Die hohe Kunst der Diplomatie (The Legacy of the Grey Guardians)
„Diplomatie ist die Kunst, mit hundert Worten zu verschweigen, was man mit einem Wort sagen könnte.“ Saint-John Perse
Es ist schon seltsam, was man als Held so erlebt. Man bekommt geradezu das Gefühl, die Realität sei nur eine Geschichte, die man als Zuschauer aus der Perspektive eines Dritten erlebt.
So unwirklich diese Dinge nun klingen müssen, die ich euch jetzt erzählen werde, so sind sie dennoch geschehen. Ganz wie in einem Märchen.
Nachdem wir aus der Kanalisation zurück waren und Volo uns sein Anwesen überschrieben hatte, nutzen wir die Zeit, um das Objekt zu inspizieren und langsam herzurichten.
Wenig später kam ein Kurier zu dem Grundstück und überreichte uns eine Vorladung von Laeral Silverhand selbst – was wollte die Erwählte nun schon wieder von uns?
In letzter Zeit hatte ich das Gefühl, eine Art Babysitter zu sein – für die „Noblen“ als auch für die „Einfachen“.
Ob mich das reifer macht? Eine gute Frage. Jedenfalls hält es mir einen Spiegel vor, wenn ich mir das Verhalten meiner Kameraden anschaue und zurück denke, wie impulsiv ich selbst in der Vergangenheit handelte. Es ist, als würde ich zurück blicken und aus einem Traum erwachen, der sich Jugend nennt. Oder Naivität.
Vor Ort erklärte man uns Fünfen – Gerry, Ola Lee, Mia Lee (beide nicht verwandt), Wesir ibn Drale (Abdul) und meine Wenigkeit, Cipher Zaabiz – Held von Tiefwasser, dass die Botschaft Tiefwassers auf Landterm dem Erdboden gleichgemacht wurde und wir die Umstände dieser Sache herausfinden sollten, bevor das politische Erdbeben, was folgen sollte, besagte Insel in den Tiefen des Meeres versenkt.
Ola Lee erklärte hierzu, dass Sie als Dritte Partei mit einer engen örtlichen Verstrickung zu Landterm als Vermittler für beide Seiten auftritt, schon allein um die vielen Zivilisten dort zu schützen, die alle unter einem Krieg zu leiden hätten.
Das besondere an diplomatischen Aufträgen ist deren hohe Verstrickung der Machthabenden zu hohen Einsätzen auf allen Seiten führt.
Scheitern wir, lösen wir einen Seekrieg aus, den keine Seite gewinnt. Gewinnen wir, haben wir nicht nur einen Krieg verhindert sondern auch Kosten in Höhe abertausender Goldstücke für Tiefwasser eingespart.
Daher witterte ich eine einmalige Chance und verhandelte im Interesse meines Handelshauses – nicht nur bat ich Laeral Silverhand, uns mit Diplomatenstatus auszustatten und entsprechend zu entlohnen, ich schaffte es sogar, einen Logistikvertrag für die Seeroute nach Landterm zu erwerben – ein Exklusivvertrag der meiner Familie Gold und Einfluss bringen würde!
Jedenfalls bereiteten wir uns mit den offiziellen Dokumenten im Gepäck auf die Reise vor – Gerry allen voran, der vermutlich noch niemals mehr Geld als ein paar Kupfer auf einmal besessen haben schien, ging ordentlich shoppen und kaufte sich jede Menge unnützes Zeug.
Während wir das Schiff betraten, dass Ola Lee für uns organisierte, berichtete die Wasserelfe uns von den Fraktionen Landterms und die Besonderheiten der Insel.
Es handelte sich wohl um eine Art Archipel oder Atoll mit einer großen Menge an Schätzen und Ressourcen. Aufgrund der günstigen Lage und der Niederlassung bastelbegeisterter Gnome war Landterm eine sehr reiche Insel mit hohem Einflussgebiet – was den Erfolg unserer Mission umso dringender machte.
Auf dem Schiff angekommen und in See gestochen teilte sich die Gruppe in zwei Arten von Humanoiden auf – jene ohne Seekrankheit und jene mit.
Ich kann nicht abstreiten, es mit einer gewissen Genugtuung wahrgenommen zu haben, wie sich die Männer mit der Änderung Ihrer Gesichtsfarbe zu übertrumpfen suchten, während die beiden Damen und ich die Frische Briese genossen haben – es war schließlich nicht meine erste Seefahrt. Es würde auch nicht meine letzte sein. Bei den anderen war ich mir da nicht so sicher…
Nicht allzu lang an Bord und ein Gnom machte auf sich aufmerksam, der unseren Mönch etwas zu necken schien. Er stellte sich als „Stormy“ vor, weiße Haare, kleine Statur, Dreispitz und gnomische Natur.
Der Scherzkeks machte sich einen Spaß daraus, Gerry zu schikanieren, ich genoss ein wenig das Schauspiel, bis der Kapitän unsere Aufmerksamkeit einforderte. Gerry wollte direkt Kapitän werden – was den tatsächlichen Schiffsobersten kalt ließ – ich bot an, den frechen Jungen kielholen zu lassen, um sein Temperament etwas abzukühlen.
Die Seeluft muss seinen bereits in Zügen verrückten Verstand völlig vernebelt haben. Aber ich bekam in Kürze Gelegenheit, ihn wieder zur Vernunft zu bringen.
