite jedoch veränderte sich von glattem Stein im Laufe einiger Meter zu einer Art durchscheinendem Milchstein, hinter dem bläulich- grünes Licht ständig seine Form zu ändern schien. Eine kurze Berührung Lyaris reichte aus, um einige Tage seines Lebens durch seine Finger entweichen zu spüren und wie als Antwort auf seine Berührung wurde die zwergische Rune für Hilfe auf der anderen Seite der Wand wie auf eine beschlagene Scheibe gemalt. Erst eine, dann folgten viele viele mehr, bis die Runen die Wand bedeckten und sich gegenseitig überlagerten. Hilfe, Hilfe, HILFE!
Eine zweite Hammereinlassung versperrte den weiteren Weg und diesmal war es keiner der vier Hämmer der hisigen Zwerge. Der Weg war versperrt.
Milo und Fenner hatten sich inzwischen auch hinzugesellt, während Asconion mit meisterhaften Fesselkünsten die Zwerge in der Beweglichkeit ihrer Arme und Beine hinderte, als abzusehen war, dass der Weg nicht weiter führte. Fenner warf mangels vieler Handlungsmöglichkeiten Steinchen gegen die schimmernde Wand, während Milo die Halle weiter untersuchte und beeindruck von der Stärke des Schutzes war. Das hier überstieg bislang so oder so ihre Fähigkeiten, so viel stand fest. Lyari war zwischenzeitlich in die kleine Höhle über ihnen geklettert und so den steinernen Göttern ein wenig näher. Dort gab es nichts interessantes zu sehen, außer dass die schimmernde Wand, vielleicht doch eher eine schimmernde Kuppel war, denn er erhaschte einen Blick auf etwas, dass weiter unten sein musste und ihm unwillkürlich seine Nackenhaare aufstellte. Xhorgul, der von Lyari hochgehieft wurde spürte beim Anblick etwas tief Böses. Sollte das dort unten Dorwin sein, so musste er sich mit Mächten eingelassen haben, die für keinen Sterblichen je zu besitzen waren.
Der einzige Weg führte also zurück. Lyari sprang als erster und Asconions Knoten hielten der Kraft der Wächter stand, doch die Seile wurden arg strapaziert. Auch Milo huschte unbeschadet durch die Lücke. Springen und Flinkheit waren für Xhorgul keine Option, was er für seine Schulter sehr bedauerte, die noch duch das Schild hindurch von einem mächtigen Schlag geprellt wurde. Fenner musste bei seiner Größe im Gang beinahe auf allen vieren gehen und machte sich auch gut, bis eines der Seile riss und ein steinerner Hammer das Bein des Orkes blau-violett prellte.
Damil hatte die Idee, den steinernen Schild der zerbochenen Statue wieder aufzustellen und wie von geisterhand gehalten nahm er von selber seinen Platz ein. Die Untersuchung der Zwergenbarriere zeigte, dass die Statuen nur das physikalische Äquivalent einer magischen Sicherung war, für die beide Elemente nötig waren.
Xhorgul formte daraufhin aus den Resten der Steine, die der Wühler beim Durchbruch durch die Decke heruntergerissen hatte eine neue, formidable Statue, die der Kunst der ursprünglichen jedoch bei weitem nicht gerecht wurde. Doch als Xhorgul mit Lyari und Fenner selbige an ihren Platz hieften, platzte die oberste Steinschicht wie spröder Lehm vom Ofen und der frisch geborene Wächter nahm den lebendig-starren Ort der Wache neben seinen Brüdern ein. Die Erde bebte wie als Reaktion darauf und die Adern, welche sich durch die schwache Stelle der Barriere gezogen hatten verdorrten augenblicklich. Die Atmosphäre des Schutzes war erneuert und für jeden spürbar.
Als der Trupp an den wachenden Zwergen vorbeischritt fingen sie an, Dorwins Tod zu feiern und sich selber ob ihrer großartigen Leistung dabei Lobzupreisen. Als Xhorugl ein Fass Zwergenbräu versprach zur Feier des Tages war der Tag für die Zwerge vorbei und sie freuten sich schon darauf, siegreich zu ihren Eltern zurückkehren zu können. Die güldenen Rüstungen der Zwerge wichen wie spröde Asche von ihren Leibern, während die Truppe den Rückweg zur Taverne antritt.
Dort angekommen wurde die leichte Stimmung kurz genossen, bevor sie sich beim Priester wieder versammelten, der ihnen mitteilte, dass er den Spiegel weiter untersucht habe und ihn jetzt besser steuern könne. Da die Gruppe den Gedankenschinder immernoch töten wollten, bot er ihnen seinen Segen an, heilte sie und sie einigten sich darauf, dass er versuchen würde, dem Illithriden mit Hilfe von Azuth seine Magie zu blockieren, um den Kampf zu erleichtern.
Camilla würde ihm dafür durch Asconion sagen, wann es Zeit wäre.
Die Waldläufer wiesen der Gruppe den Weg zur Höhle, in der der Priester die medizinproduzierende Maschine gefunden hatte. Sie bahnten sich in Eile einen Weg durch die Illusionäre Wand, die dem Priester vorgegaukelt hatte, es handele sich um eine geschlossene Höhle und mussten durch mehrere Schächte und ein wahres Labyrinth verkeilter Ruinentrümmer klettern, bis sich die Ereignisse binnen Sekunden überschlugen. Lyari war vorgegangen und trat durch den Boden hindurch, wonach er sich nur knapp auf den Beinen halten konnte und sah, dass der weiterführende Gang eine Illusion gewesen war, während er in Wirklichkeit am Rande eine nach links steil abfallenden Treppe stand, die in eine größere Halle mit noch intakten Säulen hinabführte. Von dort unten starrte ihn der Illithrid an, offensichtlich überraschter, als die Gruppe es erwartet hatte, doch er reagierte schnell und Lyaris Geist wurde aus seinem Körper gerissen, welcher daraufhin nutzlos erstarrte. Damil turnte einem Seemann in der Takelage gleich den Abhang herab und widerstand bei seinem Spurt zum Feind dem Griff nach seinem Geist nur knapp, doch erfolgreich.
Xhorgul griff auf die Unterstützung der Götter zurück, um Lyari aus seiner Starre zu entreißen und Geist und Körper wieder zu verschmelzen. Sie alle stürmten die Treppe herunter, um dem Feind im Nahkampf zu begegnen, während Asconion Camilla mental eine Nachricht sand. Daraufhin fing der Spiegel im hinteren Teil der Halle an zu surren, als der Azuthpriester die Macht seines Patrons hindurchströmen lies. Milo wirkte seinen bewährten glitschigen Schleim auf die Schuhe des Schinders, der sich jedoch gut auf den Beinen halten konnte. Es dauerte noch einige Sekunden, bis die anderen Damil im Kampf gegen den Schinder beistehen konnten. Damil hatte ihm derweil nach einem Flikflak die Schulter durchbohrt und wurde der Klinge entlang als Reaktion von einem Schlag heißer Magie versengt und seine Kleidung und Haut von den ausschlagenden Tentakeln des Illithriden zerrissen. Als die anderen Krieger den Feind erreichten und ihm hart zusetzten, entschied sich dieser, gegen den magischen Druck des Azuthpriesters seine angeborenen Fähigkeiten zu nutzen, um schwebend der Gruppe ihre Hirne zu versengen. Doch auf diese Situation hatten Milo und Asconion nur gewartet. Milo schuf lähmend, ätzende Gase auf Höhe des Schinders, während Asconion Feuer mit Feuer beantwortete. Damil wurde derweil von Lyari in die Höhe geschleudert und konnte dem Schinder sowohl mit seinem Rapier eine tiefe Wunde zufügen, als auch sich an seinem Fuß festhalten. Als dieser jedoch höher schwebte, wurde auch Damil von den lähmenden Gasen, die schon den Schinder handlungsunfähig machten erwischt und beide schwebten krampfend, aneinanderhängend auf mittlerer Höhe in der Höhle.
