Der Sieg über den Nekromanten war hart erkämpft, aber der Preis war es wert, das Portal zurück an die Oberwelt stand offen, nun galt es nur noch es richtig auszurichten und zu aktivieren. Zu diesem Zweck teilte sich die Gruppe in zwei Lager, zum einen die Herren (und Dame) Gelehrten, bestehenden aus Nashazar, Thoringal und Nanay setzten sich gemeinsam daran, das Rätsel zu lösen, was den restlichen dreien, Grumpf, Blm und Totes Pferd Zeit gab sich noch einmal alle Räume des Gewölbes genauer anzusehen und nach Schätzen zu suchen – sie würden nach all den Qualen und Prüfungen bestimmt nicht ohne Beute fortgehen!
Kurzerhand die Überreste des Nekromanten und seines Wachschleims geplündert machten sich das Trio also auf, angeführt von Blm und seiner Fähigkeit zum Entdecken von magischen Gegenständen.
Der erste Abstecher führte sie in die Kleiderkammer des Gewölbes, auf der Suche nach Ersatz für ihre von Feuer und Säure zersetzten alten Lumpen, in denen sie ohnehin schon viel zu lange unterwegs waren. Hier schlug Blms Fähigkeit auch das erste Mal an, eine Robe aus dem Wäschestapel, an sich ein schlichtes graues Ding aus Wolle glühte förmlich in den Augen des gierigen kleinen Gnoms. Aber Blm war natürlich intelligent genug, nicht einfach ein fremdes magisches Kleidungsstück einfach so überzuziehen, vor allem eins mit einem aufgestickten lachenden Totenschädel.
An dieser Stelle möchte ich die Erzählung kurz unterbrechen, um uneingeweihte Leser eine kleine spielmechanische Eigenheit von Dungeons and Dragons zu erklären. DnD-Charaktere haben zwei getrennte, aber gleichwichtige Attributwerte um zu beschreiben wie schlau sie sich verhalten sollten: Intelligenz und Weisheit. Intelligenz beschreibt die Fähigkeit abstrakt zu denken, Probleme zu analysieren und eine Lösung zu finden. Weisheit beschreibt die Fähigkeit, die umgangsprachlich als „gesunder Menschenverstand“ bezeichnet wird, das frühzeitige Erkennen und Vermeiden von Problemen bevor sie zu Problemen werden können.
Einer dieser beiden Attributwerte ist auf Blms Charakterbogen sehr viel höher eingetragen als der andere. Wenn ihr richtig ratet, bekommt ihr einen virtuellen Keks.
Als nächstes fand folgendes Gespräch statt, das euer bescheidener Erzähler in gekürzter Fassung festgehalten hat:
„Heast Grumpf gib dir das, da is ein Totenschädel oben.“
„Waa saugeil, gib her oida.“
Kaum wurde der verzauberte Stoff über den massiven Körper des orkischen Faustkämpfers gespannt, setzte auch schon die tückische Magie die darauf lag ihre Wirkung ein. Grumpfs Sinne wurden getrügt, seine Kameraden nahmen vor seinen Augen die Gestalt seiner verhassten Widersacher an und Grumpf tat sofort, was er am besten kann.
Einen kurzen, aber brutalen Kampf später, bei dem nicht nur Fäuste, Kniee und Klingen, sondern auch Tische, Bänke und nicht zu vergessen ein Gnombarde als Waffe eingesetzt wurden, lagen Totes Pferd und Blm außer Gefecht gesetzt da und der immer noch verzauberte Grumpf marschierte davon, auf der suche nach seinen „Freunden“.
Durch ein Wunder schafften sie es den Ork lange genug in Schach zu halten, bis Blm und Totes Pferd sich von der Prügelei erholt hatten und die Szene erreichten.
Es brauchte einen kurzen, verwirrenden Diskurs, aber letztendlich wurde die Situation geklärt und Grumpf von der verzauberten Robe befreit. Aber der Verantwortung tragende Barde schaffte es irgendwie schon zum zweiten Mal in viel zu kurzer Zeit seine Kameraden zu überzeugen dass ihn keine Schuld traf.