Der Kapitän erklärte uns, dass er in Kürze einen Handel mit den Piraten dieser See abschließen würde, um dem Schiff sicheres Geleit zu ermöglichen.
Auch wenn ich selbst ungern mit Verbrechern Geschäfte mache, so war dies für diese Leute eine tägliche Routine, um die Seereisen unbeschadet zu überstehen. Wir wurden gebeten, den Handel zu respektieren und keine Schwierigkeiten zu machen.
Die Realität war jedoch eine andere – lasst mich berichten:
Als das Schiff der Piraten andockte, hielten sich Mia Lee und Abdul unter Deck auf, der eine wegen Übelkeit, die andere wohl aus Langeweile.
Gerry hatte sich inzwischen gefangen und besaß nun wieder eine deutlich gesündere Gesichtsfarbe – das hielt ihn jedoch nicht ab, gewisse Dummheiten zu machen. zunächst spielte er sich als Kapitän auf, dann provozierte er den Piratenkapitän. Als nächstes rollte eines der Fässer, welches die Piraten mitnahmen, über Bord, zusammen mit dem Piraten, der von der Planke rutschte. Gerry machte sich über die Unfähigkeit der Piraten lustig, einfache Fässer mitzunehmen, während der Kapitän der Schwarzflagge nach Kompensation fragte, welche Gerry ihm direkt verweigerte. Als nächstes stahl dieser dem Kapitän seinen Dreispitz, als dieser die Planke inspizierte und dadurch auch mit einem Platschen ins Wasser fiel – Gerry behauptete, nun selbst endlich Kapitän von deren Schiff zu sein. Um die Wogen zu glätten, scherzte ich, könnten Sie den Jungen doch mitnehmen, um ihn etwas Disziplin beizubringen. Lachend akzeptierte der Piratenkapitän meine Worte und das Unglück nahm seinen Lauf.
Gerry sprang auf die andere Seite und fing direkt an, dort zu randalieren – wenn niemand etwas täte, würde dies zu einer gefährlichen Schlacht zu eskalieren – der Moment war gekommen, dem Jungen zu zeigen, warum ich ein Held und er ein Bettler war!
Ich brachte mich in Reichweite, warf meine Kette, traf Gerry damit und umwickelte ihn und zog ihn mit einem kraftvollen Ruck auf meine Seite, um ihn dann mit meinem Schild eine zu verpassen und auf den Boden zu drücken. Er wehrte sich zwar aber ein-zwei Schildschläge brachten den Jungen zur Räson und er wurde still.
Während Stormy den Kapitän der Piraten davor warnte, dass ein Seemonster angriff, sodass dieser schleunigst auch von unseren Matrosen aus dem Wasser gehievt wurde. Das Seemonster verschlang die Fässer im Wasser und war so schnell fort, wie es gekommen war.
Um ein größeres Unglück zu verhindern, brachte ich Gerry unter Deck und gab den Dreispitz zurück, bis das Schiff der Piraten fort war. Unser Kapitän erklärte uns, dass er aufgrund der verlorenen Fässer dies mit den schiffseigenen Vorräten kompensieren musste. Sie hatten kaum noch genug Trinkwasser für die restliche Fahrt. Nachdem der schmollende Gerry von mir freigelassen wurde und wir uns gegenseitig harsch kritisierten, kümmerte ich mich um die Wasservorräte. Mia-Lee, die etwas Wassermagie beherrschte, füllte ein paar der Fässer, die ich sogleich mit einem einfachen Paladinzauber von dem Salz befreite. Es schäumte weiß auf und das Salz und andere Verunreinigungen ließen sich von der Oberfläche abschöpfen, um somit Trinkbares Meerwasser herzustellen. Die Matrosen bedankten sich, aber das war das Mindeste, was ich tun konnte, nachdem das fast ins Auge gegangen wäre.
Stormy wurde dann auch gesprächiger und es stellte sich heraus, dass er, zumindest aus meiner Sicht, etwas mit den Fässern getan hatte, von allein wären diese nicht ins Wasser gerollt…
Jedenfalls bat ich den Gnom, seine schelmische Art besser unter Kontrolle zu halten und konnte sogar einen hervorragenden Vertrag abschließen.
Stormy würde keine Magie mehr benutzen, um uns – auch nicht zum Spaß – zu sabottieren und wenn es drauf ankommt, rettet er mir sogar das Leben, dafür, dass ich keine Personen mehr als Sklaven verkaufe (Was ich eh nicht vorgehabt hätte. Keiner wäre mit Gerry als Diener je zufrieden gewesen.) <
Weiterhin opferte ich ein paar Weine aus meiner transportablen Weinsammlung, um Stormys schelmische Fähigkeiten näher unter Augenschein zu nehmen. Er schien eine Art Magier zu sein, der sich auf… Schabernack(?) zu spezialisieren schien?
In der Taverne beschlossen wir, zu rasten und mit Anbruch des nächsten Morgens auf unser Schiff nach Landterm zu reisen, da wir hier lediglich in einer kleinen Zwischenstation angekommen waren. Die letzten Ereignisse resümierend dachte ich vor allem über Stormy nach und wie sich dieser für unsere Zwecke möglicherweise gewinnbringend einspannen ließ. Letztendlich war er ein Gnom von Ladterm und gehörte zu der dortigen Bevölkerung. Das könnte uns noch nützlich sein…
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