Eine trübe Ahnung (The Legion of the Trusted)

Auszug aus den Aufzeichnungen Xhorgul Schwarzhammers: Erinnerungen eines Dwar V

Hergos in die Tiefen

Kaum hatten wir die Naeborn der Gnur verlassen, als Rufus einige Murmelings über die vor uns liegenden Delven mit uns teilte. Die ehemals mit Dwarmarnarks verzierten Tunnelwände seien durch die Klauen des Durgarn zerkratzt und zerfurcht worden, als dieser sich durch engen Gänge zwang.

Voller Erfurcht lauschte ich den Rem des Gnur als wir den Weg in die Tiefen antraten … Die sorgfältig aus dem Nae gearbeiteten Wände zeigten nach und nach seltsame Verformungen auf. Ganz so, als seien sie wie Donnar in einer Esse geschmolzen. Rufus berichtete von den Murmelings, die behaupteten, dass diese Spuren vom Telodem des Durgarn stammen würden, entkräftete diese Spekulationen jedoch mit schlagkärftigen Rem. Ein Schattendurgarn wie Trübschimer konnte gar keine Flammen spucken, sondern habe vielmehr dunkle Wolken ausgestoßen, die seinen Widersachern die Lebenskräfte raubte.

Rufus hatte die Tunnel, die zur Gnurdrukar führten offenbar mit Fallen versehen. Immer wieder wurden wir aufgefordert, Engpässe nur an ganz bestimmten Stellen zu durchqueren, bestimmte Felsformationen zu meiden, oder Bodenbereiche nicht zu betreten. Ich wollte die Stellen für einen möglichen Rückweg mit Kreide oder Kohle markieren, zog damit jedoch den entschlossenen Protest und Unmut des Gnur auf mich. Da diese Fallen letztlich dem Barak seiner Sippe dienten, willigte ich ein auf Wegzeichen zu verzichten. Nach etwa zwei Stunden Marsch verharrte unser kleiner Führer mit bedeutungsvoller Geste an einer Weggabelung und teilte uns mit, dass wir von nun an, die von ihm „gesichterten“ Pfade verlassen würden. Er mahnte uns zur Vorsicht und forderte Ruhe und Wachsamkeit. Bevor wir erneut aufbrachen, erbat ich vom Seelenschmied „Eiserne Stille“ und sprache einige Darsamrem zur Stärkung meiner Og.

Die Bitte des Gnur

Rufus führte uns durch unzählige Delven, natürliche Kavernen und von Wurgym der Tiefen gegrabene Stollen. Hin und wieder kreuzten wir auch alte Handelsrouten der Dwar, die wir jedoch meist schnell wieder verließen, da diese angeblich nicht mehr sicher seien… Nachdem wir uns durch mehre sehr schmale Burakrin gezwängt hatten erreichten wir eine kleine Höhle, die von einem silvern schimmerndern Fungus in ein angenehmes Licht getaucht wurde. Der Gnur hielt inne und begann rumzudrucksen: Er könne uns natürlich auf dem direkten Weg zu Garumns Schlucht führen, aber wenn wir bereit für einen kleinen Umweg seien, könnten wir ihm und seiner Sippe doch vielleicht einen kleinen Gefallen erweisen… Wir forderten ihn auf, sein Anliegen klar auszusprechen, statt weiter um den heißen Brei zu murmeln. Er schien etwas überrascht, trug sie dann jedoch ohne viele Rem vor. Nur wenige Stunden von hier habe sich ein Stamm Kobolde niedergelassen. Dieses elende Wurgym würde von einem merkwürdigen „Schamanen“ angeführt und Angriffe auf die Gnur seien keine Seltenheit. Rufus vermutete zudem, dass diese Kobolde über irgendeine Art Barak gegen den von ihm so sehr gefürchteten „Grimmbock“ verfügten, da dieser die Naeborn der Kobolde seltsamerweise meide.

Ich zögerte einen Moment, da die Erinnerungen an die verheerenden Folgen der Schlacht gegen die Trolle am Fuße der Rauvinmar in mir aufloderten. Es war unwahrscheinlich, dass derart schwächliche Wesen wie Kobolde ohne die schützende Hand anderer dunkler Mächte lange im Caurak überleben würden… War es weise, abermals von unserem Pfad abzuweichen? Andererseits bot uns diese Bitte des Gnur die Gelegenheit, ihm und seiner Sippe im Gegenzug für seine Thalorn einen Dienst zu erweisen und uns zugleich einen Eindruck von den Fähigkeiten unseres neuen Gefährten zu verschaffen… Die Vergangenheit hatte uns mehrfach die Bedeutung eines koordinierten Vorgehens vor Augen geführt… Arrat hingegen zögerte keinen Wimpernschlag und stellte klar, dass er jederzeit bereit sei, sich „Bösen Mächten“ entgegenzustellen. Seine Entschlossenheit war unter den Hurm selten zu finden und auch wenn ich mir über den Ursprung seiner Geisteshaltung weiterhin im Unklaren war, wuchs meine Achtung vor dem „Marnarnagland“ zunehmend… Schließlich entschlossen wir uns einstimmig, diesen hässlichen Echsenmäuler einen Besuch abzustatten!

