15. Eleasis 1491 (Jahr der scharlachroten Hexe)

Die Ruine von Schloss Crag

Der Nachlass

Das Schloss war still geworden. Nur das Knacken der brennenden Trümmer und das entfernte Gekreische von Raben war zu hören. Der Kampf um König Groll war vorüber, doch die Schatten des Ortes blieben. Im Zimmer des Königs war die Suche erfolgreich gewesen: Unter dem Bett, in einer staubigen Truhe, fanden sich einige Schätze – Münzen und Schmuckstücke. Doch es war allen klar: Das Schloss barg noch mehr Geheimnisse.

Die Gruppe zog weiter, den nächsten Turm ansteuernd. Schon von weitem wirkte das Tor stabiler als die morschen Türen im Inneren. Eisenbänder hielten die Bohlen zusammen, ein grober Riegel verschloss den Zugang. „Lasst mich das machen,“ brummte Angelus, der Paladin, und trat mit ernster Miene nach vorn. Seine Rüstung glänzte matt im schwachen Licht, und mit beiden Händen stemmte er sich gegen das Holz. Muskeln spannten sich, das Eisen ächzte – doch dann rutschte er auf dem staubigen Steinboden aus, landete unsanft auf dem Hintern und hinterließ ein schepperndes Echo im Turmgang.

Ein Raunen ging durch die Gruppe, ein unterdrücktes Kichern. Angelus, rot im Gesicht, stand schnell wieder auf. „Noch einmal!“ knurrte er. Diesmal bündelte er all seine Kraft – und mit einem gewaltigen Krachen brach das Tor nach innen auf.

Feather (Tibidabos Tagebuch (Die silberne Schar))

Der Eulenbär

Drinnen umfing sie stickige, kalte Luft. Der Turm war düster, von Spinnweben durchzogen, und der Boden mit zerfetztem Fell und Knochenresten übersät. Ein unheilvolles Scharren ertönte aus der Dunkelheit, gefolgt von einem tiefen, kehligen Laut. Dann trat es hervor: Ein massiger Körper, Raubtierkrallen, und auf dem muskulösen Hals thronte der Kopf einer Eule – die Augen kalt und golden glühend. Federn sträubten sich, als das Monstrum die Gruppe fixierte. Ein Eulenbär. Sein Schrei hallte durch den Turm, ein ohrenbetäubendes Kreischen, das selbst dem tapferen Paladin die Nackenhaare aufstellte.

Tibi versuchte schnell einen Säurpfeil zu wirken. Der Zauber misslang und explodierte in seinem Gesicht und verletzte ihn schwer.

Angelus, geistesgegenwärtig und ein wenig beschämt über sein vorheriges Missgeschick, warf die schwere Tür zu. Von innen dröhnten sofort wütende Schläge und das kreischende Brüllen des Monsters. Der Turm bebte.

Doch dann beschloss die Gruppe, dass Flucht keine Lösung war. Ein zweiter Anlauf. Diesmal öffnete sich die Tür langsamer, bedacht, während Maeron in die Saiten seiner Laute griff. Erst zaghaft, dann klarer, erfüllte eine beruhigende Melodie den Turm. Die schneidende Aggression des Eulenbärs schien zu erlahmen – seine Augenlider flatterten, der Atem wurde ruhiger. Ein seltsam friedlicher Augenblick entstand. Das Wesen senkte den Kopf, die Federn legten sich glatt. Maeron trat vorsichtig näher, jede Note wie ein sanftes Wort, und legte schließlich eine Hand auf das raue Gefieder. Der Eulenbär ließ es geschehen – ja, er lehnte sich sogar leicht gegen die Berührung, als hätte er seit Jahren darauf gewartet, nicht als Monster, sondern als Lebewesen behandelt zu werden.

owlbear Tibidabos Tagebuch (Die Silberne Schar)

Das Lied vom Hügelriesen

Dumme Goblins

Der Turm bebte, als draußen das Chaos seinen Lauf nahm. Lachende Goblins, ahnungslos über ihr Schicksal, stürmten auf das Schloss zu – dicht verfolgt von einem Hügelriesen, dessen Schritte wie Donner über das Land rollten. Tibidabo reagierte als Erster. Mit einer raschen Geste und gleißender Hitze explodierte ein Feuerball unter den Goblins. Drei von ihnen verbrannten zu Asche, während zwei kreischend und halb brennend weiter rannten. Doch der wahre Schrecken war der Riese, der einen ganzen Baum wie ein Speer schleuderte – und damit nur knapp sein Ziel verfehlte. Die Gefährten verteilten sich: Angelus und Nocturne verschwanden in den Schatten des Waldes, um im richtigen Moment zuzuschlagen. Anni beschwor Tibbers, ihren treuen Gefährten, und verstärkte die Gruppe mit schützenden Zaubern. Maeron griff zur Laute, in der Hoffnung, den Hünen ebenso zu besänftigen wie zuvor den Eulenbären. Doch die Magie hielt nur für Augenblicke. Und hoch oben im Turm hielt Tibidabo die Stellung, seine Hände brannten vor Zauberenergie.

