Der stiellose Hammer und die heiligen Hallen Adbars (The Legion of the Trusted)
Auszug aus den Aufzeichnungen von Xhorgul Schwarzhammer: Erinnerungen eines Dwar
Die Rast verlief widererwartend ereignislos. Ich versenkte mich in die Lehren des Seelenschmieds und sammelte mich für die bevorstehnden Stunden. Wie vorab besprochen, kehrten wir als erstes in den Dienerkomplex zurück und ich bat Moradin um Barak vor Giften für Fenner. Dieser richtete einige Worte an Silvanus bis er selbst scheinbar in Flammen aufging, ohne dabei verwundet zu werden. Er drang in den Raum mit den Fungus vor und barg einen Tang, dessen Marnarnkräfte sich später als überwältigend herausstellen sollten.
Während Felerian gemeinsam mit Rift die Truhe untersuchte, beschäftigte ich mich im Ritualraum mit der Barriere. Ein Gebet reichte aus, um diese zu bannen… Abermals stießen wir auf natürliche Kavernen, die sich sehr bald weiter verzeigten. Überall fanden sich Überreste von Fußketten, Fesselringen in den Wänden, Gitterstäbe und verzweifelt in die Wände geritzte Nachrichten an Hinterbliebene… Ein Kerker! Felerian stieß bei der Erkundung abermals auf einen außergewöhnlichen Stalaktiten. Bei näherer Untersuchung schälte sich jedoch ein weit größeres Wesen aus dem nahegelegenen Stein. Mächtige Grabekrallen und ein breites Maul schoben sich in unsere Richtung.
Wir begrüßten ihn als Wesen des Steins und er zeigte sich alles andere als feindseelig. Mit unendlich langsamer und tief grollender Stimme stellte er sich uns als „Hauser“ vor. Er machte sehr bald deutlich, dass er dabei war, Edelstein- und Metallreste aufzustöbern, von denen er sich scheinbar ernährte. Anders als die Xorn, die er für ihre Gier und Ungelduld verabscheute, wolle er sich seine Beute durch ehrliche harte Arbeit erwerben. Ich versuchte ihm zu verdeutlichen, dass zwischen Abbathor und Moradinanhängern ein ganz ähnliches Verhältnis bestand. Hausers recht eingeschränktem Verstandnis für die Welt der Fleisch- und Blutwesen geschuldet, gestaltete sich unsere Unterhaltung etwas zäh, doch Hauser hatte Unglaubliches zu berichten. Als die Dwar in der Schlacht in der Senke über diesen Kavernen aufeinandertrafen, soll sich der Kopf eines mächtigen Kriegshammers gelöst haben und während eines Hiebes in hohem Bogen davongeflogen sein! Der fast entwaffnete Diener Moradins musste nun seinen Feind allein mit dem Heft bezwingen… was ihm auch gelungen sein soll! Die Truhe in der Gebetshalle Abbathors bewahre allein den Hammerkopf! Ich entlohnte Hauser für diese für uns wertvollen Erkenntnisse mit einer Mischung aus Münzen, die er als ehrlichen Lohn sichtlich erfreut entgegennahm. Zudem bot ich ihm an, die dunklen Hallen des Abbathor zu zerstören, wenn wir unsere Erkundung abgeschlossen hätten… Er stimmte mit einem wohlwollenden Grummeln zu!