Nach diesem kurzen, wenn auch brutalen Intermezzo machte sich die Gruppe also endlich auf, das Unterreich zu verlassen. Ihr nächstes Ziel: Irgendwo in den nördlichen Königreichen, so viel war klar. Denn in den Taschen des Nekromanten hatten sie eine interesannte Karte gefunden…
Nachdem sie den Seetroll abgewehrt und das Boot des Derro für sich beansprucht hatten, lag die nächste Hürde vor der kleinen Meute. Ihr oberstes Ziel war nach wie vor, aus dem Unterreich zu entkommen – und wenn Möglich auf dem Weg an die Oberfläche gleich diesem missratenen Zauberer, der sie anscheinend hier her verschleppt hatte eins auf die Nase zu geben.
Die nächste Möglichkeit, an die Oberfläche zurückzukehren lag Jenseits der Stadt Gracklstugh und diese wiederum lag am anderen Ufer des berüchtigten Dunkelsees.
Bevor sie also noch überhaupt anfangen konnten zu überlegen, wie heil durch Gracklstugh kamen, wo der Derro bereits auf sie lauern würde, galt es erst einmal das wohl gefährlichste Gewässer in der ihnen bekannten Welt zu überwinden, und das mit nichts weiter als einem Ruderboot.
Doch endlich seit langer Zeit schien sich das Glück wieder auf ihre Seite geschlagen zu haben, nur wenige Stunden nachdem sie vom Ufer aufgebrochen waren, begegneten sie einem Frachtschiff – ein schwer angeschlagener Kahn, dessen Mannschaft vor kurzem erst dezimiert worden war.
Totes Pferd hatte vor, sich heimlich mit seinem Kletterhaken und einem Seil an das größere Boot dranzuhängen und sich davon tauen zu lassen, bis sie wieder flaches Wasser erreicht hatten. Aber nur wenige Augenblicke nachdem der Haken endlich am Heck des Frachters befestigt war, zeigte sich schon der Kapitän und „bat“ die Gruppe an Bord zu kommen.
Trotz Zögern und Misstrauen der beiden Krieger im Bunde, folgte der kleine Barde, der sich jetzt wohl als sowas wie der Anführer des bunten Haufens sah als erster an Bord, gefolgt von Totes Pferd und die beiden bekamen schnell erklärt, was Sache war. Der Frachter war schon seit mehreren Tagen unter ständiger Bedrängnis von Seepiraten, Merrows und andere aquatische Einwohner des Dunkelreichs die in kleinen Booten unterwegs waren und die Frachtschiffe auf der Jagd nach Gütern und Sklaven angriffen. Kurzum: Der Kapitän und seine Mannschaft brauchten fähige Männer und unsere Gruppe brauchte eine sichere Überfahrt nach Gratzlstugh also schlugen sie einen Handel ein.
Alles in allem war die Überfahrt ziemlich erfolgreich. Blm, Totes Pferd und Nashazar blieben an Deck des Frachters und hielten ihren Teil des Handels ein, die verbleibenden zwei Kameraden blieben versteckt auf dem Boot zurück – Nanay um ihre Verletzungen auszukurieren, die sie im Kampf mit dem Seetroll einstecken hatte müssen, Thoringal weil er klugerweise darauf verzichtete in voller Rüstung auf Seilen und Strickleitern herumzuklettern.
Die nächsten Stunden – oder waren es sogar Tage? es war so schwer im Unterreich Fern von Sonne und Sternen die Zeit einzuschätzen – verliefen für alle beteiligten ziemlich Erfolgreich. Nashazar und Totes Pferd taten ihr bestes um den Kahn wieder auf Vordermann zu bringen und freundeten sich mit der Crew an, Blm hatte Zeit die Flasche, die sie alle erst in diese Misere gebracht hatte weiter zu studieren und schaffte sogar daraus einen neuen Trick zu lernen: Einer der besiegten Piraten war nun sein untoter Gefolgsmann und stand dem Gnom nun persönlicher Packesel und wandelndes Schild bereit.