Lyari nutzte seine letzte Chance indem er flink die nächste Säule hochkletterte und mit einem waghalsigen Sprung erst dem Schinder Blutzoll entlockte und sich dann an Damil festhielt, den er allerdings dadurch mit in dem Abgrund riss, wo sich beide geschickt abrollten.
Während das antimagische Feld langsam selbst die natürlichen Fähigkeiten des Schinders ins wanken brachten wurde mit allem gefeuert, was an eine Fernkampfwaffe erinnerte. Fenner hingegen hatte die Situation für sich schon abgehakt und durchforstete bereits, ab und an über die Schulter zum Kampf guckend die Besitztümer des Feindes.
Lyari war es, der durch einen gezielten Wurf mit Xhorguls Schleuder die letzte Konzentration des Illithiden brach und ihn aus der Luft kegelte. An einer Säule Sockel für Sockel herunterfallend wurd er von Damil am Boden mit einem gezielten Stich durchs gesunde Auge empfangen und Lyari gab dem Nekromanten den Rest, als er ihm den Kopf abschlug.
Die Zeit, sich des Sieges zu erfreuen, die Wunden zu lecken und die Habseeligkeiten des Schinders zu durchwühlen war knapper als gedacht, denn die vom Priester wachgerüttelten Kräfte Azuths drückten immer stärker, bis die Luft von antimagischer Stärke nur so vibrierte und jegliche Zauber langsam wie Kerzen, denen der Sauerstoff fehlte erstickte. Bis hierher hatte die Gruppe schon einiges Gefunden, denn der Schatz eines Zauberers birgt so manche Wunder, doch als der Brunnen bedrohlich anfing zu zittern, war auch dem Waghalsigsten klar, dass dort gleich eine ganze Menge Magie in sehr, sehr kurzer Zeit entweichen würde und sie traten den hastigen Rückzug an. Nicht ohne über die vielen Niederschriften zu trauern, die dort verloren sein würden.
Der Trupp schaffte es, die Treppe herauf zu hechten, als hinter ihnen das Inferno losbrach und die Höhle sorgfältig pulverisierte. Der Ketteneffekt dieses Bebens auf das marode Netz der kleinen Nischen, Tunnel und Ruinenteilhölen war katastrophal und die erfolgreichen Streiter fanden sich, als der Staub sich legte vor der Herausforderung eines Tunnelnetzes, das dem ihres Hinweges mitnichten glich. Endlose, zufällig entstandene Abzweigungen in Sackgassen, Höhlen, Überreste von Zimmern oder Hallen taten sich auf und das stete knacken der morschen Knochen, welche neben einigen sinnvollen, wertvollen oder magischen Gegenständen das einzige Zeichen von ehemaligem Leben hier unten waren begleiteten sie auf Schritt und Tritt.
Licht, Sauerstoff, Wasser, Nahrung. Alles war ein Problem, für dessen Lösung Magie herhalten musste und einige vielversprechende Stellen erforderten außerdem noch das Wegräumen schweren Schutts mit roher Kraft oder magischer Hilfe. Die Tage vergingen mit nur einem Lichtblick, der Xhorguls Herz höher schlagen ließ, denn der Dwar stieß tatsächlich auf die Überbleibsel einer mächtigen Zwergenschmiede. Die gewaltigen Schornsteine hatten offensichtlich dem Zorn der Götter nicht standgehalten und in ihrem Niedergang weite Teile des Ortes zerstört, doch, so war er sich sicher, mit viel Zeit und einem besseren Zugang, würde er hier wieder in der Lage sein, die Esse zu befeuern. Seine Augen glänzten beim Anblick der alterwürdigen Werkzeuge, welche am Tag der Abrechnung an Ort und Stelle zurückgelassen wurden. Es gab immer wieder Nachbeben durch weiter herabsackende Steine, so, dass der Trupp so schnell als möglich die Oberfläche zu erreichen suchte. Trotz aller Mühen dauerte es bestimmt eine Woche, bis sie wieder Licht sahen und sich aus einem Schacht an den Wurzeln der Bäume emporkletternd befreien konnten.
Bei der Taverne war alles verändert. Vom Turm des Paters waren nur noch die Fundamente vorhanden und Teile der Taverne ebenfalls beschädigt. Es herrschte bedrückte Beschäftigkeit unter den Überlebenden, die sich offensichtlich in der Abwesenheit der Gruppe von der Wirkung des Suds erholt hatten. Camilla schlurfte zwischen den Menschen umher und hatte unangefochten das Sagen, was die Verteilung von Aufgaben oder Gütern anging und die vormals so epischen Zwerge kuschten vor ihr, wie gescholtene Schuljungen. Karren wurden wieder aufgebaut, in der Schmide loderte die Esse und einige neue Gesichter Durchreisender waren dabei, die sich angesichts des hisigen Elends nicht hatten abwenden können.
Ohne groß überrascht zu sein, begrüßt Camilla den Trupp mit den Worten: „Da seid ihr ja endlich! Es gibt so viel zu tun, was mein alter Rücken nicht mehr vermag und ein paar starke Arme sind hier dringend nötig unter all den Tattergreisen… Diese vier möchtegern Zwerge da vorne jammern ja schon, wenn sie Kieselsteine tragen sollen, ohne dafür gelobt zu werden. Ja euch da meine ich, ihr faules Pack!“
Und Pater Faustos begann seine Geschichte zu stammeln. Er erzählte von den Zwergen die kamen um ihr angebliches Erbe anzutreten, oder zu richten, was zu richten sei. Sicher war er sich nicht, was sie damit meinten, doch da er sich nicht sicher war, ob sie sich überhaupt sicher waren, was sie genau damit sagten, unterließ er es zu fragen und sah es als zwergisches Mysterium. Was zählte war, dass sie sich bereit erklärten, ihm bei einem alten Artefakt zu helfen, dass er über Jahre mühsam aus den Ruinen geborgen hatte und ihm wahrhaft Hoffnung gab, sein Lebensziel doch noch zu erreichen. Denn niemals hatte er Azuth leibhaftig gesehen und dieses zwergische Machwerk, das von sich selber behauptete eine Art Götterspiegel zu sein hatte sich bislang all seinen Versuchen, es zu aktivieren widersetzt. Doch die Zwerge schafften es, trotz ihrer magischen Unbegabtheit mit Leichtigkeit und einem Tropfen Blut, die lang verborgenen Energien des Gerätes hervor zu locken. Als Gegenleistung forderten sie den Pater auf, ihnen bei einem Buch zu helfen, von dem sie nicht genau wussten, was es damit auf sich hatte. Der Preis war hoch, denn das Buch ergriff Besitz des Geistes vom Pater und zwang ihn, ein düsteres Ritual durchzuführen und dabei gar die im Sterben liegende Frau des Wirtes selbst zu töten. Ein gnädiger Schleier des Vergessens hatte sich wohl über seinen Geist gelegt, als der Fluch des Buches ihn wieder loslies, denn er ging seinem Tagesgesehen unbehelligt nach, während er den Zwergen nicht viel erzählen konnte.
In den nächsten aufregenden Tagen lernte er den Spiegel zu nutzen und tatsächlich, so sagte er, sah er dort seinen leibhaftigen Gott und sprach mit ihm. Er erfuhr vieles, das sein Verständnis überschritt und Azuth trug ihm auf, eines der alten Zwergengeräte aus einer abgelegenen und schwer zugänglichen Höhle zu borgen und erzählte ihm, wie er diese Maschine nutzen könnte, um sich selber, der er ein treuer Diener sei und den Menschen denen er diente ein längeres Leben voller Gesundheit zu schenken. Dies war einfach erledigt und schon bald sog das Gerät in seinem Haus aufgestellt den goldenen Nektar aus dem Äther und spendete Glück und Gesundheit, wo vorher Krankheit und Kummer herrschten.
Zur selben Zeit auch kamen die Zwerge aus ihrer Höhle zurück und brachten Berge aus Gold mit sich, während sie selbst güldene Rüstungen trugen, die noch die Altvorderen vor Neid erbleichen lassen hätten.