Die Bergung der verschlossenen Truhe hielt jedoch noch eine verhängnisvolle Überraschung bereit. Felerian hatte die Truhe gründlich untersucht und keine mechanischen Fallen ausmachen können. Über der Truhe drehten sich drei kaum sichtbare durchscheinende Ringe, welche die Truhe ähnlich einem Schlossmechanismus aus Marnarn versiegelte. Keiner von uns konnte auf den ersten Blick erkennen, wie man diese öffnen könnte, also beschlossen wir kurzerhand die Truhe einfach als Ganzes mitzunehmen und uns später in Ruhe mit den Ringen zu beschäftigen. Ich hatte die Truhe kaum angehoben, als sich die Steinplatte darunter, wohl wegen des fehlenden Gegengewichts, mit einem scharrenden Geräusch in Bewegung setzte… Durch die Zähne der grinsenden Abbathorstatue schoss ein Flammenstoß hervor! Mein Wargumhang fing sofort Feuer und brandte innerhalb von Sekunden lichterloh… Dank der beherzten Thalorn meiner Mitstreiter konnten die Flammen schließlich erstickt werden…
Wir beschlossen bald aufzubrechen… Aller Wahrscheinlichkeit nach hatten wir den Zugang zur Schatzkammer – die bei keiner Tempelanlage Abbathors fehlen würde – übersehen, doch ich ersparte mir dies gegenüber meinen Begleitern zu erwähnen. Das Kavernenkloster hatte schließlich einige seiner Geheimnisse offenbart und mit Hausers Schlachtenbericht und der Bergung der Truhe hatten wir mehr erreicht, als ich je zu hoffen gewagt hatte. Unser Werk in diesem unheiligen Kloster war vollbracht! Doch vor unserem Aufbruch an die Oberfläche galt es noch ein Versprechen einzulösen. Ich kehrte zum Raum der Xorn zurück und bezahlte ihnen einen gerechten Lohn für die unbeschadete Rast. Langsam stiegen wir die Stufen des Levasst nach oben…
Zurück an der Oberfläche
Im grellen Tageslicht angekommen hämmerte ich wie verabredet dreimal gegen die Steinwand des Aufgangs… Hauser musste mein Signal vernommen haben, denn kurz darauf began der Boden zu virbrieren und immer wieder ließen die Erschütterungen einstürztender Hallen, Kavernen und Delven den Boden erzittern… Die unheilige Stätte würde zerstört und hoffentlich für immer verschüttet und begraben werden!
Im kühlen Luftstrom über uns kreiste ein riesiger Raubvogel und hüllte uns bei seinem Überflug in die Schatten seiner mächtigen Schwingen… Neben dem übergroßen weißen Federvieh konnten wir jedoch bald auch eine kleine weiße Eule ausmachen – die vertraute des Olven Lyaris! Wir holten unsere Reitfrus und führten sie in die grasüberwachsene Senke in der Lyari in Begleitung eines gerüsteten Hurm auf dem Rücken einer übergroßen Eule zur gerade zur Landung ansetzte… Die Unruhen im Hochwald mussten sich zumindest teilweise gelegt haben. denn die Beiden hatten sich kurz nach Erhalt meiner Nachricht über unseren Aufenthaltsort, die ich dem Olven mit Moradins Hilfe übersandt hatte, auf den Weg gemacht.
Die Freude war groß und auch wenn es die Höflichhkeit vielleicht anders geboten hätte, ließ ich es mir nicht nehmen mit dem Olven einen Krug des Grußes zu leeren, bevor er uns dem Fremden vorstellte.
Arrat Bredan war ein Hurm aus Luskan, den Lyari in einer Olvendrukar am Rande des Hochwalds kennengelernt hatte. Obwohl er Agland, Og und Dur wie ein Krieger trug, gab er sich keine Mühe zu verbergen, dass er zugleich auch über Marnarnkräfte gebot. Er selbst gab sich als Streiter für Gerechtigkeit und Wissen aus, was er durch die offen getragenen Symbole von Tyr und Oghma an seiner Halskette mit Stolz zur Schau stellte. Auf Nachfrage erfuhr ich, dass er sich auf irgendeine Weise mit der „Arkanen Bruderschaft“, einer organisierten Gemeinschaft von Calass in Luskan, angelegt haben musste.