Und Totes Pferd hatte die Gelegenheit, seiner geliebten Umberlee wieder Blutopfer zu bringen, also war er auch glücklich.
Aber ihr Glück würde nicht lange anhalten, denn bald kamen sie in Gracklstugh an… und wurden dort bereits erwartet.
Die Menschen – und natürlich die nichtmenschlichen Bewohner – der Nation von Thay haben eines gemeinsam, jeder Einwohner des Landes hat seine Position in der Gesellschaft klar und deutlich am Leibe zu tragen, damit er sofort beim ersten Blick erfasst werden kann. Tätowierungen und Uniformen, die Rang und Stand kennzeichnen sind natürlich in anderen Nationen von Faerun nichts ungewöhnliches, aber die Thayaner pflegen noch einen eigenen Brauch, um die Unterschiede zwischen den Ständen deutlicher zu machen. Die herrschenden Magier tragen ihre Haare lang, oft kunstvoll geflochten oder sonst irgendwie luxuriös gepflegt. Einfache Bürger müssen ihr Haar auf eine gewisse Länge stutzen und werden hart bestraft, wenn sie es so lang wie ein offiziell anerkannter Magier wachsen lassen. Sklaven werden kahlgeschoren, in manchen Fällen wird ihnen sogar die Kopfhaut mit glühenden Eisen verbrannt, um ihre Haarwurzeln völlig zu töten.
Als Totes Pferd in Mitten von zahllosen Leichen und verwundeten im blutüberströmten Thronsaal des Hochkönigs steht, die gefallenen Magier von Thay zu seinen Füßen, kann er einfach nicht anders, er nimmt seine Machete und macht sich an die Ernte. Jeder, der diese Leichen wieder auffindet soll wissen, dass diese niederträchtigen Schwarzkünstler und Meuchler weniger wert waren, als ihre eigenen Sklaven. Ihre prächtigen Haarschöpfe hängen nun samt ihrer Skalps am Gürtel des rachsüchtigen wilden Elfen.
Das Attentat auf den König war fürs erste vereitelt, aber die Attentäter waren nicht ohne einen Rückfallplan bis in den Thronsaal vorgedrungen, als ihr Blut zwischen den Fliesen einsickerte, floss es nicht einfach harmlos ab, sondern diente als Treibstoff für einen Zauber, den die Schattenmagierin Nanay im letzten Moment als das Beschwörungsritual für einen Baphomet erkannte. Dank ihrer Warnung entkamen die Überlebenden des ersten Angriffes rechtzeitig aus dem Saal, bevor König Kendrick selbst zur Tat schritt und den Dämon auf die einzige Weise aufhielt, der das Monster garantiert töten konnte: Eine Schriftrolle, die den ganzen Flügel des Palastes unter einem höllischen magischem Sturm einriss und den Dämon unter den Trümmern begrub.
Es war sowohl dem Hochkönig als auch den Söldnern sehr wohl bewusst, dass die Verschwörung sich damit nicht geschlagen geben würde, die Thayaner würden weiter zuschlagen bis sie die Insel völlig in ihrem Besitz hatten und die Chancen auf einen erfolgreichen Gegenschlag standen schlecht.
Das Hauptquartier der Verschwörung saß in in einem Wald der Mitte von Caer Callidyr, unerreichbar per Schiff, nicht nur von der Wildnis geschützt und besetzt von zahlreichen weiteren thayanischen Zauberern, sondern auch von einer schwarzen Magie, die auf den Wäldern lastete, denn um die Festung der Thayaner wimmelte es vor wandelnden Toten.
Und nun erfuhren die Helden auch noch, dass die örtliche Magiergilde die Insel komplett verlassen hatten, womit sie nicht einmal auf ihre eigene mystische Unterstützung hoffen konnten.