Erst waren sie noch gierig und zahlten den Wirt prahlend, aber doch zurückhaltend, doch je mehr Tage vergingen, in denen der Pater allen Wesen im Tal den Nektar anbot, desto freundlicher und teilsamer wurden sie.
Als dem Pater von den Menschen, auch den Babys im Keller und der toten Frau des Wirtes dort erzählt und sein blutbesudelter Dolch ihm gezeigt wurde ward er erschüttert über die böse Macht, die er mit seinem Tun in bester Absicht doch stets unterstützt hatte. Und als er den Sinn des Goldes begriff drängte er, so schnell als möglich in seinen Turm zu müssen, er habe großes Unheil angestellt. Da der Weg durch die Taverne der Truppe zu gefährlich schien, kletterten sie durchs Fenster, um sodann zum Turm des Paters zu hetzen. Dieser fing, einmal in seinem Chaos oben angekommen, wie ein wilder an, in einer Wanne von Gold zu wühlen, welche Lyari und Fenner der Einfachheit halber auskippten. Völlig außer Atem hielt er erst inne, als er den kleinen, glitzernden Stein in Händen hielt, den Lyari ihm zum erforschen anvertraut hatte.
Er erklärte, dass dort ein Lebewesen enthalten sei, vielleicht durch die Zeit versteinert, doch immernoch lebendig und er konnte nichts böses in ihm spüren. Seine verrückte These, es könne sich um einen kleinen Wyrm handeln hing wie eine Silleglocke einige Sekunden über dem Trupp, bevor sich Unglaube breit machte. Mit den Worten „seht selbst“ reichte er den Stein zurück an Lyari, der im Augenblick der Berührung durch alle Sinne und jede Faser seines Körpers überschwemmt wurde von dem geistigen Eindruck dieser kindlichen Präsenz, die sich nach liebe und einer Mutter stehnte und doch in den letzten Stunden so viel Leid ertragen hatte. Denn der Geist fühlte sich schwach an und Lyari erinnerte sich unweigerlich an die verschrumpelten Gesichter einiger Kinder dort unten, deren Körper von dem nekromantischen Machwerk schneller ausgemergelt wurden, als der Nektar sie hatte heilen können. Dass das Wesen im Stein überhaupt noch am Leben war, war schon Zeichen genug seiner magischen Natur und natürlichen Langlebigkeit. So hetzte er aus dem Haus, um durch Asconion – den sie zum Ruhen in der Küche des Wirtshauses zurückgelassen hatten – mit Camilla zu sprechen. Damil spurtete ihm besorgt hinterher, denn Lyari schien mit Gedanken alles andere als vor Ort zu sein. Dem geschwächten Asconion gelang es mit einiger Mühe, Camilla zu sich zu rufen und Lyari, der sich für das Lebewesen verantwortlich fühlte, ging mit der Hexe einen Handel ein, um es zu retten. So verpflichtete er sich Asconion ein Jahr lang bei seiner Aufgabe – Camillas Herz zu zerstören – zu helfen und erklärte sich bereit, selbigen zu Duncan zu führen. Es ward wahrlich kein schöner Anblick, als Asconion, von Lyari gestützt bei den Waldläufern, Solofain und Duncan ankam, denn Duncan erstarrte vor Schreck über ihre offensichtliche Präsenz und fing noch an vor sich hin zu stammeln, als Camillas Stimme bereits durch Asconion immer wieder scharf „Lüüüügner“ zischte, während ihre erhobene Hand ihm nach einigen Sekunden des Zappelns auf einige Schritt Entfernung den Nacken brach. Damit wich sie vorerst aus Asconion ohne weitere Erklärungen abzugeben und hinterließ einige sehr, sehr irritierte Menschen und Elben.
Damil wachte in der Zwischenzeit über die Tavernenbelegschaft, die er durch das Schlüsselloch bei immer wilderen Ausschreitungen beobachten konnte, nachdem sie auch den letzten Rest der „Medizin“ noch geleert hatten. Gretchens säuselnde Stimme auf der anderen Seite der Tür machte Verheißungen, die keinen Mann kalt lassen konnten, doch Damil schüttelte sie standhaft ab. Stetiges Unwohlsein wuchs jedoch in ihm, denn er ward allein im Raum, mit dem zurückgelassen Dolch des Azuthpriesters, der beständig am Rand seines Bewusstseins zu kratzen schien und erst das erneute einschlagen in ethliche Teppiche und das Verstauen unter einigen Mehlsäcken brachten Ruhe in das schräge Gefühl in seiner Magengegend.
Derweil hatte sich der Rest der Gruppe in des Paters Obergemach umgesehen, deren zentralster Punkt eine Art aufrecht stehender Brunnen bildete, aus dem das Wasser jedoch nicht herauslief, sondern Spiegelgleich eine reflektierende Oberfläche bildete. Das Gebilde war von offensichtlich zwergischer Meisterhand geformt und fesselte Xhorguls Aufmerksamkeit für ethliche Zeit, der mit den Resten seiner Macht und da er gezielt danach suchte, erkannte, dass das göttlicher Natur wirkende Machwerk von arkaner Macht manipuliert und korrumpiert war, so, dass jede Anrufung nicht einen Gott, sondern jemanden von dieser Ebene der Existenz kontaktierte. Dies stand im Widerspruch zum Wort des Paters, der sich damals Sicher gewesen war, mit Azuth leibhaftig zu reden, doch auch er sah ein, dass es nicht Azuths Wille gewesen sein konnte, was hier passierte und bestätigte die Beobachtung des Zwergengelehrten.
Milo hatte das Gerät entdeckt, das die Medizin aus dem Äther zog und das wie ein Galaxiemodell an einer provisorischen Holzkonstruktion an der Decke des Raumes teils schwebte, teils von Ketten gehalten war und entschloss sich kurzerhand, es mit einigen gezielten Würfen auf die Balken und nach einem Aufprall auf dem Boden funktionsunfähig zu machen.
Der ganze Raum war eine Fundgrube für Kram sondergleichen. Die zwei Schlafstätten waren die einzigen Orte, an denen man nicht über Gold, aufgeschlagene Bücher, Schriftrollen oder alte Zwergentafeln stolperte. Welch ein Paradies für einen Zaubergelehrten! Und Milos Suche brachte tatsächlich einige Schriftrollen von Nutzen hervor, die in der Nähe der Notizen des Lehrlings verstreut lagen.
Fenner durchstöberte gleichzeitig – mit seiner Keule allen möglichen Kram beiseite schiebend – das Chaos und wurde erst von einigen Einwänden davon Abgebracht, einige Kristalle der Medizin-erzeugenden-Maschinerie an sich zu nehmen. Außerdem stieß er auf einen der wenigen Gegenstände, die nicht Papier, verfluchtes Gold, oder alter Stein war, als er einen erdverkrusteten Würfel fand, der von Außen wie eine wahllose Ansammlung von Scharnieren und Metallverstrebungen wirkte. Nach kurzem herumprobieren, was damit anzufangen sei, gab er auf, um ihn an Milo weiterzugeben, der Stunden der Nacht über diesem Rätsel verbrachte.
Sie entdeckten, dass die arcane Ebene der Magie des Brunnens Ähnlichkeiten in der Art des Wirkens auffwies, die auch in der Sud-produzierenden-Maschine vorzufinden war und nahmen an, dass es von derselben Person oder Gruppe erschaffen worden sein musste.
Die folgenden Stunden vergingen, in denen Fenner und Xhorgul dem Pater halfen, den Altarraum im Erdgeschoss wieder zu reinigen und zu weihen. Dabei mussten sie sich auch des verdammten Buches der Zwerge entledigen, dass der Pater unter einer Steinplatte beim Altar versteckt hatte. Es war offensichtlich mit Gewalt aus seiner steinernen Verankerung gerissen worden, um hierher zu kommen. Über die eingravierte Zwergenschrift zogen sich verdrehte Runen einer für alle unbekannten Schrift, geschrieben oder gewachsen aus dem selben Geflecht von bläulich-grünen, filigranen Fäden, welche zugleich eine höchst unheilige Aura ausstrahlten. Die alten Zwergenrunen wiesen auf einen Ort des Gefangenseins hin und darauf, dass dereinst jemand kommen würde, um etwas zuende zu führen. In etwa: „Wenn Blut zum Blut zurückkehrt, wird weiteres Blut fließen müssen, um die Geschichte zu beenden.“ Außerdem wurde Dorwin Synonym mit dem Wort „Verräter“ genutzt. Das Buch musste weichen und wurde außerhalb des Turmes sicher verstaut.