Rufus hatte den Naebornkomplex bereits sehr gut ausgekundschaftet und zeichnete uns einen Lageplan, berichtete über verschiedene Zugänge und ihre Tücken. Ich wurde langsam skeptisch, denn alles schien so, als folgten wir einem bereits  lange von ihm ausgeheckten Plan. Dies änderte jedoch nichts an unserem Vorhaben, dem Gnur uns seiner Sippe zu beizustehen. Die Entscheidungen wurden schnell und ohne lange Murmelings getroffen. Rylan würde gemeinsam mit Lyari und Arrats Thandurgarn jenen Gang von Wachen befreien, der uns am nächsten zur Haupthöhle des Feindes bringen würde. Wir Anderen wollten ihnen dann nach einer Pfeifenlänge folgen. Da wir damit rechnen mussten, dass einige Kobolde schnell die Flucht ergreifen und später Rache schwören würden, sollte sich Rufus zum Schutz seiner Sippe möglichst im Verborgenen halten.

Die beiden Olven verschwanden gefolgt von den smaragdfarbenen Schwingen des Thandurgarn in den Schatten. Ich stopfe mir ein Pfeifchen, genoß die Stille der Tiefe und beobachtete, wie sich die aufsteigenden Rauchwolken an den Stein der Höhlendecke schmiegten… Rufus war sichtlich nervös, doch er schien sich ein wenig zu beruhigen, als ich auch ihm eine Fingerkuppe des Fungustabbaks anbot.

Wie ich später von Lyari erfuhr, gelang es den beiden Olven mehrere Wachposten, Alarmvorrichtungen und Fallen auszuschalten. Das neue Spitzohr an unserer Seite schien nach Lyaris erster Einschätzung erfahren, sich unbemerkt und wenn nötig auch in absoluter Dunkelheit zu bewegen. Die Agland der Olven suchten und fanden die Kehlen der Wachen, umgingen die Mechanismen und drangen lautlos bis zum Burakrin im die Stammesnaeborn vor. Die beiden eilten uns entgegen, als das Fehlen einer Koboldwache die Aufmerksamkeit weiterer Feinde erweckte. Mit zügigen Schritten drangen wir durch die dunklen Gänge voran. Als wir die letzte Trittfalle passiert hatten, erklärte ich die „Verhandlungen der Schatten“ für beendet, umschloss das Heft meines Hammers mit beiden Händen und ging in den Laufschritt über…

Die Stammesnaeborn der Echsenmäuler 

Der Tunnel verengte sich, machte einen scharfen Knick und weitete sich kurz darauf in eine beachtliche Naeborn. Mehrere Teltyn und mindestens zwei dutzend Fackeln bedeuteten uns, dass wir unser Ziel erreicht hätten. Die Stammesbehausung erstreckte sich über drei Ebenen, deren felsige Plateaus sich zur Mitte hin öffneten und durch halsbrecherisch anmutendende Hängebrücken miteinander verbunden waren. Im hinteren Bereich war eine aus Häuten und Knochen gefertigte Hütte auszumachen, aus der eine koboldähnliche Gestalt hervortrat. Selbst aus der Ferne schien der in blutverschmierte Gewänder gehüllte Schamane von einer dunklen Aura umgeben, als sei er gerade einer jenseitigen Olor entstiegen…
KoboldMeine Stiefel fanden auf dem glitschigen Felsboden gerade noch rechtzeitig Halt und ich kam unmittelbar vor einem muffig stinkenden Wurlurloch zum stehen, welches uns einen ungehinderten Ansturm unmöglich machte. Die Spitzen mehrerer Haufen Largh ragten bis knapp über die sich leicht kräuselnde Oberfläche und bildeten einen kleinen Pfad. Abgesehen davon, dass wir diesen nur einzeln hätten überqueren könnten, hegte ich erhebliche Zweifel bezüglich seiner Belastbarkeit …