Die Lage ist übel. Die Helden tun was sie können – Nanay untersucht die verlassene Bibliothek auf hilfreiche Informationen und Zauber, Blm rekrutiert tapfere Männer und Frauen von der Straße, um ihrer Heimat als Miliz zu dienen, Thoringal und Totes Pferd halten ihre Waffen instand und diskutieren Taktik – aber die einzige halbwegs realistische Hoffnung werden sie wohl im Druidenhain im südlichen Teil der Insel finden. Der Hochkönig erziehlt ihnen von einem alten Druiden, der dort nun schon seit Jahren mit seiner Macht die finstere Nekromantie der Thayaner davon abhält, den Rest der Wälder zu überfluten, vielleicht ist er ja in der Lage zu helfen.
Die Reise auf der Treuen Frenja verlief dieses Mal ereignislos, keine Piraten, keine Seeungeheuer, nicht einmal schlechtes Wetter, vielleicht ein Zeichen, dass es mit dem Glück unserer „Helden“ endlich bergauf ging (nur wenn man Totes Pferd danach fragen würde, würde er der Grund für die ruhige Reise sicher in seinem neugefundenen Glauben an Umberlee finden)
Bei der Ankunft auf Caer Callidyr hatte sich die Konstellation aus bewaffneten und gefährlichen Individuen, die zwar kollektiv nie einen Namen hatten, aber inzwischen scheinbar schon auf allen Mondseeinseln bekannt war schon wieder geändert. Der Spion aus den Reihen der Harper, der den anderen Passagieren als Anskaviat bekannt war, hatte sich still und heimlich davon gemacht, ohne einen Grund zu nennen und Grumpf hatte sich, wie es für ihn üblich war zurückgezogen, wohl um seine eigenen Nachforschungen über seinen verschwundenen Kameraden anzustellen.
Somit blieben Totes Pferd, Thoringal und zwei neue Gesichter; eine geheimnisvolle, in der Kunst der Illusion begabte Frau mit scheinbar elfischen Wurzeln und dem Namen Nanay, die scheinbar ihre eigene Agenda auf Caer Callidyr verfolgte und eine sogar noch rätselhaftere Figur in Gestalt eines impulsiven und vorlauten gnomischen Musikers namens Blm.
Noch seltsamer als die neuen Begleiter war jedoch der Empfang in der Inselhauptstadt, ein Beamter im Auftrag des Großkönigs, verkleidet als ein gewöhnlicher Kaufmann lauerte Passagieren und Mannschaft der Treuen Frenja praktisch auf und unterstellte ihnen, einfach so, am hellichten Tag auf einem geschäftigen Pier am Hafen ohne auch nur ein Mindestmaß an Diskretion ein Angebot: Großkönig Tristan höchstpersönlich brauchte Leute mit schwerer Bewaffnung und flexibler Moral, um eine Verschwörung zu zerschlagen die sein Reich und sein Volk bedrohten. Und mit ihren glorreichen Taten in Mintarn war die Gruppe, die auf der Treuen Frenja unterwegs war natürlich seine erste Wahl.
Und Seine Majestät schien mit offenen Karten zu spielen, zumindest unseren Helden gegenüber, denn der Bote gab sich Mühe alle relevanten Fragen zu beantworten. Eine Reihe von Gewaltakten versetzte die Hafenstadt nun schon seit geraumer Zeit in Angst und die Schuldigen, die sogennante Dunkle Bruderschaft schien eine abtrünnige Sekte von Thayanern zu sein, die sich von der Enklave der Roten Zauberer abgespalten und ein Bündnis mit einer Meute Orks geschlossen hatten. Als bei den Erläuterungen des Boten dann noch ein Name eines bestimmten Magiers fiel, war es für Totes Pferd schon entschieden, wenn der Großkönig vor hatte Carte Blanche über die hiesige Bande von dreckigen Thayanern auszusprechen, war das Grund genug für den Elfen sich der Sache anzunehmen. Er hatte sich die Skalps der Enklavenmitglieder auf Mintarn entgehen lassen müssen und hatte immer noch Lust seinen Frust über dieses Versäumnis an jemandem auszulassen der es verdiente und die übrigen Passagiere der Frenja, mit Ausnahme von Grumpf und Anskaviat schienen ihm in dieser Entscheidung zuzustimmen.