Arrat war ausgezogen, um einen verschollenen Dwar der „Silvernen Gemeinschaft“ namens Angro Schneegipfel ausfindig zu machen und dabei auf die von uns anglegte etzte Grabstätte des „namenlosen Dwar“ gestoßen. Das Durgarnsymbol auf Waffenrock und Beutel war zweifellos das Zeichen der Abenteuergruppe, die sich durch ihre Taten im Norden einen guten Ruf erworben hatte. Wo sich die anderen Mitglieder der Gemeinschaft aufhielten blieb jedoch unerwähnt…
Lyari machte eine bedeutende Geste und beförderte einen sorgfältig verstauten Umschlag hervor. Ihm war es über verschlungene Pfade vieler Hände gelungen in den Besitz eines für unsere Aufgabe vielleicht bedeutsamen Briefes zu gelangen. Wohl um sein Vertrauen gegenüber Arrat zu betonen, übergab Lyari den versiegelten Umschlag zunächst an den Hurm, der ohne langes Zögern das Siegel brach und begann laut vorzulesen:Der „achte Dornar“des Angdor… Es musste sich um keinen Geringeren als um Dornar Bruenor Heldenhammer handeln! Die Berichte über die Entdeckung und Rückeroberung von Mithril Hall aus den Händen von Duergarn hatten sich vor wenigen Jahrzehnten ebenso wie ein Lauffeuer verbreitet, wie der Sturz des Dornars auf dem Rücken des schwarzen Durgarn „Trübschimmers“ in die Tiefen, dessen richtiger Name Haerinvureem lautete – wie Arrat zu berichten wusste. Die Murmelings über Bruenors Heldentaten füllten noch heute so manchen Aurdrukarabend. Welches Werkzeug mochte ihn in Schwierigkeiten gebracht haben? Bruenor war ein bekannter Telor… sein wohl berühtestes Meisterlin war unzweifelhaft der sagenumwobene Dwarhammer“Aegisfang“, den er für seinen Barbarenfreund mithilfe eines ebenso legendären Schmiedehammers geschaffen hatte. Offenbar hatte Bruenor seinen Schmiedehammer bei der Auseinandersetzung mit dem Durgarn im tiefen Graben verloren? Befand „er“ sich noch immer in den Tiefen von Garumns Schlucht ?
Wer war der Absender dieses Briefes? An wen war er gerichtet worden? Nachdem ich eine Weile auf das gebrochene Siegel gestarrt hatte, gab es eigentlich nur eine sinnvolle Erklärung ….Bruenors Adoptivtochter Catti-Brie! Ich behielt diesen Gedanken vorerst für mich.
Wir waren auf der Suche nach dem fehlenden Kriegshammer um Dorwins Kerker… Dieser war Hausers Beschreibungen folgend in der Schlacht in zwei Teile zerfallen. Wenn dessen Rem der Wahrheit entsprachen, waren wir mit der Truhe nun im Besitz des Hammerkopfes…
„Erschaffen zur Zusammenführung“… ich erinnerte mich an den außergewöhlichen Dormark, den wir in der Berghütte gefunden hatten. War Bruenors verlorener Schmiedehammer das Gegenstück zum Dormark? Wo mochte sich das Heft aus dem Vrudd eines Lebensbaumes befinden? Wahrscheinlich war dieses in den Besitz der Dwarkar Steinhammer… Mochte es in Durgeddin Steinhammers versunkenem Dornarak Khundrukar verborgen sein, oder wurde es nach der siegreichen Schlacht in den nahegelegenen Stollen am Berghang gebracht ?… Der Seelenschmied hatte mir den Einblick in die Vergangnheit um den Delveneingang sicher nicht ohne Grund gewährt.
In Anbetracht des von mir vermuteten Bündnisses von Widersachern mussten die gefundenen Dwarrelikte schnellstmöglich in eine sichere Runedar verbracht werden und welche Runedar mochte dafür geeigneter sein, als die heiligen Hammerhallen Adbars. Doch vor einer Hergos in das ehemalige Herzen Delzouns, würden wir zunächst den Dormark bergen müssen. Wir schmiedeten ohne lange Murmelings einen Plan. Lyari würde mit seiner riesigen Eule den Gebirgspass überqueren und den im Kellerraum der Hütte eingeschlossenen Dormark holen. Wir anderen würden uns zu unserer eigenen Sicherheit in die nahegelene Olvendrukar G´Milla begeben…
Für Arrat schien es keinen Zweifel daran zu geben, dass er uns bei den bevorstehenden Aufgaben begleiten würde… Auch wenn ich durch mein Zögern sein Misstrauen auf mich zog, bestand ich darauf, dass alle meine Gefährten in dieser Angelegenheit zustimmten. In Anbetracht der Erlebnisse der letzten Wochen, begrüsste ich es jedoch sehr, einen Streiter von Tyr und Oghma an unserer Seite zu wissen. Eine mögliche Auseinandersetzung mit den Schurken der arkanen Bruderschaft würde ich sicher nicht scheuen!