Die Kobolde hatten sich bereits formiert und schienen unseren Angriff ungeduldig erwartet zu haben. Am gegenüberliegendn Rand des Wurlurlochs schauten wir dutzenden Speerspitzen entgegen. Die Hängebrücken füllten sich gerade mit Fernkämpfern, welche sich mit Schleudern und einfachen Armbrüsten in Stellung brachten, währnd der Schamane im Hintergrund düstere Gesänge anstimmte…

Die beiden Olven hatten an der rechten und linken Flanke des Burakrins ihre Tang gezogen und legten bereits die ersten Thantanos auf. Arrat begann trotz gezogener Agland Marnarnformeln anzustimmen und formte mit seiner linken Hand fast spielerisch eine feurige Kugel, die kurz darauf in einer Flammenwolke gegenüber des Wasserlochs inmitten der feindlichen Reihen zerbarst und ein halbes Dutzend Kobolde in Asche verwandelte! Der Schamane im Hintergrund hob sein Gekrächze zu einem grellen Schrei an und schleuderte uns eine dunkle Masse entgegen, die kurz darauf Wurlur und Boden vor unseren Stiefeln mit schwarzen sich windenden Schlieren überzog.

Ich reckte ihm trotzend den Hammer entgegen und rezitierte die Rem für einen angemessenen Gegenschlag. Im Nae zu Füßen des Schamanen sammelte sich die heilige Ol des Seelenschmieds und entfesselte begleitet vom Klang eines klirrenden Ambossschlages ihre verheerende Wirkung… Zu meiner freudigen Überraschung hatte die düstere Seele des Schamanen diesen Kräften nichts entgegenzusetzen und wurde auf der Stelle zerschmettert! Murgmal!

Das tödliche Surren der Olventangsehnen war wie ein Schlachtlied in meinen Ohren und beförderte einen Kobold nach dem anderen – mal nach vorn, mal nach hinten – über die niedrige Seilbrüstung der Hängebrücken. Die bereits leblosen Körper schlugen inmitten der feinlichen Reihen auf dem Naeboden oder direkt in den Teltyn auf, was einige der Angreifer zur sofortigen Flucht anspornte… Valdar! Die verbliebenen Koboldschützen ließen einen wahren Hagel aus Geschossen auf uns herabregnen, doch da die Brücken durch das hektische Durcheinander in Schwingung geraten waren, fand bis auf einen Querschläger, der Rylan am Kopf streifte, kaum eines ihr Ziel…

Auch wenn die Naeborn mit dem für Kobolden so typischen Gestank nach nassem Hundefell erfüllt war, war es nun an der Zeit vorzurücken! Flankiert durch die Thantanos der Spitzohren durchtrennte Arrat mit einem beherzten Wurf seiner brenndenden Agland eine der Brücken. Ich rief Moradin an und formte das Gestein der rechten Felswand zu einem schmalen Gang, der uns eine trockene Passage vorbei an dem hässlichen Wurlur bot.

Die Echsenmäuler stoben auseinander und einige zogen sich aus unserem Sichtfeld in die hinteren Bereiche der über uns liegenden Felsplateaus zurück. Die Schlacht schien geschlagen und doch würde jeder entkommene Kobold Rufus Gnursippe weiter bedrohen. Ich erhob abermals die Stimme zum Gebet und verwandelte eine der Felsplattformen in eine tödliche Falle aus zerberstenden spitzen Nae. Die Wirkung ließ sich nur anhand der Schmerzensschreie ermessen, nun durch die Naeborn hallten. Um jeglichen möglicherweise verbliebenen Kampfgeist des Feindes zu brechen stellte ich meinen Stiefel auf den Schädel des Schamanen, hob meinen Hammer und rief die Remalagh meines Volkes:  Dwar arglargul! Dwar mangul! Dwar araudek!

VerhörLyaris Samrynfrus, das sich bisher in den Schatten verborgen gehalten hatte stieg lautlos in die höheren Ebenen auf. Der flinke Vuddkriecher hangelte sich kurz darauf an einem der herabhängenden Brückentaue behände nach oben und forderte mich nur wenige Augenblicke später auf, die Wirkung der spitzen Nae zu beenden. Arrat schnappte sich einen der fliehenden Echsenmäuler am Kragen und redete in den Rem des Feindes auf diesen ein. Doch erst als er den Kleinen an den Füßen packte und kopfüber durchschüttelte begann dieser zu murmeln. Rylan machte sich daran die verbliebenen Schatten nach möglichen Hinterhalten abzusuchen.