Bevor es aber zur Audienz mit dem König kam, brauchten sie wohl ein Nachtlager in der Stadt, was sich auch schnell gefunden hatte. Eins der örtlichen Wirtshäuser, das ihnen von Kapitän Friesel empfohlen worden war würde ihnen wohl nicht nur als Unterkunft dienen sondern bot auch abwechslungsreiche Unterhaltung für den Rest des Abends. Nanay und Blm fanden schnell Gefallen an den beliebten Glücks- und Geschicklickeitsspielen, die hier gespielt wurden – und natürlich auch an der Gesellschaft der einheimischen Augenfreuden – während Thoringal und Totes Pferd im Keller unter der Spielhölle ganz anderen Gelüsten nachgingen. Totes Pferd hatte sein kurzes, aber aufregendes Erlebnis als Zuschauer beim Faustkampfturnier in Mintarn noch gut in Erinnerung und hatte sich schon lange vorgenommen, bei der nächsten Gelegenheit selbst in den Ring zu steigen und diese Gelegenheit ergab sich nun.
Die interesannteste Gelegenheit für ihn ergab sich allerdings erst nach seinem kurzen Kampf. Der hiesige Meisterkämpfe war… nun, man konnte hier schwer um den heißen Brei herumreden, es war ein Troll, das Mosnter auf irgendeine magische Weise an den Kampfwerber und Veranstalter gebunden. Totes Pferd war bestimmt kein Feigling, aber als totaler Anfänger in den waffenlosen Künsten hatte er nicht so schnell vor, einen Kampf gegen einen solchen Gegner zu wagen… aber er war sich sicher, dass Grumpf damit kein Problem haben würde.
So kam man ins Reden und es wurde eine Abmachung geschlossen, der Meisterkämpfer von Mintarn gegen das Monster von Caer Callidyrr. Nun musste Grumpf nur noch davon erfahren, dass er zu einem Kampf gebucht war.
Für Sana wäre der Job eine goldene Gelegenheit gewesen, dabei war sie ganz zufällig darüber gestolpert.
Sie war auf der Suche nach Wissen gewesen, wie es ihrer neugierigen Natur entsprach, Schriften über die Grundlagen der arkanen Magie, technische Handbücher über den Bau von Schlössern, irgendetwas, womit sie, ihrer Meinung nach, ihren Intellekt ein wenig fördern und gleichzeitig einem nützlichen Zweck zuführen konnte. Nur leider hatte die etwas weltfremde junge Frau nicht wirklich begriffen, wie teuer es wirklich war, handgeschriebene Bücher zu erstehen, noch dazu auf Mintarn, so weit entfernt von einem echten Zentrum des Wissens und der Gelehrsamkeit, wie man auf den Mondseeinseln nur sein konnte. Das einzige, was wirklich in ihrer Preisklasse war, war ein Buch über Geschäftsführung und Rechenwesen, zu erstehen um einen kleinen Gefallen.
Der Buchhändler bot ihr Arbeit an, ein paar offene Stellen in einem geplanten Sklaventransport von Mintarn nach Calimhafen an – nicht für ihn persönlich natürlich, er war nur Mittelsmann im Geschäft. Sana sagte ohne zu zögern zu, bekam die Adresse des eigentlichen Auftraggebers und war schon auf zum Moradintempel, um ihre Verbündeten darüber zu informieren.