Lyari hatte mittlerweile mit Hilfe der Waldläufer den Schuppen von Außen verbarrikadiert, während sich Solofain um den nun wirklich ausgelaugten Asconion kümmerte.
Fenner war einer der ersten, der das entfernte Fiepen hörte, dass er keinem ihm bekannten Tier zuordnen konnte und das in der Runde einiges Unbehagen bezüglich der dringend nötigen Nachtruhe hervorrief. Lyaris Eule war es dann, die Nahe der Zwergenhöhle wahrlich wuchtige Löcher im Boden erspähte, was dazu führte, dass entschieden wurde in dem Keller der Taverne zu nächtigen, falls Wühler der Quell des Geräusches wären.
Zuvor jedoch beharrte der Pater, müssten sie wissen, womit sie es zu tun hätten, denn Azuths Weisheit folgend ist Wissen Macht und nur wer weiß vermag zielführende Entscheidungen zu fällen. Sein Glaube war wieder erflammt, vielleicht wie nie zuvor und wäre er nicht so alt und gebrechlich, so ist sich die Gruppe sicher, würde er sich ihnen mit Streitkolben und Rüstung anschließen, was auch immer dort lauern möge. Doch nun konnte er nur auf seine Art helfen und er hatte einen perfiden Plan. Die arkane Umlenkung des Brunnens, so seine Logik musste umkerhbar sein, da es so oder so eine Zweiwegverbindung war. Wenn ihnen dies gelingen würde und auf der anderen Seite wahrhaft nicht Azuth ist, würden sie möglicherweise einen Blick auf ihren Feind erhaschen können. Milo und Xhorgul als erfahrenste Wunderwirker erklärten sich bereit, gemeinsam das hineingesponnene Geflecht zu sondieren, während der Priester ihnen den Zugang dazu bereitete, indem er mit enormer Anstrengung das Geflecht göttlicher Magie zeitweilig von dem arcanen Virus trennte. Als seine Kraft beinahe zur Ohnmacht erschöpt war, schafften es Milo und der Zwerg in wirklich letzter Sekunde, den Mechanismus zu verstehen und am springenden Punkt umzukehren, doch beiden war gleichzeitig klar, dass wer auch immer dieses Werk infiziert hatte, einen Verstand mit ihnen bisher unbegreiflicher Genialität haben musste.
Nur einige weitere Worte waren nötig, um die Kraft des Spiegels hervorzurufen und ein Seufzen der Enttäuschung ging durch die Gruppe, als sich die spiegelnde Reflexion schlicht zu undurchdringlicher Dunkelheit wandelte, doch weiter nichts zu sehen war. Dies galt freilich nicht für Xhorgul und Fenner, deren übernatürlich scharfen Sinne erkennen ließen, was sich dort im Dunkeln versteckte. Alter Zwergenschutt war mit roher magischer Kraft zu Möbeln gepresst worden, auf denen sich Haufen von Büchern, Ingredenzien und Laborbedarf türmten. Doch nur einige Schritt weiter konnten sie den Blick auf den Rücken eines menschengroßen Robenträgers richten, der mit einer obskur-abartig anmutenden Gestalt redete. Dabei handelte sich es um einen menschlichen Oberkörper, der einer Büste gleich auf einem Tisch abgestellt war, während ihm auch die Arme fehlten, welche nur einige Schritt weiter und offensichtlich angenagt in einer Lache ihres eigenen Blutes lagen. Der Hinterkopf des Mannes war eröffnet und offensichtlich hohl, während er dennoch sprach; seine Muskeln bewegt von dem Geflecht aus blau-grünen Adern, welche den ganzen Kopf überwucherten. Sie mussten ihren Ursprung irgendwo an der Wand der Höhle haben, wo Xhorgul auch einen kurzen Blick auf die natürliche Zusammensetzung des Gesteins erhaschen konnte, sowie eine markante Erzader erblickte, die ihnen vielleicht das Aufspüren erleichtern konnte. Doch als hätte der Robenträger einen siebten Sinn, wandte er sich nach einigen Sekunden um und noch währen sie einen Blick auf sein fremdartig, tentakebewährtes Gesicht werfen konnten, das durch eine Narbe über dem rechten – durch einen violetten Kristall ersetzten – Auge verunstaltet wurde deaktivierte er den Spiegel durch einen Hieb unsichtbarer Kraft.
Das erkennende Entsetzen auf Fenners und Xhorguls Gesicht sprach Bände, als die nicht-Sehenden aufgeklärt wurden, wem sie dort entgegenstanden und Xhorgul breitete sein Geschichtswissen über die Kriege zwischen Zwergen und Illithiden aus, bis wahrlich jeder begriffen hatte; KACKE!
Es gab nur geringes Wissen in der Truppe über die Macht und Fähigkeiten dieses Feindes, doch Pater Faustos konnte beisteuern, dass gemunkelt wird, sie könnten dich denken hören und Fragmente und Gerüchte zu Gedankenkontrolle, Gehirne von innen verdampfen und lähmenden Angriffen wurden geäußert.
Als der Pater von der Angst der Gruppe vor Wühlern hörte hatte er einen Geistesblitz und kramte wie wild durch seine ehemals gut sortierten Unterlagen, bis er fand, was er suchte. Eine Kugel mit einigen stumpfen Stacheln, die sich herausziehen ließen, jedoch stets auch wieder ihren Weg zurück fanden. Er gestand keine Ahnung zu haben, was es sei, habe aber an einem anderen Ort eine Tafel gefunden, auf der dieser Gegenstand zusammen mit der Zwergenrune für einen „sicheren Platz“ gezeichnet war. Die Steinplatte selber gab auch keinen Aufschluss darüber, wie die funktionsweise denn sein könnte, doch auf ihrem Weg in den Tavernenkeller gelang es Lyari, der nur einige Augenblicke daran herumspielte, einen ohrenbetäubenden Lärm aus der Kugel zu locken und wenig später fand er auch die anderen Funktionen heraus. Es scheint sich dabei um eine Art aktiken, magischen Tunnelwärter zu handeln, der Alarm schlagen kann, wenn sich etwas durch den von seinen Nadeln abgesteckten Bereich bewegt.
Zum Glück für die Wunderwirker brauchen nicht alle Mitglieder der Gruppe so viel Schlaf wie sie und Damil, Lyari und Fenner reichten aus, um Wache zu halten, während welcher sie auch den großen Haufen mit Kram, den die Händler auf ihren Wagen transportiert hatten durchwühlten.
Sie fanden allerlei möglicherweise sinnvolle Kleinigkeiten, mit denen sie jedoch nicht alle gleich etwas anfangen konnten.
Insgeheim waren sie auch alle dankbar, dass die Nacht wider erwarten ruhig verlaufen war und als sie sich am nächsten Morgen auf den Weg zur Zwergenhöle machten, fiel die Beklemmung langsam von ihnen ab, welche sich durch das Schlafen in der Nähe all des Goldes und der vielen bewusstlosen Leiber aufgestaut hatte. Die Verriegelung der Taverne hatte den Zwergenhämmern nichts entgegen zu setzen und sie fanden die Tür einige Schritt von ihrer gedachten Position entfernt auf dem Boden liegend, während die Verursacher selber offensichtlich schon vor einiger Zeit ihren Weg zur Höhle gegangen waren.