Der Angriff

Dann brach der Kampf los. Feuerbälle zischten durch die Luft, das Schlachtfeld erleuchtend. Der Eulenbär, nun ein treuer Freund, stürzte sich furchtlos auf den Riesen – nur um von einem Schlag beinahe zu Boden geworfen zu werden. Mit einer brutalen Bewegung packte der Gigant Tibbers und zerriss ihn in Stücke; das Knacken hallte wie ein Donnerschlag. Anni schrie vor Zorn, wissend, dass sie ihren Gefährten erst am nächsten Tag zurückrufen könnte. Nocturne stürzte aus den Schatten hervor, seine Klinge blitzte, doch der Riese schlug ihn beinahe bewusstlos zurück. Blutüberströmt rettete er sich zurück ins Dunkel. Angelus erhob sein Schwert, doch das Schicksal spielte ihm einen grausamen Streich: Die Waffe entglitt ihm, flog durch die Luft – und bohrte sich klirrend direkt in den Riesen. Ein Treffer, der zwar Eindruck machte, aber seinen stolzen Paladin zum Narren hielt. Währenddessen regnete es weiter magische Geschosse. Annis Feuer, Tibidabos Arkankräfte, Maerons Melodien, selbst der Eulenbär griff mit Schnabel und Klauen an. Der Hügelriese brüllte, taumelte – und fiel schließlich krachend zu Boden. Erde bebte, Bäume knackten, und nur mit knapper Not entging die Gruppe, unter seinem gewaltigen Körper begraben zu werden.

Nach dem Kampf

Erschöpft, verwundet und von Zauberkräften nahezu entleert, sammelten die Helden sich. Schweigend zogen sie sich zu ihrem Wagen zurück, jeder in Gedanken bei den Wunden und Verlusten – und bei den Siegen, die diesen Tag nicht minder prägten.
Auf dem Rückweg stießen sie auf eine groteske Trophäe: Ein gewaltiges Auge, sorgfältig präpariert, offenbar einst von Goblins erbeutet. Ein seltsames Fundstück, das noch Bedeutung haben mochte … oder ein bizarres Andenken an den Kampf, den sie gerade überlebt hatten.
So endete die Schlacht gegen den Hügelriesen.

giant_head Tibidabos Tagebuch (Die Silberne Schar)

Der Fluch von Maglubiyet

Frühsport

Die Nacht nach dem Sieg über den Hügelriesen war still – beinahe zu still. Nur der Eulenbär, der sich mittlerweile treu an Maerons Seite hielt, bemerkte Bewegungen am Leichnam. Doch niemand wagte in der Finsternis nachzusehen.

Am Morgen stellte sich das nächste Unglück heraus: Die Pferde waren entflohen, von Furcht getrieben. Ohne sie war die Kutsche nutzlos. Tibidabo beschwor eine Eule, die den Wald überflog und die Tiere fand. Doch ihre Rückkehr entpuppte sich als eine Farce aus Schweiß, Schrammen und Gelächter: Angelus wurde hinter einem Pferd durch die Büsche geschleift, Äste peitschten ihm um die Ohren, bis er das Tier endlich stoppen konnte. Maeron verlor nebenbei eine Wette um ein Goldstück, da er auf den „falschen Helden“ gesetzt hatte.

Der Kolbold

Zurück am Leichnam des Riesen barg Tibidabo zwei weitere der grotesken Augen – in der Hoffnung auf alchemistische Geheimnisse. Doch währenddessen suchte Angelus sein Schwert. Es steckte gestern noch im Riesen – und war nun verschwunden. Maeron entdeckte Fußspuren, die Tibi als Koboldspuren erkannte. Sie führten zurück ins Schloss.
Nocturne, unsichtbar verzaubert, kundschaftete voraus, während die Gruppe vorsichtig folgte. Fallen erwarteten sie: Der Eulenbär wurde in eine Schlinge gerissen, 15 Meter hoch geschleudert, während ein gewaltiger Stein nur knapp sein Ziel verfehlte. Maeron schwebte auf, um das Seil zu durchtrennen – und starrte direkt in das erschrockene Gesicht eines Kobolds, der dasselbe vorhatte. Der Kobold stürzte zu Tode, zwei Schlüssel klimperten an seiner Halskette.
Doch die Schreie vom Dach lenkten die Helden ab: Nocturne wurde von einem fliegenden, beißenden Buch gejagt – einem Mimik in falscher Gestalt. Mit vereinten Zaubern wurde das absurde Biest vernichtet.

Die Ruine unter die Lupe genommen

Im Altarraum fanden sie neue Schrecken: Ein Kelch, der dieselbe böse Aura ausstrahlte wie der verfluchte Dolch zuvor, sowie ein Räuchergefäß. Tibidabo pauschte die fremden Symbole ab, um ihre Herkunft zu erforschen. Erst später, zurück bei der wartenden Gefährtin, erhielten sie Gewissheit: Die Zeichen gehörten Maglubiyet, dem finsteren Gott der Goblins, der durch Opferungen Stärke verleiht.

Die Burg offenbarte noch weitere Räume – eine Waffenkammer mit stinkenden Bombengläsern, ein geheimes Bücherregal, sogar verborgene Fächer, die jedoch leer waren. Alles deutete darauf hin, dass andere, vielleicht Nocturne selbst, schon vor ihnen Beute gemacht hatten. Doch Nocturne schwor seine Unschuld.

Dann der Schock: Der Dolch, den Tibi zuvor verwahrt hatte, war wieder bei Nocturne – der schon einmal seinem Einfluss erlegen war. Furcht packte die Gruppe. Nach langen, schweren Diskussionen wurde beschlossen, Nocturne zu fesseln, damit er nicht weiter von der dunklen Macht verführt werden konnte.

Mit der Kutsche – die Pferde mühsam eingefangen, die Helden erschöpft, der Eulenbär treu – machten sie sich auf den Weg in die Stadt. Ihr Ziel: Ein Tempel, stark genug, Dolch und Kelch zu reinigen oder zu vernichten.
Doch Maglubiyets Schatten hing schwer über ihnen.

Maglubiyet
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