Arrat führte unsere Hergos an und nachdem wir den Fluss überquert hatten erreichtn wir schon nach einem halben Tagesritt die Vuddgrenze. Auf verschlungenen Olvenpfaden durchquerten wir sicher die Gurnvossen und noch vor Sonnenuntergang kamen die ersten Baumbehausungen in Sicht…
G´Milla
G’Milla war eine kleine Drukar, die auf dem ersten Blick mit dem Vudd zu verschmelzen schien. Sie bestand überwiegend aus Baumhäusern in den Wipfeln, die durch schmale Hängebrücken miteinander verbunden waren. Wir wurden freundlich vom dortigen Schankwirt willkommen geheißen, dessen Auschank sich glücklicherweise am Fuße einer riesigen Eiche befand. Abgesehen von ihrem üblichen großspurigen Gehabe schienen die Olven von G´Milla mit der Anwesenheit anderer Völker vertraut. Tatsächlich beherbergte die Drukar nahe der Baumwurzeln auch einige Gnur, die in Erdlöchern oder riesigen Fungus ein Zuhause gefunden hatten. Ich erfuhr, dass sich unter ihnen auch ein Horm des Garl Glitzergold aufhielt… Diese Gelegenheit konnte ich mir nicht entgehen lassen! Nach einem für meinen Geschmack mit zuviel Kräutern verschandelten Auraun machte ich mich auf die Suche…
Zwei junge Gnur alberten vor der mir beschriebene Erdhöhle herum. Sie boten uns Fungi an, die alle außer Felerian dankend ablehnten…
Es dauerte ganze eine Weile, bis der offensichtlich lebensalte Horm im Eingang seiner kleinen Behausung erschien. Meine Nachfragen zu Urdlen, schienen den Alten sichtlich zu verstören. Für ihn schien allein der Gedanke an die Weltsicht des „bleichen Kriechers“ eine moralische Verfehlung darzustellen…
Ich wollte den hilfsbereiten Gnur nicht allzusehr in Bedrägnis bringen und erkundigte mich nach einem Buch über die Götter der Gnur. Der Horm grinste verschroben erleichtert und überließ mir ein solches gerne für die Nacht.
Felerian schien nach dem Besuch bei den Gnur irgendwie verändert. Er starrte mit großen Augen in die Bäume und schien den Rest der Nacht mit seinen Blicken die tanzenden Funken der Feuerstellen zu verfolgen…
Der Versuch bei einem der Olvengelehrten mehr über jene Magmornder herauszufinden, die man „Allip“ nannte – schließlich solle Arundil ein solcher gewesen sein- schlugen fehl. Also verbrachte ich die verbleibenden Abendstunden mit der Abschrift der Aufzeichnungen über die Glaubengrundsätze der Gnurgötter.
Im Morgengrauen verließ ich die mir freundlicherweise überlassene Erdhöhle und widtmete mich den Lehren des Seelenschmieds. Lyari musste spät in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden angekommen sein… Er hatte zusätzlich zum Dormark auch die Fensterläden kurzerhand in meinem Beutel verstaut, auf die ich ihn kurz vor seiner Hergos aufmerksam gemacht hatte… Ihn schienen die Bilder ebenfalls an irgendetwas zu erinnern…doch diesem Rätsel könnten wir uns auch später noch stellen.
Mit einem Akhbal verabschiedeten wir uns von unsern Gastgebern und begaben uns auf eine nahegelegene Lichtung. Mit großer innerere Spannung und Vorfreude schob ich die Klemmen des Torsteins auseinander und warf ihn einige Schritte vor uns auf den Boden. Der entstehende Steinkranz begann zunächst leicht zu schimmern bis schließlich ein Kistern und grelles Leuchten die Luft zwischen den Steinen erfüllte.
Ankunft in Adbar
Das Tor öffnete sich auf einem Felsplateau außerhalb der Verteidigungsanlagen am Fuße der Zitadelle. Der harsche Wind der Eismar ließ uns einen Moment erstarren. Um uns herum ragten mit Eis und Schnee überzogene scharfkantige Felsenformationen auf und bildeten eine mehr als ungemütliche und fast feindseelige Umgebung. Während meine Begleiter sehnsüchtige Blicke in die tiefen Weiten der vor uns ausgebreiteten Täler richteten, wendete ich meinen Blick entschlossen zum Gipfel. Keine der Murmelings und Legenden, denen ich in Aurdrukars oder am Teltyn gelauscht hatte, konnten diesen atemberaubenden Anblick beschreiben! Auf den Türmen und Toren glänzte das stolze Wappen des Herrschers Dornar Harbromm: Eine einseitige Axt umgeben von roten Flammen auf silbernem Grund
Wir folgten dem befestigen Pfad entlang einer Klippe vom Plateau zum ersten Torhaus und ich erzählte meinen Begleitern ein wenig über die ohne Zweifel sicherste und mächtigste Festungsanlage des Nordens.