Marnarnthork und eine dunkle Ahnung

Die provisorisch erichtete Hütte des Schamanen bestand tatsächlich aus Koboldhäuten und den Überresten anderen Wurgyms. In dessen Mitte stand eine mit Blut gefüllte Schale auf einem Altar mit mir unbekannten Zeichen, die eine deutlich spürbare Aura aus Marnarnthork ausstrahlte. Skeptisch musterte ich das seltsame Gefäß und musste all meine Willenskraft aufbringen, um dieses Werkzeug des Dunkels nicht auf der Stelle in tausend Teile zu zerschlagen. Arrat erschien im Eingang und entzifferte vier drakonischen Symbole auf dem Altar: „Magie“, „Lebenskraft“, so etwas wie „Übertragung“ und „Herr“ oder „Meister“. Offenbar war der Schamane davon überzeugt, dass seine Opfergaben ein oder mehrere „Große Wesen der Tiefe“ erwecken könne. Meinte er vielleicht seine großen entfernen „Echsenverwandten“ die Durgarn? Könnte es wirklich seine Absicht gewesen sein, den mächtigen Trübschimmer mithilfe der Opfer solch schwächlicher Geschöpfe mit neuem Leben zu erfüllen? Dann musste er mächtige Verbündete haben! Murmelings über einen geheimen „Drachenkult“, der sich der Erweckung von Durgarn verschrieben haben soll,  füllten so manch durchzechte Aurdrukarnacht seit Jahrzehnten. Ich wusste nur, dass einige Magmornder ihre Kraft aus den Seelen lebendiger Wesen bezogen, doch Blutmarnarn dieser Art war weder mir noch Arrat bisher auf den Amboss gekommen. Mit der Thalorn des Hurm gelang es schhließlich,  die Marnarnkräfte der Schale für einen Augenblick zu unterdrücken und das finstere Machwerk mit meinem Hammer zu zerschmettern!

Beim Durchstöbern der Hütte war ich zudem auf eine versteckte Bodenluke gestoßen. Ich signalisierte Arrat, dass ich an deren Eingang wachen würde, bis meine Gefährten bereit seien, diese weiter zu erkunden. In Gedanken versunken stütze ich mich auf meinen Hammer und entzündete ein wohlverdientes Pfeifchen! Würde uns diese einfache Luke weiter in die Tiefen führen? Würde sie uns unserem eingentlichen Ziel näher bringen, oder nur weitere unbekannte Gefahren bereithalten? Abbathoranhänger verehrten Durgarn manchmal für ihre unermesslichen Reichtümer… Ich vertraute darauf, dass Moradin mir den rechten Pfad weisen würde! Diese finsteren Treiben musste so oder so ein Ende gesetzt werden!

ankhegLyari hatte unterdessen aus einem übergroßen Käfig einen ebenso übergroßen Käfer befreit. Seine äußergewöhnlichen Olvengaben ermöglichten es ihm sogar, diesem Geschöpf mit Klack-Lauten einfache Anweisungen zu geben… Die riesigen Chitinzangen griffen hart zu, als das Spitzohr damit begann, Koboldleichen an den Käfer zu verfüttern. Rylan hatte mittlerweile eine Hand voll Echsenmäuler aufgestöbert, welche hinter mehreren Felsbrocken kauerten und den passenden Zeitpunkt verpasst haben mussten, diese auf uns herabstürzen zu lassen. Auch sie wurden zu Nahrung für den Käfer!

Es dauerte eine ganze Weile, bis ich auch die Stimme des Gnur vernahm. Dieser schien über das Schlachtfeld mehr als verwundert, von dem Käfer offenbar beunruhigt, begann jedoch bald die Naebornzugänge nach den von ihm vermuteten Marnarnsymbolen abzusuchen. Sein entferntes wirres Brabbeln schlug irgendwann in Kichern und freundiges Lachen um, auch wenn es mir unmöglich war daraus zu schließen, ob seine Suche von erfolg gekrönt worden war.

Rylan betrat die Hütte und bat mich, seine Verwundungen mit den Gulmol des Seelenschmieds zu versorgen. Auch wenn er sein Anliegen mit glaubwürdigem Respekt vorgetragen hatte, verlor er in der reinigenden Glut das Bewusstsein. Ich deutete zur Luke und bat ihn, diese näher in Augenschein zu nehmen… Er vermutete tatsächlich einen verborgenen Mechanismus, konnte dessen Funktionsweise allerdings nicht auf Anhieb einordnen. Mit leicht verzweifelter Miene versuchte er sich der Tage seiner Ausbildung zu erinnern…

 

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