Anskaviat hatte derweil eine Unterhaltung mit dem Vorsteher der örtlichen Diebesgilde. Der Dieb hatte korrekt erkannt, dass sie Vorräte brauchen würden, wenn sie den kommenden Sturm heil überleben wollten und seiner Meinung nach war die beste Möglichkeit, an welche zu kommen bei einem örtlichen Apotheker einzubrechen. Sein Vorgesetzter hatte glücklicherweise etwas mehr Voraussicht, als Anskaviat und schaffte es, ihm den tollkühnen Plan auszureden. Er bot ihm sogar einige Heiltränke umsonst an, zur Unterstützung für Anskaviats Mission auf Mintarn. Es war nicht gerade die reiche Ausbeute, die in der Apotheke gemacht hätte, aber zumindest hatte er sie risikofrei bekommen.
Auch Tamrosekincaiwellyn, inzwischen besser bekannt unter dem Namen Totes Pferd hatte ebenfalls Arbeit gefunden, obwohl er garnicht danach gesucht hatte. Die zwei Druiden, der er im Einbeinigen Basilisken kennengelernt hatte, boten ihm an, seine inzwischen doch ziemlich üblen Verletzungen mit ihrer Magie zu versorgen, was er dankend annahm. Im Gegenzug dafür baten sie jedoch um einen Dienst. Nicht als Handwerker oder gar als Mietschwert, nein, er sollte die Stadtverwaltung überreden, den beiden mehr Grund in der Stadt zur Verfügung zu stellen, sodass sie die kläglichen kleinen Grünflächen zu einem richtigen Garten ausweiten konnten. Totes Pferd, der gerade selbst die heilende Wirkung der Druidenpflanzen erlebt hatte, versprach zu tun was er konnte.
Alle wieder beim Tempel versammelt versuchte Sana nun zu erklären, wohin sie sich da reingeritten hatte. Sobald das Wort Sklavenhandel fiel, spaltete sich die Gruppe ziemlich deutlich, Sana stand alleine gegen Thoringal, Anskaviat und vor allem Totes Pferd und Sandrose, die beide aus eigener Erfahrung wussten, was es hieß in die Sklaverei verkauft zu werden. Thoringal und Anskaviat sprachen sich dafür aus, den Auftraggeber hochzunehmen und den Sklavenhandel auf Mintarn auf diese Weise direkt zu unterbinden und diskutierten mit Sana über die Logistik eines solchen Unternehmens. Totes Pferd warf den Vorschlag in die Runde, sich als Söldner in die Operation einzuschleichen und so eine Möglichkeit zu finden, sie von innen heraus zu zerschlagen, was bei Grumpf den Anstoß zu einer gefährlichen Idee gab. Der Ork stürmte davon, was die meisten in der Gruppe glauben ließ, er wäre einfach mit der Moral der Situation nicht einverstanden, Sandrose lief ihm sogar sofort hinterher, um ihn noch zu beruhigen, doch in Wahrheit hatte der Ork gerade einen Plan gefasst.
Grumpf war ein simpler Mann, aber bei weitem kein dummer. Fragen der Moral kümmerten ihn wenig, seine oberste Priorität galt immer dem eigenen Überleben und mit der Liste von Namen und Adressen, die er und der Wildelf in Blinkers Versteck in der Kanalisation gefunden hatten, hatte er ein ziemlich eindeutiges Bild der Situation. Namen auf der Liste waren in schwarz für Verbündete oder rot für Ziele eingetragen und solange er auf der Liste der Ziele stand, würde diese Geschichte kein glückliches Ende für ihn nehmen. Also machte er sich mit Sandrose auf, diesen Herrn Steinbrück aufzusuchen und schlug mit ihm einen einfachen Handel ein: Grumpf würde ihm liefern, was er wollte – Hug Sturmbrecher der sich derzeit im Gewahrsam der Stadtwache befand, lebend – und dafür würde sein Name sowie ein weiterer, den Grumpf ihm später nennen würde von der roten Liste gestrichen und in die Sparte der Verbündeten übertragen werden. Grumpf unabhängig von den anderen zum selben Schluss gekommen, jemand sorgte dafür, dass die Namen auf der roten Liste einen „Fluchtweg“ nach Mintarn hatten, nur führte dieser Weg unvermeidlich auf einen calimshaner Sklavenmarkt.