Die Zitadelle wurde nach ihrem Erbauer Dornar Adbar benannt. Dutzende konzentrische Granitwälle umschließen die ebenfalls aus massivem Granit errichtete Zitadelle. Die spitzen und messerscharfen eisernen Dornen an den Wehrtürmen dienen der Barak gegen Durgarn und anderen fliegenden Angreifern.
Tatsächtlich ist nur ein kleiner Teil Adbars von der Oberfläche aus sichtbar, während sich die Naeborn der Runedar „Adbarrim“ bis tief in den Mar erstrecken. Die Zitadelle ist eines der letzten intakten Bollwerke des einst mächtigen untergegangenen Nordreiches Delzoun.
Mehrere dutzend Male wurde Adbar durch Orkhenhorden belagert, doch den Schlachhtberichten zufolge fanden an ihren Wällen ganze Armeen der Schweinenasen ihren Raugh. Die Festung hielt stand und trotzt bis heute allen Bedrohungen.
Für viele Dwar steht Adbar deshalb auch symbolisch für Standhaftigkeit und die einstige Macht und Pracht der ruhmreichen Vergangenheit unseres Volkes. Dies führt auch dazu, das Traditionen und Geschichte der Dwar hier in hohen Ehren gehalten werden, was für manch Außenstehende eher verstaubt und befremdlich erscheinen mag.
Da die Essen Tag und Nacht angeheizt werden, dringt aus den Abzugsschächten der Telormar eine beständige Rauchwolke, welche den Himmel über der Feste verdunkelt. Die Telor der weihin Werkstätten werden auf ganz Faerun für ihre herausragenden Metallarbeiten, Waffen, Rüstungen und Werkzeuge geschätzt.
Wir wurden von einem Hauptmann der legendären Eisengarde in Empfang genommen. Da Adbar nicht gerade für seine Gastfreundschaft gegenüber Fremden berühmt war und meiner – aus Dwarsicht doch eher ungwöhnlichen – Begleiter, hatte ich eine eher abwehrende oder verhaltene Begrüßung erwartet… Doch wir wurden bereits erwartet… Jeder von uns erhielt eine kleine Metallscheibe, die uns als Gäste der Festung auswiesen. Flankiert von einem halben dutzend schwer gerüsteter Eisengardisten wurden wir durch eine Vielzahl Verteidungsanlagen geführt: Gräben übersäht mit Dornen, schwenkbare Ballisten auf soliden Türmen, absenkbare Steinwälle… Nachdem wir mehr als ein Dutzend Torhäuser passiert hatten war es endlich soweit. Wir betraten die Hallen Adbars!
Der Hauptmann der Garde verabschiedene sich mit knappen Rem und wir wurden von einer jungen Dwar mit sorgfältig gestutzem Flaum und schweren von Silberfäden durchzogenen Gewändern begrüßt. Sie stellte sich als Arina vor und machte klar, dass sie uns als Ortskundige Führerin zu den uns zugwiesenen Unterkünften geleiten würde.
Obowohl sich die Telormar einige Stockwerke tiefer befinden mussten, war die Luft von dem wohligen Dampf schmelzender Edelmetalle geschwängert und in den ersten Momenten überkam mich das Gefühl einer Heimkehr nach langer Hergos. Doch noch nie hatte ich eine Dwardrukar solcher größe betreten und die Vielzahl neuer und fremdartiger Eindrücke vertrieben die aufglimmende Gefühlsregung einer vertrauten Umgebung bereits nach wenigen Stiefelschritten.Endlose in den Nae gearbeitete Gänge aus Granit führten von einer Halle in die nächste. Aus schweren mannshohe Gliedern geschmiedete Ketten betrieben Hebeplattformen und ermöglichten den Transport schwerer Lasten, während Maultiere und Echsenkaravanen diese auf den einzelnen Stockwerken verteilten.