Der Pfad dorthin war mittlerweile ausgetrampelt und sie konnten aus sicherer Entfernung die dort sitzenden Krieger beobachten. Jeder harrte auf einem Klotz vorm offenen Eingang der Höhle in einer Position die Großes erwarten ließ, beinahe wie die ehrwürdigen Statuen und das Licht reflektierte sich beeindruckend in ihren Harnischen. Während Xhorgul das Gespräch suchte und mit zwergischer Vernunft versuchte diesem epischen Rausch entgegen zu wirken, schlichen sich Damil und Milo um diese vier wandelnden Festungen herum, um sie im Zweifelsfall flankieren zu können. Damil ging sogar so weit, sich in den Eingang der Höhle zu schleichen, als das Quietschen, welches sie auch zuvor wieder, doch diesmal gedämpfter wahrgenommen hatten, plötzlich anschwoll, als in einer Wolke aus Staub und Steinen etwas dunkles, haariges, Großes durch die Höhlendecke stürzte und sich wie im Wahn windend aus der Höhle und den Streitern entgegen warf. „Scheiße!“ war das Letzte, was Damil – im Eingang stehend – noch denken konnte, während das Wesen bereits im Sprung war.
Es ist nicht alles Gold was glänzt (The Legion of the Trusted)
Dunkelheit umfing die Gruppe, als sie endlich den Boden der Leiter erreichte, wo sie sich in einem Wirrwarr von Kisten, Fässern, Stoffen und Gerümpel widerfanden, der offensichtlich von all den Karren in der Schlucht herrührte, die sie vorher gefunden hatten.
Was von oben noch den Eindruck einer imposanten Zwergenstätte machte, wich schnell der ernüchternden Realität einer zu Bruchstücken zerfallenen Thronhalle, deren starke Wände sich trotz des Einsturzes nur zufällig zu einer Höhle formten.
Ein ferner Lichtschein erregte Lyaris Aufmerksamkeit, der sich an dessen Quelle heranpirschte. Und dort sah er sie, aufgereiht wie zur Leichenschau; mehrere dutzend Humanoide über und über beladen und beinahe versunken unter goldenen Münzen, Ketten oder schlicht Klumpen, gebahrt auf willkürlich verlegten Teppichen die Platz noch für viele mehr von ihnen bieten. Und nur schwach konnte er hinter dem magischen Feuer in der Mitte des Raumes verborgen die Urmutter des Goldes erkennen, deren golemartiger Rücken das Licht in den tausend Farben des flüssigen Golderzes brach, aus welchem sie bestand.
Sollte sie feindlich sein würde hier schweres Gerät notig sein, so viel stand fest. Dumm nur, dass Xhorgul, diese wandelnde Festung aus Stahl oben den Thresen hütete.
Noch dümmer, dass dieser sich in der Zwischenzeit mit dem Pater Faustos Wortgefechte lieferte. Dieser ward soeben hereingekommen, um den Tavernenbewohnern die bitter riechende, doch wie Honig anmutende Medizin zu verabreichen, welche diese gierig herabschlangen und sich auf ihre Gesundheit zuprosteten. Als der Pater dann zu seinen „Schäfchen“ gehen wollte und direkt auf die Luke in der Küche zusteuerte wurde es Xhorgul zu viel des schalen Zaubers und er packte den Pater beim letzten Krümel seiner Logik. Einem Pater Azuths könnte ein Schutzkreis vor Bösem unmöglich schaden und Xhorgul bot an, den Weg frei zu machen, nachdem er diesen offensichtlich harmlosen Zauber auf den Pater wirken durfte. Sollte der Pater beeinflusst sein, so war der Plan, musste die Beeinflussung durch Böses durch den Zauber enden. Sich keine Sorgen machend lies der Pater die Prozedur über sich ergehen, doch statt dass der Zauber wie erwartet von ihm abperlte versetze er ihn in einen beinahe katatonischen Zustand, als die gewirkte Magie sich gegen etwas in ihm richtete und langsam aber sicher seine gerade getrunkene Medizin aus seinem Körper drängte. Die anderen Gäste befanden sich weiter in Hochstimmung, vielleicht noch schlimmer als vorher. Auch Lyaris offensichtlich bedrohliche Haltung kümmerte den Barden nicht, sondern inspirierte ihn, aus dem Stegreif ein wirklich schiefes Lied über zwei Zwillingsklingen zu dichten, die nicht ohne einanders sein konnten. Lyari hatte selber die Treppe erneut erklommen, um Xhorgul zu holen, da dieser nicht auf Damils geflüstertes Drängen, herunterzukommen reagiert hatte. Nun sah er Xhorguls Absichten ein und schickte seine Sinne aus, um seine treue Eule die Gemächer des Priesters nach Zeichen Azuths zu durchsuchen, die weder der Pater, noch sein Lehrling bei sich trugen. Die so beschaffene Kette umklammerte der zitternde Pater während seiner Reinigung krampfhaft und da abzusehen war, dass sein innerer Kampf noch eine Weile brauchen würde, verbarrikadierte sich die Truppe in der Küche, wo nun alle außer Fenner wieder zusammengekommen waren.
Verwirrung stiftete Asconion, dessen beringte Hand wie fremdgesteuert verrenkt auf den Pater zeigte und während auch sein linkes Auge sich blind-grau verfärbte fing er mit einer für ihn viel zu hohen, zittrigen Stimme an, in einer lang vergessenen Sprache Beschwörungen oder Flüche zu murmeln, die dem Pater offensichtlich halfen. Damil bot sich an mit seinen wachen Sinnen durch das Schlüsselloch die verwirrten Menschen und Zwerge in der Taverne im Auge zu behalten und im Notfall schnell wie er ist Alarm zu schlagen.
So blieben noch Lyari und Xhorgul die zu Fenner stießen, um sich den Keller anzusehen.
Tatsächlich fackelte Lyari nicht viel, der behände eine der Säulen heraufschoss, um auf einem Vorsprung – der wohl mal ein Zwergenkopf gewesen war – hockend den ersten Pfeil abzuschießen. Nun konnte er die Goldmutter auch von vorne erblicken und es war wahrhaft kein schöner Anblick, denn in diesem wabernden Anzug aus Gold, der ihre Beine und Rücken bedeckte steckte eine nackte, sehr,sehr alte Frau, die offenkundig mausetot – oder untot war. In ihrem Herz prangte ein Dolch dessen Griff das Zeichen Azuths zierte und sie war zerfressen von bläulich-grünen, feinen Adern. Nur Sekunden später entdeckte die Truppe auch was sie vorher nur als leises Tippeln auf dem harten Steinboden gehört hatten. Dort waren vier kleine Wesen, nicht viel größer, als neugeborene Kinder und völlig gülden schimmernd, doch bewegten sie sich auf dolchspitzen beinen und Armen auf seltsam verdrehte Art und Weise.
Als das erste Lyari auf seiner hohen Position ansprang, wobei es die dreißig Meter zu ihm in nur einem Augenblick überwand, mussten sie feststellen, dass die Wesen nicht nur wie Neugeborene aussahen, es waren Neugeborene. Und sie bluteten, als ihr goldener Panzer zerteilt wurde.
Milo Grünflasch war unterwegs nach Baldur’s Tor gewesen und musste sich in seiner Abenteuerlust natürlich das Tal angucken, welches unter Wanderern scherzhaft „Hammerschlag“ genannt wurde, denn genau so sollte das ganze aussehen. Seine Rast in der einzigen Taverne des Tales war angenehm und noch angenehmer waren die Träume dort, denn sie schienen eine Ewigkeit zu wären und er erlebte unglaubliches. Alle Sinnesfreuden die er sich je erträumt haben konnte warteten dort auf ihn, umfingen ihn wie eine Mutter mit aller liebe und ließen ihn lange nicht mehr gehen. Erst als er die beschwörenden Worte Xhorguls am Rande seines Bewusstseins hörte, wo lange nichts gewesen war konnte er wieder nach der Außenwelt greifen, in der – so wusste er tief in seinem Herzen – noch eine Aufgabe auf ihn wartete, die er sich geschworen hatte zu erfüllen. Es dauerte einige Zeit, seine Kontrolle über den Körper wiederzuerlangen und er musste sich unter einem ganzen Haufen Gold hervorstrampeln, um gleich nach seinem Erwachen aus dem Paradies der Sinne der Urmutter in ihre fahlen, toten Augen mit ihrem liebevollen Lächeln zu schauen.