Inzwischen hatten sich die andere vier Mitglieder der kleinen Gruppe, Thorignal, Totes Pferd, Anskaviat und Sana samt ihres Wolfes bei der Adresse eingefunden, die Sana während des Tages schon besucht hatte und einen Plan gefasst. Sie würden in das Haus des Händlers einbrechen, ihn mit Hilfe des lähmenden Giftes, dass sie den toten Assassinen vom Vortag abgenommen hatten entführen und ihn an einem sicheren Ort verhören, um alles über die Sklavenschlepper und ihre Operation zu erfahren und sie beenden. Anfangs lief noch alles ganz gut, Anskaviat und ausgerechnet Totes Pferd schafften es, die vier Wachen die um den äußeren Zaun des Anwesens patroullierten leise und effizient auszuschalten, nahmen sich jedoch nicht die Zeit, ihre Leichen zu entsorgen, was sie nur wenige Minuten später bitter bereuen würden. So kämpften sich bis zum Tor des Hauses vor, wo sie allerdings gegen festen Widerstand trafen. Ein Quartett von trainierten und gut ausgerüsteten Wachen, keine Stadtwachen sondern private Mietschwerter des Händlers, bewaffnet mit Hellebarden und Armbrüsten stellte sich ihnen in den Weg. Trotz eines harten Gefechts hielten die Wachen unnachgiebig die Stellung und unsere Helden mussten sich mit blutigen Nasen und eingezogenen Schwänzen zurückziehen. Mehr schlecht als recht schafften sie es vom Grundstück des Händlers zu fliehen, ihr heldenhaftes Unterfangen war nicht nur gehörig schiefgegangen, jetzt hatten sie sich auch noch einen weiteren mächtigen Feind auf Mintarn gemacht. Hätten die einfachen, moralisch fragwürdigeren Weg gewählt und einfach zusammen mit Sana den Auftrag angenommen, wäre das alles nicht passiert, aber sie hatten ihre Prinzipien und denen waren sie gefolgt.
Und Sandrose… arme, arme Sandrose. Sie hätte es wirklich kommen sehen sollen. Sie war dabei gestanden und hatte zugehört, wie Grumpf sich seinen Deal ausgehandelt hatte, ohne mit der Wimper zu zucken hatte er zugestimmt alles, wofür er und seine neuen Verbündeten in den letzten Nächten gekämpft hatten für seine eigene Sicherheit zu opfern. Er hatte sie einen Eid schwören lassen, dass sie niemanden davon erzählen würde, aber ihr Wort alleine hatte dem paranoiden Ork einfach nicht genügt. Am Rückweg zum Einbeinigen Basilisken hatte er spontan entschieden, ihr Schweigen auf genau die selbe Weise zu sichern, wie er alle seine Probleme zu lösen Pflegte. In einer engen Gasse, so schmal dass die beiden hintereinander gehen mussten, um überhaupt durchzupassen überfiel er die Halbriesin. Sie versuchte sich zu wehren, aber der Angriff passierte so schnell und sie hatte so wenig Platz, dass sie es nicht einmal schaffte ihr Schwert zu ziehen und so groß und stark sie auch war, mit den Fäusten alleine hatte sie keine Chance sich auch nur gegen Grumpf zu wehren. Grumpf setzte einen Würgegriff an, presste ihr das Leben aus dem Leib und ließ den leblosen Körper der Sandrose in einem Hinterhof zurück, halb vergraben unter einem Haufen Vorratsfässern und Kisten.
Drei Männer folgen entgegen jeder Vernunft ihren Prinzipien und versagen dabei kläglich. Ein Mann agiert aus reinem Eigennutz und eine Frau, die ihn für einen Freund gehalten hatte stirbt dafür.
Egal auf welcher Seite von Gut und Böse man sich selbst wiederfindet, oder ob man überhaupt an die Bedeutung von solchen Worten glaubt, es gibt absolut keinen Zweifel daran welche Philosophie in dieser Nacht gewonnen hatte.
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