Adbar war als Ilithzentrum der Region von einer unablässigen und stetigen Geschäftigkeit erfüllt, doch anders als in der Hurmdrukar Baldurs Tor schien hier jeder Handgriff in wohlgeordenten Bahnen und zugewiesenen Pfaden abzulaufen. Die schwer bewachten Burakrin, die ständige Präsenz der Eisengarde und der allgegenwärtige strenge Befehlston ließ Besucher zu keinen Zeitpunkt vergessen, dass es sich bei Adbar in erster Linie um eine Festungsanlage und Runedar der größten Dwarstreitkräfte des Nordes handelte.
Da wir unseren Aufbruch nach Adbar abgesehen von Lyari ausgeruht angetreten hatten, verweilten wir nur kurz in den akurat gearbeiteten und angenehm quadratischen Quartieren. Wir nahmen Arinas Angebot dankend an, uns einen Überblick über die allen Völkern zugänglichem Handelshallen zu geben. Die in die Felswände gearbeiteten Läden waren wohlgeordnet angelegt und wurden scheinbar durch verborgene Delvenanlagen an deren Rückseiten mit Waren versorgt. Das Angebot war überwältigend und umfasste neben meisterhafter Handwerkslin auch Dienstleistungen wie Edelsteinschleifereien oder Marnarnxoth. Auf meine Nachfrage nach Büchereien und Schreibstuben hin wurden mir gleich mehrere Orte des Wissens beschrieben, doch ich entschied, dass ich meine Nachforschungen zunächst in den heiligen Hammerhallen des Moradin beginnen würde. Arina unterbrach unsere Führung in den Mittagsstunden und verkündete, dass es nun an der Zeit wäre zu unserer „Unterredung“ aufzubrechen.
Wir bestiegen eine der Hebeplattformen und nach oben und gelangten in einen rustikalen und mit Trophen großer Alagh verzierten Empfangssaal. Arina verabschiedete sich förmlich und teilte uns zu unser aller Überraschung mit, dass uns der Prinz in Kürze empfangen werde.
Unterredung mit Bromm
Bromm war einer von zwei Zwillingen des Donnersegens und somit genau in meinem Alter. Trotz der umfassenden Sicherheitsvorkehrungen trug er eine prachtvolle Brustplatte, um seinen Status als Kuldar zu unterstreichen. Bromm war direkt und angenehm unkompliziert. Er machte schnell deutlich, dass Zytargo in seinem Auftrag gehandelt habe und wir schließlich – wenn auch ohne es zu wissen – in seine Dienste getreten waren. Er bedankte sich für die Bergung von Dorwins Thron und unseren Bemühungen um Hammerfall. Die Gelehrten Dugmarens und Runenmagier der Feste seien bei dessen Untersuchung auf rätselhafte Xoth gestoßen… Sicherheitshalber wurde der Thron zu seiner weiteren Erforschung in einer der stillgelegten Bleidelven eingeschlossen.
Ich enthüllte die Truhe, die beiden gefundenen Dormark und begann Bromm über unsere Erlebnisse zum verlorenen Hammer zu berichten. Ich sah keinen Grund für große Murmelings und doch beschränkte ich mich bei dem Bericht mehr auf die Tatsachen und weniger auf die von mir Angestellten Undivver… Hausers Schilderungen vom siegreichen Arglaryausgang und der Zweiteilung des Hammers verwandelten Bromms eiserne Miene in ein erwartungsvolles und gleichermaßen siegesgwisses Grinsen – auch wenn ich mir nicht sicher war, ob er sich über das in Erfahrung gebrachte Xoth, oder den in Aussicht stehenden Ruhm erfreute, der zweifelsohne auch auf ihn und seine Familie zurückfallen würde.
Die ausbleibende Reaktion auf eine Andeutung zum Thundul meiner Geburt verriet mir, dass Zytargo Wort gehalten hatte und die rätselhaften Ereignisse um meine Entführung für sich behalten, oder -wenn überhaupt -nur innerhalb des Ordens der Hämmer Moradins enthüllt geworden war.