Fenner und Xhorgul kamen gerade um die Ecke, als sie gleich von drei der Babys angeprungen wurden. Fenner wurde kurz überrumpelt und in den Gang zurückgeworfen, wo er sich gleich um zwei dieser lästigen Blagen kümmern musste, während Xhorgul Blut lassen musste, als er feststellte, dass sie zwar zierlich, aber doch zäh waren und wahrlich fiese, scharfe Arme aufwiesen.
Dann geschah alles sehr schnell, als Lyari dem ersten Baby die Arme abtrennte und sich bereit machte, die Urmutter seine Klingen schmecken zu lassen.
Milo hatte seine Sinne schnell genug beisammen, um den Boden unter der Urmutter mit einem Schmierenfluch zu belegen, der sie kurz aus dem Gleichgewicht brachte. Sein Versuch, sich danach mit magischen Illusionen seiner selbst zu schützen scheiterte jedoch dramatisch wie er feststellen musste, als die Urmutter, welche sich nun – nach einer Umformung des sie umgebenden Goldes – auch auf allen messerscharfen Vieren bewegte, ihn gleich mit beiden Vorderläufen hart erwischte und ein duzend Meter, aufgeschlitzt wie ein Schwein beim Metzger in die Ecke beförderte, wo er zum sterben liegen blieb.
Xhorgul eilte zur Urmutter um ihr gemeinsam mit Lyari, der als nie zu greifender Wirbel aus Klingen mal vor, mal auf und mal unter der Mutter schlug, stach und hackte zu zeigen wo der Hammer hängt. Dieser hing dann nach einigen deftigen Hieben, bei denen beide Seiten ordentlich einstecken mussten in ihrem Rumpf fest, nachdem Lyari Sekundenbruchteile vorher selbigen von seinen Schultern getrennt hatte. Doch statt sie zu töten raubte es ihr nur die Konzentration und sie fing an Berserkergleich um sich zu schlagen. Offensichtlich auch all ihrer Sinne beraubt, sahen die Kämpfer ihre Chance im Rückzug und wendeten sich ihrem unerwarteten magischen Helfer zu, um ihm gegebenenfalls noch das Leben zu retten.
Für Milo war das alles sehr komisch, denn er wusste, dass er sowas von tot hätte sein müssen. Er konnte seinen aufgeschlitzten Bauch mit all den hervorquellenden Gedärmen in Ruhe betrachten und fühlte weder Schmerz noch Angst. Und er bemerkte auch, dass es nicht nur Blut war, welches aus seiner Wunde floss. Dort war sehr viel honigartige Masse in seinem Bauch, leich grün verfärbt, bis manchmal schwärzlich auch in seinen Adern. Doch je weiter er blutete, desto mehr kam auch der Schmerz zurück. Nur einige Illusionen waren ihm geblieben, um den Kriegern, welche seine letzte Chance auf Überleben waren zu helfen. So schuf er noch im Sterben eine Schaar von schwer marschierenden Zwergen, deren Wiederhall die Halle flutete und den Streitern kostbare Sekunden verschaffte.
Xhorguls beeindruckender Heilkunst war es zu verdanken, dass der Tod ihn nicht doch noch holte, als dieser ihm die seltsame Flüssigkeit aus dem Körper brannte und die Wunden mit göttlicher Macht zu heilen Fleisch verschmolz.
Mit göttlicher Macht beschwor er auch einen Hammer aus purer Kraft und setzte der Urmutter aus der Ferne zu. Es schallte durch die Halle wie ein duzend Schmiedehämmer, als göttliche Macht mit aller Gewalt auf den nekromantischen Panzer aus Gold traf, doch sie starb und starb nicht. Erst als er zufällig den Dolch in ihrem Herzen erwischte und dieser aus ihrem trockenen Körper fuhr, brach sie zusammen.
Fenner hatte nicht viel abbekommen, doch Milo hatte zwischendurch gesehen, wie er die Babys mit seiner Keule immer wieder viele Meter durch die Halle gekegelt hatte, bis sie einfach nicht mehr aufstehen konnten oder wollten.
Nun galt es die Wunden zu reinigen und zu lecken. Die Menschen und Halblinge die auf den Teppichen lagen wurden vom Gold befreit, was sie jedoch nicht weckte und der Azuthdolch ward sicher verstaut.
Eine kurze Untersuchung ergab, dass die Halle dereinst verschiedenen Zwecken gedient haben musste, denn einige Inschriften waren verändert, doch da war sich Xhorgul als Zwergengelehrter sicher, seine letzte Verwendung vor der Zerstörung musste die eines Thronsaales eines Priesterkönigs gewesen sein.
Als sie merkten, dass der Singsang von Asconion oben geendet hatte machten sie sich schnell auf den Rückweg nach oben, wo sie den Pater völlig aufgelöst in Gram, doch offensichtlich bei klarem Verstand fanden. Und er begann zu beichten ….
Nicht noch mehr wirre Köpfe (The Legion of the Trusted)
Das Ruhm in Baldur’s Gate ein zeitraubendes Brot ist, konnte Asconion die Tage nach dem Bardensalat am eigenen Leib fühlen. Die hohe Gesellschaft in ihrer Sucht nach neuem Klatsch stürzte sich wie Geier auf diesen neuen Lokalhelden aus ihren gebildeten Reihen. So blieb Ragefast, dessen Eigenbeteiligung für selbständig genommen wurde kaum erwähnt, während er gleichzeitig sozial genötigt wurde, Asconion von einem geselligen Anlass zum nächsten zu schleifen. Zu dieser Zeit war es auch, dass Damil in Ragefasts Obhut ankam, was ihm die ersten Tage in der großen Stadt direkt in all den Trubel zog, den er auf seiner Reise hierher vermisst hatte. Damils naiv-fragende Ader war es auch, die diese Geschichte ins Leben sog. Denn als Asconion wieder einmal genötigt wurde, die Vorfälle zu schildern, fragte Damil in seiner unschuldigen Art, wieso denn die Erinnerung von Solofain – der ersten besessenen Bardin, die sie kennengelernt haben – verschwunden sei, ein mächtiger Magier müsse doch sicherlich in der Lage sein, dieser armen Frau zu helfen. Der Kommentar war Feuer auf ein Pulverfass der schnatternden Mäuler, so dass Ragefast sich genötigt sah, der verwirrten Bardin seine wertvolle Aufmerksamkeit zu widmen.
Ein, zwei Rituale später brach der Schleier, den die Besessenheit hinterlassen hatte. Doch mit ihm zerbrach auch eine ältere Verzauberung, die auf der Elfe lastete und die Illusion der Erinnerung an ihr letztes halbes Jahr verflog, um ihr die grausame Realität dieser Zeit zu offenbaren. Sie hatte sich an glückliche Monate mit ihrer Menschenfamilie und einem schlichten Leben auf einem Hof erinnert, während sie nun wusste, dass sie – oder zumindest ihr Körper – als willige Prostituierte gehandelt hatte, wie auch ihre beiden Schwestern sich täglich mit anderen Männern eingelassen hatten. Nach diesem zeitfressenden Dilemma war Ragefast heilfroh, dass Asconion und Damil beidermaßen der Elfe helfen wollten und somit eine Weile nicht mehr in Baldur’s Gate sein würden.
Asconion trommelte die in der Stadt verbliebene Truppe zusammen und da sein Aufbruch nicht unkommentiert sein konnte, erfuhr auch ein ansässiger Händler davon, der seinen Sohn, Duncan im schickte, sich der Truppe anzuschließen, um herauszufinden, was seine Lieferung auf der Route aufgehalten hatte.
Lyari hatte seinen Stein im Haus der Wunder gegen Magisches handeln wollen und bekam das Angebot eines Erlasses, wenn er auf seiner Reise den dortigen Pater aufsuchte, um ihn einen besonderen Stein untersuchen zu lassen, auf den sich dort niemand einen Reim machen konnte.
Xhorgul Schwarzhammer, der Schmied und Zwergengelehrte konnte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen, dem Gerücht nachzugehen, dass einer der Zwerge des Clans Dorwins Hämmer – ein beinahe ausgestorbenes Geschlecht, über dessen Schicksal wenig bekannt ist – gesehen wurde. Von Fenner, dessen Keule er herstellte erfur er von der Reisegruppe, die sein Ziel teilte und entschloss kurzerhand die Schmiede vorerst hinter sich zu lassen, um die Reise mit diesem seltenen Haufen anzutreten.
Nach einer kurzen Reise mit nur wenig Begegnungen aus ihrer Reiserichtung erreichten sie ihr Ziel; ein zerklüftetes Tal voller Zwergenruinen und tückischem Boden. An die besseren Teile der Trümmer waren neue Steine und Holzlatten angepasst, um ein gemütliches und im Anblick einzigartiges Wirtshaus mit einigen Nebenbauten zu bilden.
Sie lernten schnell die Bewohner des Hauses kennen, eben so schnell wie sie bemerkten, dass diese goldüberhangenen Glückbärchis zumindest teilweise im Lala-land sein mussten.
Greta, die Tochter des Wirtes warf sich begeistert an Damil, der all sein höfisches Können und Wissen mit ihr teilte, um ihren Hunger nach Fremdem zu begegnen. Als Dank gab sie ihm einen ihrer goldenen Ringe. Dieser, wie auch all das andere Gold stellten sich später als nekromantisches Machwerk heraus. Des Wirtes Sohn Garrin löste allgemeine Verstörtheit aus, denn er konnte mittelmäßig auf der Laute spielen und es herrschte eine gewisse Instrumentalophobie vor, die ihn zeitweilig zum Hauptverdächtigen machte.
Lyari übergab dem alten Azuthpriester Pater Faustos den steinernen Gegenstand zur Untersuchung und Xhorgul spekulierte, dass der Pater auch verwirrt sein musste, denn es gab Hinweise darauf, dass er Azuth nicht mehr diente und sich auch nicht darum scherte, ob die anderen es tun. Außerdem sprach er ihn auf Zwergisch an, was der Pater nur rudimentär konnte, obwohl er behauptete, wegen der Zwergenruinen hier zu sein.
Von Solofain erfuhren sie, dass sich in dem halben Jahr, dass sie weg gewesen sein musste, so vieles verändert hatte. Ihre „Schwestern“ waren um zehn, vielleicht fünfzehn Jahre gealtert und ihre Zurückhaltung hatte sich ins Gegenteil verkehrt. So fühlten sich Lotta – die zweite Schwester – und Justus – der ehemals stotternde Lehrling des Priesters – nicht einmal gestört, als Xhorgul sie in der Schmiede beim Akt erwischte.
Doch all das Treiben auf dem Hof wurde beobachtet. Lyari entdeckte die zwei Waldläufer (Fearen und Aarond) auf der Lauer als erster durch die Augen seiner Eule. Es kam schließlich zum Gespräch und sie erfuren von dem Karrenfriedhof etwas abseits der Straße und das niemand der die Taverne seit Monaten betreten hatte, je wieder herausgekommen war. Sie hörten von Camilla, der alten Kräuterfrau oder Hexe, vor der Duncan große Angst hatte. Und ihnen wurde berichtet, dass die Zwerge, welche täglich großartige Geschichten über ihre Abenteuer in der nahen Zwergenstätte zum besten geben, stets nur von morgens bis abends davor sitzen. Auch wurde bestätigt, dass der angelbiche Sohn des Wirtes wahrlich erst seit einigen Monaten dort lebt, doch alle behandeln ihn, als sei diese dritte Person im Bunde ganz natürlich. Faeren und Aarond wiesen den Weg zu Camilla, wobei der Trupp Xhorguls schweren Schrittes halber Bekanntschaft mit einer hisigen Schlafsporenpilzart in Aktion machte.
Camilla stellte sich als harmlose alte Frau heraus, die geschworen hatte/schwören musste, den Dörfern der Umgebung zu dienen und deshalb berichten konnte, dass sie bereits vier Kinder innerhalb des letzten halben Jahres von den Wirtstöchtern zur Welt gebracht hatte. Sie schert sich nicht besonders um die Menschen, doch hatte sie viel beobachtet. Sie beschrieb die Höhle der Zwerge als Ziel des Flusses nekromatischer Magie die von dem Goldschmuck ausging, doch wies darauf hin, dass die Bezauberung anderen Ursprungs sein müsste. Sie hatte weiteres Wissen über die Geschichte des Ortes und den Zwergenclan, doch reichte es nicht, um alle Fragen zu vertreiben. Ihre Informationen hatten einen Preis. So verpflichtete Asconion sich ohne lange zu fackeln, eine Urne mit ihrem Herzen darin an sich zu nehmen und einen Weg zu finden, selbiges zu vernichten, denn sie sehnte sich den Tod herbei, ist jedoch vieler Flüche und Händel halber nicht mehr in der Lage, dies selber in die Hand zu nehmen. Zu ihrer Versicherung muss Asconion einen verfluchten Ring tragen, der sich erst wieder lösen wird, wenn er sein Versprechen einlöst und ihr erlaubt ihn zu „erinnern“, wenn er sein Versprechen völlig vergisst.
In der Dämmerung kamen sie zurück zum Hof, wo sie Duncan und Solofain in der Obhut der Waldläufer ließen, welche selber lieber Abstand vom Gehöft hielten.
Die ausgelassene Stimmung und die Geschichten der Zwerge nur am Rande beachtend, wurde der völlig offensichtliche Zugang zum unteren Wirtshaus in der Küche gefunden. Statt eines kleinen Weinkellers eröffnete sich dort Lyari ein dreißig Meter tiefes Loch mit einer wackeligen Leiter, die in die ehemals prächtige Zwerkenkaverne hinabführte. Die guten Wünsche des Wirtes, das Harmoniebedürfnis des Barden, die schönen Augen der Frauen, alles ward nebensächlich, als der Trupp – Lyari und Fenner vorab – in die Tiefe stieg. Nur Xhorgul – der Priester – wachte oben, an der Theke lehnend über den heilken Abstieg.
Rift verwöhnt, dreist, arrogant oder verlogen zu nennen hätte ihm nur ein müdes Schulterzucken entlockt. Und das auch nur, wenn er die andere Person solcher Aufmerksamkeit für würdig erachtet hätte. Sein Vater war keine solche Person und seine Mutter war von Einfluss über ihn so weit entfernt, wie ein Drow von Integrität. Sie mussten schon sehr dumm sein, da sie ihn aus all den Miseren, in die Rift im Laufe der Jahre (in denen er bereits ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft hätte sein sollen) geraten war befreiten. In seiner Blütezeit des Trinkens und Herumhurens war er mit den Gefängniswärtern per „du“. Lange Zeit ging es nicht über Tavernenschlachten, Betrug beim Kartenspiel, Nutzen von Illusionszaubern um die Alten der Stadt zu Tode zu erschrecken und weiteren Streichen hinaus. Doch wachsende Macht und ein gewisses Talent ließen Rift wie ganz von selbst in eine Richtung gleiten, die niemand dem er lieb war gutheißen mochte. Denn wer sein Lebensschiff nicht lenkt landet dort, wo all jene landen, die es nicht tun. Stromabwärts. Wohlstand und das wahren gewisser Etikette vermag krumme Geschäfte und miese Gesellschaft lange hinter den Kulissen halten, doch irgendwann wägt man sich in Sicherheit, wird leichtsinnig, macht Fehler und zahlt letztlich den Preis. Zumindest Rift erging es so, weshalb er nicht weiß, ob es jemals jemandem anders ging. In den Geschichten, die er gerne hörte wurden die Gauner jedenfalls nicht wirklich geschnappt, sondern kamen mit dem Schatz und der Frau des Bestohlenen davon, um bis zum Ende ihrer Tage… und so weiter.