Auf Bromms Einladung hin setzten wir unsere Unterhaltung bei einem fürstlichen Mahl im nebenangelegenen Glossaal fort. Meine Begleiter schienen von all den Murmelings über die Dwar und ihrer Geschichte weniger begeistert und im Augenwinkel sah ich wie Fenner dazu überging ein halbes Dutzend Krüge Auraun zu leeren…
Als die Rem schließlich auf Bruenor Heldenhammer, seine Taten und das geheimnisvolle Schriftstück kam, überraschte uns der Dwarprinz mit der Tatsache, dass er mit dessen Inhalt bereits bestens vertraut war. Er selbst war der Empfänger und eine Zweitschrift der von geheimen Boten überbrachten Nachricht Catti-Bries hatten ihn bereits seit langer Zeit erreicht. Bromm las in den Zeilen eine politische Brisanz, die ich nur erahnen konnte und bat um absolute Verschwiegenheit in dieser Angelegenheit! Seinen Andeutungen meinte ich entnehmen zu können, dass der Dornar Mithril Halls in Adbar keinen sonderlich guten Ruf genoss und der Inhalt der Schriftrolle unnötige Murmelings auslösen könnte.
Bromm verwies auf seine Pflichten, verabschiedete sich und übergab mir zu meiner großen Freude eine weitere Metallscheibe, die mir als Dwar und Sonnlinor den Zugang in die tieferen Ebenen Adbarrims und die Hallen der Torfaern gestattete. Während wir auf Arina warteten wurden Truhe und Dormark von Bediensteten abgeholt, um sie in den Hammerhallen des Seelenschmieds sicher zu verwahren.
Von Arina geführt kehrten wir zunächst in unsere Unterkünfte zurück. Es bedurfte mehrer nachdrücklicher Aufforderungen und einer Phiole Gegengift, um Fenner zur Teilnahme am abendlich stattfindenden „Käferfest“ zu überreden. Arina hatte keinen Zweifel aufkommen lassen, dass unsere geschlossene Anwesenheit auf den anstehenden Festlichkeiten erwartet werden würde.
Das Käferfest
Ich war mit dem Brauch eines sogenannten „Käferfestes“ nicht vertraut und so erwartete ich den Abend mit frisch gekämmten Bart, poliertem Brustpanzer und einem leicht mulmigen Grummeln im Bauch…
In einer riesigen Halle waren Glosstände aufgebaut, welche vielfältige und aussergewöhnliche Speisen anboten. Ich begriff jedoch bald, dass es bei diesem Fest weniger um „in Auraun eingelegte und in Dwarbrandwein fritierte Tiefenkäfer“, sondern vielmehr um wohlgepflegte Murmelings ins erlesener Gesellschaft zu gehen schien… In Prunk- und Zierharnischen gerüstete stolze Kuldars in Begleitung von stämmigen Dwardamen mit edelsteingezierten Bartzöpfen und aufwändig gewobenen Kleidern. Nach einer Weile verlor für mich dieser offen zur Schau gestellte Reichtum meiner Vettern jedoch den Glanz. Handelte es sich bei all den Fürsten und wohlhabenden Ilithar um jene Dwar, derendwegen man meinem Volk eine unstillbare Auraungier nachsagte, oder gehörte dieses Gehabe zu jedem Dornarak unweigerlich dazu?
Ein Dornarrem ließ ein Kriegshorn durch die Hallen dröhnen und verkündete dann mit klarer tiefer Stimme das baldige Erscheinen des Dornars!
Harbromm höchstpersönlich trat auf ein steinernes Podest und erhob seine donnernde Stimme! Schlagartig verstummten die Murmelings der Gäste und es fiel mir zunächst schwer meinen eigenen Sinnen zu trauen, als der Dornar über die ruhmreichen Fortschritte auf der Suche nach dem verschollenen Hammers unter seiner Führung sprach. Mit bedeutungsvoller Geste deutete er auf uns und förderte die Anwesenden auf, uns in der Zitadelle willkommen zu heißen. An die Ilithar gerichtet war dies gleichbedeutend mit der Forderung uns gerechte und faire Preise zu gewähren, wie wir allerdings erst in den folgenden Tagen herausfinden sollten.
Nach den eindrucksvollen Rem des Dornars war es nicht leicht, sich der Vielzahl der an uns gerichteten Fragen zu entziehen, ohne auf den ein oder anderen Bart zu steigen… Lange nachdem sich meine Gefährten zurückgezogen hatten, gelang es mir schließlich mit Verweis auf die Anstrengungen der vergangenen Wochen in meine Unterkunft zurückzukehren!
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