Das Leben holte ihn mit einem Tritt in seinen Menschenhintern ein, der ihn geradewegs über die Stadtmauer beförderte und das auch nur, weil seine Eltern ihn ein letztes, ein allerletztes Mal freigekauft hatten. Nicht aus dem Gefängnis. Sondern vorm Galgen. Der Mistberg hatte sich aufgetürmt, bis er dermaßen zu stinken begonnen hatte, dass Rifts hohe Herkunft ihn nicht mehr hatte verbergen können. Dabei war niemand gestorben. Doch viele Feinde hatte er sich gemacht, als er sich beim Versuch, sich einmal mehr aus aller Verantwortung herauszureden sprichwörtlich um Kopf und Kragen redete. Er beschuldigte sie alle. Freunde, Feinde, Verwandte, Gauner, Priester, selbst seine Eltern. Jeder war Schuld an seinem Weg in den Abgrund und für die Entscheidungen die gefallen waren, doch nicht er. Die durch den grinsend vom Richter verkündeten Satz „komm zurück und du bist noch nen Kopf kürzer.“ für ihn verschlossenen Stadttore ragten wie Mahnmale hinter ihm auf, als er sich mit nichts, als einem kleinen Obulus seiner noch immer warmherzigen Eltern – wie hatte er sie nur verdient – auf den Weg in ein neues Leben machte. Einen Raubüberfall später, gegen den die Tavernenschlägereien wie Liebesnächte wirkten, war er auch dieser Bürde entledigt und sah völlig am Ende und schlammverkrustet einer immer kleiner werdenden Überlebenswahrscheinlichkeit entgegen. Die Fingernägel bekamen Rillen, die Hautporen verstopften durch Dreck und entzündeten sich nicht selten, Beerensträucher zerrissen mit ihren Dornen kontinuierlich seine Kleidung und seine baren Füße (Räuber mögen gute Schuhe) können eher als wundeitrige, verhornte Klumpen beschrieben werden, denn als humanoide Körperteile. So fand ihn Garn. Oder Rift fand ihn. Oder das Schicksal fand Rift und brachte ihn zu Garn. Oder ein Gott fand Garn und zerrte ihn zu Rift. Oder, oder, oder. Viele Möglichkeiten spielten sie im Laufe der kommenden Jahre durch, fest stand nur, dass sie beide zueinander gefunden hatten, ohne dass der eine den anderen auch nur im Ansatz mochte. Garn tat Gutes, Rift brauchte jemanden der ihm Gutes tat sehr dringend. Die erste Zeit in der Garn Rift lehrte zumindest nicht völlig im Wald zu verhungern brachte ihn Garns Gerede über das Gleichgewicht der Natur, das innere Gleichgewicht und sonstige Gleichgewichte völlig in Rage. So funktionierte die Welt nicht. Zumindest Rifts Welt nicht. Es gab dort Arschlöcher, größere Arschlöcher und Leute die von Arschlöchern ausgenutzt wurden, bis sie beschlossen, selber Arschlöcher zu werden. Wer den anderen nicht zum eigenen Vorteil ausnutzte hatte verloren. Das hatte Rift schnell verstanden. Dachte er damals zumindest. Garns Sicht der Welt hingegen klang beunruhigend beruhigend. Alles hatte seinen Platz, alles hatte seinen Sinn, alles war in einem kosmischem Kreislauf und alles kam zu einem zurück. Nun, zumindest die letzte Lektion hatte Rift bereits gelernt. Von innerem Gleichgewicht war damals noch keine Spur zu ahnen, doch Garns Worte bildeten Keime. Mehr in Rifts Herzen, denn in seinem Verstand und der alte Druide konnte es sehen. Das war wohl auch der Grund, dass er diesen unaustehlichen Stadtbengel solange bei sich duldete und schließlich sogar als seinen Schüler betrachtete. Er lehrte ihn die Kraft der Ruhe, die in der Natur, dem Rauschen der Blätter und dem Betrachten der Sterne liegt. Rift besann sich immer mehr und er spürte, wie die Taten seiner Vergangenheit einer Bleikugel gleich seinen Weg verlangsamten. Wenn er in der Gestalt eines Wolfes die Wälder durchstreifte fielen alle Sorgen von ihm ab, doch sein Menschenkörper brachte stehts den alten Schmerz zurück. Reue, die er nie gefühlt hatte. Auch dies sah Garn vielleicht klarer als Rift selbst. Auch wenn er es lieben gelernt hatte, so konnte er nicht auf dem Weg des Druiden weiter wandeln. Er musste sich seiner Vergangenheit stellen. Verantwortung übernehmen. Dinge wieder gerade rücken.
In der Nacht des Abschiedes machte Garn Rift ein Geschenk. Er sog, die Kraft der Natur nutzend, die nun auch Rift durchstömte all die bösen Gedanken, Absichten, Taten, Schummeleien, Betrügereien, den Verrat und die Lügen ans Licht und sie schauten es sich im Licht des Feuers an, als sei es das Leben eines anderen. Für den Moment war aller Schmerz gewichen, Rift fühlte sich frei wie nie zuvor und seine Seele jubelte vor Freude. Doch, so sagte Garn, sei es noch nicht die Zeit des vollendeten Glücks. Viele Lektionen seien noch zu lernen und er, Rift wisse nun, um welche es sich handele. Dies sei ein Geschenk, denn es würde ihn Weisheit lehren. Damit sanken sie alle zurück in seinen Körper und brannten sich in all ihrer hässlichen Dunkelheit in seine Haut. Er betrachtete sie lange, denn jede Linie hatte eine Bedeutung.
Der Abschied von Garn war leicht, denn es war Richtig zu gehen. Seine letzten Worte schallen noch heute in seinen Träumen wieder: „Rift mein Junge. Viele Wesen tragen die Dunkelheit in ihrem Inneren. Du trägst sie offen, so kann sie nicht mehr nach deinem Herzen greifen. Lebe Wohl.“
Rift wusste was zu tun war. Ein Blick auf seinen Arm verriet es ihm. Das war vielleicht noch keine Weisheit, aber sicherlich ein Weg. Er selber konnte nicht mehr zurück in die Stadt und auch seine Trugbilder hätten ihn dort nicht in Sicherheit gewogen. So nahm er die Gestalt eines Hundes an und ging zu den ersten Wesen, von denen er wusste, dass er ihnen mehr zurückzuzahlen hatte, als er in diesem Leben geben konnte. Lange Jahre war er der Hund seiner Eltern und ihnen eine wahre Freude. Er blieb, bis sie verstarben und trauerte Wochen an ihrem Grab. Noch lange Jahre erzählte man die herzerweichende Geschichte dieses treuen Hundes in der Stadt, der blieb, bis seine Seele beim ersten Vollmond seinen Herren folgte. Das stimmte nicht ganz. Es war noch nicht die Zeit zum sterben. Er hatte die Jahre nicht nur untätig vorm Kamin verbracht. Niemand beachtet einen Straßenköter. So hatte er viel in Erfahrung gebracht, bis die Wachen sich irgendwann nicht mehr wunderten, wenn einmal mehr ein anonymer Hinweis einen Raub, eine Schmugglertour oder ein geheimes Vesteck verriet. Stück für Stück schwanden die Tatowierungen über die Jahre. Sie sind nicht fort, doch gibt es in dieser Stadt keine Schuld mehr zu begleichen. Und mit der selben Leichtigkeit, mit der er von Garn Abschied nahm verlies er dieses Mal seine Heimat. Es war noch viel zu lernen.
Schon bald fing er an, seine alten Talente der Täuschung mit den neu gewonnenen Weisheiten zu verbinden und das soziale Spiel einem höheren Zweck zu unterstellen. Wo er war erwachten alte Legenden zu neuen Leben und Omen wiesen den Menschen den Weg. Alles Trugbilder, doch das würde in keinem Geschichtsbuch jemals stehen, denn der Trug war schöner als die Wahrheit, die er schließlich veränderte. Rift fing an von Stadt zu Stadt zu reisen und gewann Vertrauen, stets die Rolle zu finden und zu verkörpern, die die Natur dort für ihn vorgesehen hatte.
Besonderes:
– Auspendeln von Entscheidungen, um Zugang zur größeren Weisheit zu finden, die er noch nicht versteht.
– Hat verschiedene Kleidungsstücke, die clever miteinander kombiniert oder auf links gedreht einige, stereotype Verkleidungen bieten
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